“Nach meiner Einschätzung ist die Pandemie vorbei”, ist nicht von mir, sondern von Christian Drosten. Derselbe Christian Drosten, der vor gerade mal drei Monaten noch mit einer starken Welle zum Ende des Jahres rechnete. Man kann sich ja mal verrechnen. Nach Christian Drostens Rechnung sollte auch ich schon lange tot sein. Warum es überhaupt noch Bulgaren gibt bei einer realistischen Impfquote von 20, maximal 25 Prozent*, gleicht einem Wunder – das Wunder von Bulgarien. – Und doch habe ich Grund zu Sorge – auch ich ein besorgter Bürger -, und zwar um die “Zeugen Coronas”. Was wird aus all den Corona-Jüngern, wenn der Guru seine Sekte – “DIE Wissenschaft” – auflöst. Und was wird aus der “Antifa”, die so antifaschistisch ist, wie der antifaschistische Schutzwall es einst war, und deren Motto neulich noch “Wir impfen euch alle!” war. Wer wird ihr nächstes Opfer? Oder muss zur Abwechslung mal wieder die Polizei herhalten – “ACAB – All Cops Are Bastards” -, mit der die “Antifa” bis eben noch gemeinsame Sache machen wollte, die ihnen die Menschen zum Impfen praktisch vorführen sollte? – Die “Antifa”, die für ihre Solidarität bekannt ist, soll bereits auf dem Weg zur Ukrainischen Front sein, wo aktuell unsere Freiheit verteidigt wird. “Impfen macht frei!” ist Schnee von gestern. Die “Antifa” wäre also versorgt. Für die “Zeugen Coronas” sieht es da anders aus. Sie müssen jetzt erst einmal ihr Trauma verarbeiten, dass ihr geliebter Führer Christian gerade dabei ist, sie zu verlassen. Viele sind völlig orientierungslos, wissen nicht, was sie tun sollen. Zum Glück gibt es auch für sie neue Marschbefehle an der Heimatfront, die da lauten: Frieren, kalt duschen und/oder mit dem Waschlappen waschen. Ewiggestrige dürfen dabei gerne weiterhin die Maske tragen. Die hält zwar nicht warm, macht aber ein gutes Gefühl, und auf das kommt es an in einem Land, in dem man gut und gerne lebt.
* Offiziell liegt die Impfquote in Bulgarien bei 30 Prozent. Da sich aber viele Bulgaren die Impfung gekauft haben, oftmals hat sogar der Arbeitgeber dafür bezahlt, dürfte die wahre Quote in Bulgarien bei 20, maximal 25 Prozent liegen.
Ich bin wahrlich in einem offenen Haus geworden, was auch an meinem bulgarischen Vater lag. Hier tanzt er, der für einen Bulgaren mit knapp zwei Meter ungewöhnlich groß war, zwar mit dem Rücken zu meiner West-Berliner Oma mütterlicherseits, der er aber in Sachen Lust und Lebensfreude zugeneigt war. Wäre da nicht der Alkohol gewesen, der ihn zunehmend und irreversibel veränderte. Die Aufnahme ist anlässlich der Jugendweihe meines älteren Bruders entstanden. Wie man sieht, steht nicht nur unser Haus, sondern stehen auch die Garagentore, es gab ihrer zwei, weit offen. Knapp zehn Jahre zuvor hatte mein Vater stationär erfolgreich das Morphium entzogen, das er sich selbst gespritzt und zu dem er als Arzt Zugang hatte. Danach durfte er keines mehr verschreiben, kam auch selbst nicht mehr an Morphium heran. Die Summe aller Süchte ist immer gleich, habe ich von den Anonymen Alkoholiker gelernt. Bei meinem Vater verlagerte sich die Sucht auf das Nikotin und den Alkohol – vor allem auf den Alkohol. 1980, als obiges Foto gemacht wurde, war das Zeitfenster noch offen, das mein Vater auch mit dem Alkohol aufhört. Er hat es nicht genutzt. Nachdem man ihm das Morphium genommen hatte, war der Alkohol das einzige, was ihm noch blieb. Es ist mehr als wahrscheinlich, dass er es so sah, auch wenn er es nicht aussprach. Bald darauf folgte die Scheidung meiner Eltern und nur wenige Jahre später der frühe Tod meines Vaters mit gerade mal 60. Der Alkoholismus ist die “Krankheit des Vergessens”, beispielsweise auch, dass sie garantiert tödlich ist, wenn man nicht vorher mit dem Trinken