Bericht aus Bulgarien (502) – “Live aus Berlin”

Da, wo ich früher mit meinem Taxi unterwegs war, wird heute für den Frieden demonstriert. Dank moderner Technik kann ich auch in den Schluchten des Balkans live dabei sein. Ich kenne den Berichterstatter nicht, aber was ich bis jetzt sehe, gefällt mir. Er spricht mit den Leuten, so wie ich mit meinen Fahrgästen gesprochen habe. Das Wetter ist mal wieder bescheiden in der deutschen Hauptstadt, aber man kommt auch nicht wegen dem Wetter nach Berlin, genauso wie man nicht wegen der Toiletten nach Bulgarien kommt. Thomas Bernhard behauptet in “Alte Meister”, dass die Toiletten in Wien schlimmer wären als die auf dem Balkan. Da ich lange nicht in Wien war, kann ich dazu nichts sagen. Das Wetter in Bulgarien ist auf jeden Fall besser als in Berlin. Es ist ein wenig diesig, dafür aber trocken. Darüber hinaus scheint die Sonne, das ganze bei 14 Grad plus.
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Bericht aus Bulgarien (501) – “Die große Freiheit”

In den Schluchten des Balkans
Grenzenlos wie über den Wolken ist die Freiheit in Bulgarien nicht. Verglichen mit Deutschland, ist sie aber schon sehr groß. Bulgarien die große Freiheit zu nennen, ist also keine Übertreibung. Dies zu zeigen, war das Ziel meiner Fotosession am Mittwoch. Das sehe ich heute, nachdem ich die besten Bilder gesichtet und bearbeitet habe, zumindest so. Dem Landsmann, der seit eineinhalb Jahren in Sofia lebt, wo er sich vor dem Corona-Wahnsinn in der Heimat in Sicherheit gebracht hat, ging es an erster Stelle um die zahlreichen Tattoos auf seiner Haut und seinen Körper als Gesamtkunstwerk. Da wir uns auch ausgiebig unterhalten haben, weiß ich, dass mein deutsches Foto Modell das mit der Freiheit ganz genauso sieht. Zuvor war er in Albanien gewesen, wo er ob der Freiheit regelrecht “euphorisiert” war, was ihm unheimlich vorkam. Bulgarien war dagegen eher “bodenständig”, weswegen er sich am Ende für die unberührten Schluchten des Balkans entschied.
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Bericht aus Bulgarien (500) – “39 Prozent”

Im Juni 2022 in Berlin-Neukölln
narchisten haben es auch nicht leicht heutzutage

39 Prozent der Deutschen befürworten das Manifest für den Frieden von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer. Das ergab eine aktuelle Insa-Umfrage. 39 Prozent. Die Zahl ließ mich aufhorchen. Da war doch irgendwas. Und noch gar nicht so lange her. Aber was war es gleich nochmal? Jetzt fällt es mir ein. Genau: 39 Prozent war auch die Wahlbeteiligung bei den letzten Wahlen in Bulgarien im Oktober. Bei der vorletzten Wahl im November 21 war es kaum besser. Da lag die Wahlbeteiligung bei 40 Prozent. Die damalige “pro westliche”, richtiger ist “Amerika hörige” Regierung unter Kiril Petkow hatte zwar etwas mehr als 50 Prozent, allerdings lediglich der abgegebenen Stimmen. Berücksichtigt man die 60 Prozent Nichtwähler, war sie nur von etwas mehr als 20 Prozent gewählt worden. Als sie im Juni vergangenen Jahres ein Misstrauensvotum verlor, sprach man von einem Sturz. Also die “pro westlichen”, sprich “Amerika hörigen” Medien sprachen von einem Sturz. Denn ein Misstrauensvotum ist ein normaler Vorgang in einer Demokratie, oder sollte es zumindest sein. – Zusammengefasst: Wenn eine “pro westliche”, also “Amerika hörige” Regierung nur etwas mehr als 20 Prozent der Wählerstimmen erhält, ist das kein Problem. Verliert sie ein Misstrauensvotum, wird sie gestürzt. Und wenn 39 Prozent für den Frieden sind, dann ist das ein Skandal. Gerade bin ich mir unsicher: Sind Zwei und Zwei eigentlich noch Vier?

