Den heutigen 1. März, an dem in Bulgarien traditionell der Frühling begrüßt wird, indem man sich gegenseitig rot-weiße Anstecker schenkt, nehme ich zum Anlass, ein Crowdfunding zu starten. Es ist mein erstes Crowdfunding, und ich habe lange überlegt, ob ich es mache. Am Ende habe ich mich dafür entschieden, weil ich von meiner Idee überzeugt bin. Meine Idee ist, in den Schluchten des Balkans einen Rückzugsort für Schreibende zu schaffen, an dem es auch Esel gibt. Die Esel sind sozusagen das I-Tüpfelchen. Warum das so ist, darum geht es in der Beschreibung meines Projektes, dessen Name “Donkey Sanctuary & Writers Retreat” ist. Es wäre der erste Rückzugsort für Schreibende überhaupt, an dem es auch Esel gibt.
Im Januar war ich zur Sendung “Werde reich”, der bulgarischen Variante von “Werde Millionär”, bei der man zwar keine Million, aber immerhin 100.000 Lewa, also 50.000 Euro gewinnen kann, nach Sofia eingeladen. Genau war mein Freund und Übersetzer Martin in die Show eingeladen. Zusammen mit einer Bulgarin, die in Deutschland aufgewachsen ist, viele Jahre in England gelebt hat, und die wie ich im Zuge von Corona nach Bulgarien zurückgekehrt ist, saß ich als Martins Freunde im Publikum. Kennengelernt habe ich sie genauso wie Martin auf der Straße in der bulgarischen Hauptstadt. Sie war praktisch auf allen Protesten, auf denen ich auch war, und über die ich berichtet habe. Martin habe ich am letzten Buchstand im Schatten des Hotels “Rila” kennengelernt, nachdem man zuvor den legendären Buchmarkt auf dem “Slawejkow” platt gemacht hat. Während der Aufzeichnung der Sendung in einem kalten Studio, das früher einmal eine Turnhalle war, tauchte plötzlich seitens des Moderators, der auch etwas deutsch sprach, die Frage auf, was “Vitamin B” bedeutet. Da Martin es nicht wusste, obwohl er einige Semester in Deutschland studiert hat, wurde die Frage an seine Gäste, also an uns, weitergegeben. Mir wollte in dem Moment nicht einfallen, was “Vitamin B” bedeutet. Zum Glück wusste es die Freundin, die ich auf der Straße kennengelernt habe, und die nun neben mir saß. Sie, für die deutsch erste Sprache ist, obwohl beide Elternteile Bulgaren sind, hatte noch im Kopf, dass das B in “Vitamin B” für “Beziehungen” steht. Also eigentlich etwas, was in Bulgarien wichtig ist, aber auch in der Heimat immer wichtiger wird. Meine guten Beziehungen zu meinem Bürgermeister haben mitgeholfen, dass rasch Leute von “Wasser und Kanalisation” (W&K) kamen, als ich letzte Woche plötzlich kein Wasser hatte. Der W&K-Maistor wusste wiederum, dass ich in der Show “Werde reich” war, er hatte mich zusammen mit seiner Familie im Fernsehen gesehen. Dank ihm hatte ich nicht nur wieder Wasser, sondern wusste nun auch, dass die Sendung ausgestrahlt wurde. Ich hatte es schon fast vergessen, dass ich im Januar dort war. Und das, obwohl sich die bulgarische Freundin dort schlimm erkältet und mein Freund und Übersetzer Martin sogar etwas gewonnen hat, wenngleich nur 500 Lewa, also 250 Euro. Dass er nicht mehr gewonnen hat, lag daran, dass er früh an einer Fussball-Frage gescheitert ist, die niemand im Studio richtig beantworten konnte. Weder der Moderator, noch Martin, auch nicht das Publikum – und ich schon gleich gar nicht.
