Der Desillusionist bei der Arbeit

Schon vor Wochen hatte man mich zum „Sofia Masquerade Event“ eingeladen. Bis eben hatte ich Null Bock, wegen so einem Quatsch in die bulgarische Hauptstadt zu fahren. Es sind zwar nur 100 Kilometer, aber da ich übers Balkangebirge drüber muss, sind das jeweils zwei Stunden Fahrt. Dass ich meine Meinung geändert habe, liegt daran, dass ich mich daran erinnert habe, dass da ja neulich noch was war mit Maske und so. Ich hab auch sogleich vier Exemplare in meiner Hütte gefunden, wobei eine Maske keine Staubschutzmaske sondern zum Schlafen im Flugzeug ist. Zur Sicherheit nehme ich alle vier mit nach Sofia. Ich muss vorher nur noch zwei Löcher für die Augen reinschneiden. Ich denke, das kriege ich hin. Vor allem interessiert mich, wie meine Maskerade ankommt, immerhin ist es ein offizielle Business-Event. Wobei ich dazu sagen muss, dass ein offiziellen Business-Event in Bulgarien anders ist als ein offiziellen Business-Event in Deutschland, wo die allermeisten nicht nur Business-Typen einen Stock im Arsch haben. Übrigens, fällt mir gerade ein: Mein vom Jobcenter gefördertes Business als freier Autor und Journalist heißt ganz offiziell „Desillusionist“. Als solcher bin ich gespannt, was mich am Donnerstag in Sofia erwartet.

Faktenchecker in Bulgarien

Auch in Bulgarien gibt es Faktenchecker. Oder sollte ich sagen: noch? Fakt ist: Faktenchecker sind in Bulgarien eine neue Entwicklung. Eine Übernahme aus dem Westen, an die man aber nicht wirklich glaubt. Obige Graffitis an einem Supermarkt in Montana sind ein Beweis dafür. In großen Buchstaben steht dort: # Das System belügt Euch. Darunter so klein, dass man es nur schwerlich lesen kann: # Das System sagt die Wahrheit. – Hier noch ein anderes Graffito aus Montana:

Der Himmel über Bulgarien

Ein Freund in Berlin schreibt mir gerade, dass er wieder mal krank sei. Es regne jeden Tag, und er habe ein bisschen viel Winterblues. Blaues habe ich auch, aber auch Rotes. Die Grüne Katrin Göring-Eckardt sagte einmal, dass sich Deutschland drastisch ändern wird, dass es bunt werden würde, und dass sie sich darauf freut. Das war vor zehn Jahren. Viel scheint in Sachen Buntheit nicht passiert zu sein in der Heimat, wenn ich die Nachricht des Freundes richtig verstehe. Liegt natürlich auch an der Jahreszeit. Immerhin, Rot spielt auch dort eine immer größere Rolle. Allerdings leider nicht am Himmel, sondern auf Weihnachtsmärkten und in Parkanlagen.

Bulgaria deserta

Der Titel „Bulgaria deserta“ ist von dem Taxifahrerfilm „Night on Earth“ inspiriert. Dort fährt Roberto Benigni durch das nächtliche Rom und muss feststellen, dass die Stadt verlassen ist: „Roma deserta“. Ich bin nicht Nachts sondern am hellichten Tag durch meinen Kiez gezogen, wobei diese Aufnahmen entstanden. Benigni fragt sich, wo all die Römer hin sind. Genau das frage ich mich auch bezüglich der Bulgaren. Benigni meint, sie wären nach Bergamo gegangen. Ob das stimmt? Zumindest hätten sie dann nicht das Land verlassen so wie jeder dritte Bulgare.

Liebe statt Hass

In Berlin wird mal wieder gehasst. Das Ganze direkt am Brandenburger Tor und unter dem Motto: „Ganz Berlin hasst die AfD!“ Und die CDU glaube ich auch, ich bin mir aber nicht ganz sicher. Sicher bin ich mir, dass ich niemanden hasse, schon gar keine Partei. Mein Motto lautet „Liebe statt Hass!“ Und da halte ich es mit dem einstigen „Bürgerpräsidenten“ Gustav Heinemann, der auf die Frage nach seiner Liebe zu Deutschland antwortete: „Ich liebe nicht den Staat. Ich liebe meine Frau.“

Becky bettelt nicht (mehr)

Das ist Becky, die Hündin meines englischen Freundes Jerry. Obwohl Jerry Katzen lieber mag als Hunde, hat er sie bei sich aufgenommen. Dass das so kam, hat viel damit zu tun, dass für die allermeisten Bulgaren Haustiere an erster Stelle Nutztiere sind, die man nutzt, allzuoft aber auch benutzt, um es mal so zu formulieren. Ursprünglich hatte Becky ein Herrchen, der sie aber irgendwann vor die Tür, also auf die Straße gesetzt hat. Seither war Becky ein Straßenhund in dem Dorf, in dem sowohl Jerry als auch das Ex-Herrchen wohnt. Erst hat Jerry Becky nur gefüttert, irgendwann war sie seine Becky. Eine zeitlang war es so, dass Becky immer noch um die Aufmerksamkeit ihres Ex-Herrchens nicht nur gebellt, sondern förmlich gebettelt hat. Als Jerry mir das erzählte, musste ich sogleich an uns Menschen denken. Nicht wenige betteln da bis heute um die Aufmerksamkeit der von ihnen gewählten Herrchen. In Deutschland ist dieses Phänomen ausgeprägter als in Bulgarien. Vermutlich hat sich das mit dem Betteln bei Becky auch deswegen so rasch gegeben. Vor allem liegt es aber an ihrem neuen Herrchen Jerry, und ein ganz klein wenig auch am Ersatz-Herrchen, bei dem Becky gerade zu Besuch ist und sich Straßenpudelwohl fühlt.