aufhört, nach Möglichkeit vollständig. Nachdem er viele Jahre nicht in seiner Heimat gewesen war, reiste er Anfang der Neunziger nach Bulgarien, wo er sich nach einem Haus umsehen wollte. Dazu kam es nicht mehr, denn er verstarb innerhalb nur weniger Tage. Beigesetzt ist er in dem kleinen Dorf im Nordwesten, der ärmsten Region des Landes, aus dem er einst kam, und zwar auf der Grabstätte seines Vaters, der viele Jahre zuvor bei einem Zugunglück ums Leben gekommen war, und den ich nie kennengelernt habe. Manchmal habe ich mich gefragt, ob ich meinen Vater jemals richtig kennengelernt habe. Mit den Jahren ist mir mein Vater fremd geworden, erinnerte ich mich vor allem daran, dass er zunehmend abwesend und immer öfter betrunken war. Je länger ich obiges Bild betrachte, desto mehr Zweifel kommen mir, ändert sich mein Blick auf meinen Vater. Nein, denke ich nun immer mehr, ich habe ihn schon kennengelernt. Nur neige ich dazu, die schönen, verrückten, bulgarischen Seiten auszublenden, zu vergessen. Jedenfalls stelle ich sie immer öfter auch bei mir fest. Und dafür bin ich auch Bulgarien, und dass ich jetzt hier sein darf, sehr dankbar.
Foto&Text TaxiBerlin
So sieht es gerade bei mir aus, wenn ich Richtung Osten schaue, wo sich das Kommen des Heilands ankündigt. Am Anfang war das Licht, und nicht das Wort – davon bin ich ganz fest überzeugt. Musste der Heiland noch Brot vermehren und auf wundersame Weise Wasser in Wein verwandeln, soll es Menschen geben, die nichts zu sich nehmen, weder Wasser noch Brot. In Italien gibt es immerhin schon Menschen, die ohne Strom auskommen, wie der Spiegel zu berichten weiß. In der Überschrift heißt es: “72-Jähriger Italiener trotzt der Energiekrise”, und im Untertitel: “Der Italiener verzichtet schon seit über 50 Jahren auf Elektrizität. Seine Lampen betreibt er mit geschenktem Frittierfett der Nachbarn.” – Ich finde das inspirierend und deswegen möchte ich meinem “Wie hältst du’s mit dem Krieg?” von gestern, nun ein weiteres Auswahlkriterium hinzufügen, und zwar: “Wie hältst du’s mit der Energie?”. Mit anderen Worten: Wer immer noch Energie zum Leben braucht und nicht seine Lampen mit Frittierfett füttert, mit dem rede ich erst gar nicht. Genauso wie ich nicht mit dem rede, der nicht bereit ist, an der Front in der Ukraine für unsere Freiheit zu kämpfen, denn dort wird sie verteidigt. – Der nächste Schritt wird sein, das kann ich jetzt schon verraten, dass ich nicht mit mehr mit Menschen rede, die Nahrung, also Essen und Trinken, zu sich nehmen. Mit Menschen, die Alkohol trinken oder rauchen, rede ich schon lange nicht mehr. – Denn es gibt Menschen, die ohne Nahrung auskommen. Der Inder Prahlad “Mataji” Jani war solch ein Mensch. 70 Jahren kam er ohne Nahrung und Trinkwasser aus. Das sind 20 Jahre mehr als der Italiener ohne Energie ausgekommen ist und über den der Spiegel berichtet. (Über den Inder wird der Spiegel als nächstes berichten. Wollen wir wetten?) Wikipedia weiß zu berichten, dass Kritiker Prahlad „Mataji“ Jani für einen Scharlatan hielten, was aber nicht stimmt, und wenn es bei Wikipedia steht, dann wird es wohl stimmen. Was nicht stimmt, ist, dass Menschen wie Prahlad „Mataji“ Jani so genannte Lichtnahrung zu sich nehmen würden. Dann würde sich die Katze in den Schwanz beißen, wenn jemand zwar ohne Essen und Trinken auskommt, aber nicht ohne Energie, um damit Licht zu machen. Um Licht zu haben hilft es wie ich Richtung Osten zu schauen. Beispielsweise nach Bulgarien, das uns nicht nur eine Stunde voraus ist, sondern wo Menschen schon seit Jahren ohne Strom leben, und immer mehr wie Prahlad „Mataji“ Jani auf Essen und Trinken verzichten. In diesem Sinne “Frohe Weihachten” und “Wohl bekomm’s!”.
Foto&Text TaxiBerlin