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Bei solchen Verkehrszeichen kann man schon mal die Orientierung verlieren. Mich erinnern die Schilder immer auch an Berlin nach dem letzten großen Krieg. Auf ihnen standen die Ortsangaben ebenfalls in kyrillischen Lettern. Viele scheinen das in der Heimat vergessen zu haben. Nicht wenige komme mir völlig orientierungslos vor. Und das trotz Smartphone und GPS. Oder vielleicht gerade deswegen. Ihnen rate ich aus den Schluchten des Balkans, wo die Orientierung trotz obiger Schilder (oder gerade wegen ihnen) noch funktioniert, und auch der innere Kompass, nicht nur Waffen und Munition in die Ukraine zu schicken, sondern selbst an vorderster Front mitzukämpfen. Wenn es dort um unsere Freiheit geht, dann ist das nicht nur nicht zu viel verlangt, sondern nur folgerichtig. Mit Sicherheit denken auch ganz viele Ukrainer so. Und du willst doch nicht, dass dort nur Ukrainer sterben, oder?
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Ein Freund in der Heimat, der gestern bei der großen Friedensdemonstration am Brandenburger Tor war, schreibt mir gerade folgendes dazu: Ich bin über die Demo gewandert, mehrfach hoch und runter, in beide Teile des Tiergartens … Es waren mit Sicherheit deutlich mehr als 13.000 Teilnehmer, ich war schon auf mehreren Großveranstaltungen mit ähnlicher Teilnehmerzahl, glaube bloß nicht die kolportierten Zahlen vom Brandenburger Tor, es waren mindestens 50.000 … Luftaufnahmen gibt es mit Sicherheit, werden halt nicht publiziert. Und dann noch dies: Schreckliche Zeiten in Deutschland, Kündigungen von nicht genehmen Wissenschaftlern sind an der Tagesordnung. Über die Berlinale schreibt er folgendes: Erst Selenskyj Propaganda, dann Uber, und dann alle Filme gecancelt mit russischer Beteiligung … Und dann hat es auch noch einen norwegischen Zeichentrickfilm erwischt. Zum Schluss fügt er noch diese Aussage der bekannten DDR-Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley hinzu:
All diese Untersuchungen, die gründliche Erforschung der Stasi-Strukturen, der Methoden, mit denen sie gearbeitet haben, all das wird in die falschen Hände geraten. – Man wird diese Strukturen genauestens untersuchen – um sie dann zu übernehmen. Man wird sie ein wenig adaptieren, damit sie zu einer freien westlichen Gesellschaft passen. – Man wird die Störer auch nicht unbedingt verhaften. Es gibt feinere Möglichkeiten, jemanden unschädlich zu machen. Aber die geheimen Verbote, das Beobachten, der Argwohn, die Angst, das Isolieren und Ausgrenzen, das Brandmarken und Mundtotmachen derer, die sich nicht anpassen, das wird wiederkommen – glaubt mir. – Man wird Einrichtungen schaffen, die viel effektiver arbeiten, viel feiner als die Stasi. Auch das ständige Lügen wird wiederkommen, die Desinformation, der Nebel, in dem alles seine Kontur verliert.
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Für Christian Kreil, dessen Texte unter anderem im Wiener “Standard” erscheinen, ist Sahra Wagenkecht eine “Putinfotze”, weswegen ich davon ausgehe, dass ich für ihn ein “Putinschwanzlutscher” bin. Wenn es dem Österreicher weiter hilft, seine offensichtlich gerade in Hass umschlagende Angst an uns abzureagieren, dann ist dagegen nichts einzuwenden. Denn schon eine alte Taxi-Weisheit besagt: Was A über B sagt, sagt mehr über A als über B. Apropos B: Da gebe ich zu bedenken, was Brecht in seinen “Nachgeborenen” dazu geschrieben hat: “Schlafen legte ich mich unter die Mörder”, dem ich aus aktuellem Anlass “und die Hassprediger” hinzufügen möchte. Ich halte mich angesichts solcher verbalen Entgleisungen wie die von Christian Kreil an das, was Nietzsche gesagt hat: “Wer unter Menschen rein bleiben will, muß verstehn, sich auch mit schmutzigem Wasser zu waschen.” – Ich gehe davon aus, dass nicht nur Seitens des Österreichers eine weitere Eskalation zu erwarten ist. Auch weil es das schonmal gab in der deutschen Geschichte. Es ist sehr wahrscheinlich, dass nach “Putinfotzen” und “Putinschwanzlutschern” Taten folgen werden, nicht nur in Österreich, sondern auch und gerade in Deutschland.
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