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Bericht aus Bulgarien (499) – “Fremdschämen für Faktenfinder”

Das Mitgefühl der Bulgaren kennt keine Grenzen und so auch meins. Ich habe aber nicht nur Mitgefühl mit den Faktencheckern der ARD, sondern ich schäme mich fremd für sie, und das selbst in den Schluchten des Balkans. Für mich ist es nichts Neues, sondern eine Wiederholung. Die “Pflanzenstory” der “Faktenchecker” ist die “Menthol-Zigaretten-Geschichte” des “Neuen Deutschlands”, nur in Grün. Wobei man dazu sagen muss, dass Menthol-Zigaretten auch eine grüne Packung hatten.
PS: Hier nochmal der Hinweis auf das Fachbuch “Sprengen”, das ich am Montag auf dem Flohmarkt in Montana gefunden habe und das zum Verkauf steht. Es ist praktischerweise auf Deutsch, man muss also weder englisch können, noch braucht man Faktenfinder, schon gar nicht die von Öffentlich/Rechtlich – Gott bewahre!
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Bericht aus Bulgarien (498) – “Westlicher Hochmut vor dem Fall”

Selbstüberschätzung und Arroganz führen zum Fall bzw. Scheitern

Ein Leser in der Heimat und Unterstützer meiner Arbeit weist mich gerade auf diesen Beitrag von Antje Vollmer in der Berliner Zeitung hin. Antje Vollmer ist Grünen-Urgestein, war lange Zeit Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages und ist nun Erstunterzeichnerin des Friedensmanifestes von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer. Da Antje Vollmer schwer erkrankt ist, kann man ihren Text als politisches Vermächtnis lesen. Er ist eine große Abrechnung mit dem Zeitgeist, aber vor allem mit der Partei der Grünen. Die wichtigste Aussage, die ich zu einhundert Prozent teile, ist diese:

Wenn mich nicht alles täuscht, steht Europa kurz vor der Phase einer großen Ernüchterung, die das eigene Selbstbild tief erschüttern wird. Für mich aber ist das ein Grund zur Hoffnung. Der so selbstgewisse Westen muss einfach lernen, dass die übrige Welt unser Selbstbild nicht teilt und uns nicht beistehen wird.

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Bericht aus Bulgarien (497) – “Friedenskundgebung”

Der englische Guardian nennt es eine “Friedenskundgebung” mit Anführungszeichen. In Deutschland scheint es noch schlimmer zu sein. Sahra Wagenknecht rechnet mit Provokateuren auf ihrer morgigen Friedenskundgebung um 14 Uhr am Brandenburger Tor. Ich tue dies auch. Ich habe solche Provokateure auch schon mit eigenen Augen gesehen und hier darüber berichtet. Und Ja, die “Debattenkultur” in der Heimat ist auch für mich eine Beleidigung meiner Intelligenz. Auch in diesem Punkt stimme ich mit Sahra Wagenknecht überein.
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Bericht aus Bulgarien (496) – “Fotos schießen”

In reißendem Gebirgswasser

“Schieße Fotos – keine Menschen!”, ist mein Motto. Das letzte Mal, dass ich Fotos geschossen habe, war vorgestern. Mein Modell, das dafür extra aus der Hauptstadt Sofia zu mir in die ärmste Region nicht nur Bulgariens, sondern der gesamten EU, rausgekommen ist, hat mir erlaubt, eines davon zu veröffentlichen. Der Weg hat sich gelohnt, und nicht nur des Wetters wegen. Bei den Fotos ging es, wie man sieht, nicht nur um nackten weißen Mann in kühlem Gebirgsnass, sondern auch um die Tattoos auf seiner Haut. Diese sind mittlerweile so zahlreich bei meinem Landsmann, dass man durchaus von einem Gesamtkunstwerk sprechen kann. Damit zum Ablichten in ein Fotostudio gehen, das kann jeder. Raus in die Natur zu gehen und dort in eiskaltes, reißendes Gebirgswasser zu steigen, dazu gehört Mut.

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Bericht aus Bulgarien (495) – “Beethovens Bulgarisierung”

Beim Dritten Klavierkonzert
Mein englischer Freund Jerry hat viele Jahre in der Armee ihrer Majestät gedient, und zwar als Musiker. Mehrfach hat er mit seinem Orchester für die kürzlich verstorbene Queen gespielt. Heute war ich mit ihm zu Beethovens drittem Klavierkonzert. Auch in den Schluchten des Balkans kennt man Beethoven. Diesmal haben die Musiker aber nicht nur seine Noten gespielt, sondern waren wirklich mit Enthusiasmus bei der Musik. Das ist selbst mir aufgefallen, obwohl ich keine Ahnung von Musik habe. Jerry hat sie, er spielt auch gelegentlich mit in dem Orchester, dem wir heute gemeinsam gelauscht haben. Nach dem Konzert war Jerry so aufgeregt, dass er jedem einzelnen Musiker und auch dem Dirigenten persönlich gratulieren musste. Zuvor war er schon von seinem Stuhl aufgesprungen und hatte laut “Bravo!” gerufen. So habe ich Jerry noch nie erlebt. Er ist sonst immer sehr britisch. Heute war er Bulgare, was für mich aber keine Überraschung ist, denn ich habe selbst eine wunderbare Bulgarisierung hinter mir. Beim Briten kann sie schonmal etwas dauern. Jerry lebt nun schon mehr als zehn Jahre hier. Nur die Bulgarisierung des Deutschen braucht länger. Mit ihr verhält es sich wie mit der deutschen Sprache. Manch einer lernt sie selbst in dreißig Jahren nicht.
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Stell dir vor, ein vermeintlicher Freund zerstört deine Infrastruktur und du weigerst dich, es zur Kenntnis zu nehmen, geschweige denn darauf zu reagieren

“Krieg ist Frieden, Freiheit ist Sklaverei, Unwissenheit ist Stärke”
Auf einer Friedensdemonstration am 19. März 2022 in Sofia / Bulgarien

Erfahre gerade, dass Russland am Dienstag den UN-Sicherheitsrat einberufen hat, um auf Basis der Enthüllungsstory von Seymour Hersh die Vereinten Nationen mit der Untersuchung des Anschlags zu beauftragen. Du hast noch nichts davon gehört? Komisch, oder? Dabei geht es doch auch um deine Infrastruktur, deine Pipelines, durch die jetzt kein Gas mehr aus Russland bei dir ankommt und weswegen du frieren musst. Bei der hitzigen Debatte soll es unter anderem um die Frage gegangen sein, ob die bereits laufenden Untersuchungen von Deutschland, Dänemark und Schweden ausreichend sind. Der Ökonom Jeffrey Sachs, Professor an der Columbia University, widersprach dem als geladener Experte in seiner Aussage. Die NachDenkSeiten haben Sachs’ Aussagen ins Deutsche übersetzt.

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Über die Fähigkeit, auf den rechten Weg zu kommen

Es ist eine legendäre Rede, allerdings eher im zweifelhaften Sinne. Heute sagt man, glaube ich, “umstritten” dazu. Aber eben nur in der Form. Dylan scheint betrunken zu sein, vielleicht hat er auch andere Drogen genommen. Er erinnert mich mit seinem Auftritt an Fahrgäste in meinem Taxi. Dort habe ich gelernt, mehr auf den Inhalt und nicht so sehr auf dir Form zu achten. Und da erscheint es mir wichtig, gerade auch in unseren Tagen, genau hinzuhören, was Bob Dylan am 25. Februar 1991 beim Erhalt eines Grammys für sein Lebenswerk zu sagen hatte. Die Laudatio hielt niemand Geringerer als Jack Nicholson
Also (…) mein Vater, er hat mir nicht viel hinterlassen, er war ein ganz simpler Mann. Er hat immer gesagt: ‘Sohn’ (lange Pause), also (…) er hat so viele Sachen gesagt (das Publikum lacht). Mein Vater sagte: In dieser Welt kann man so leicht verdorben werden, dass sogar deine Eltern dich verstossen. Und wenn das passiert, dann wird Gott dafür sorgen, dass du die Fähigkeit behältst, auf den rechten Weg zu kommen. Danke
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