Bericht aus Bulgarien (363) – „9 zu 7 1/2“

Der heutige 21. Dezember ist der kürzeste Tag im Jahr, auch Wintersonnenwende und kalendarischer Winteranfang genannt. In Bulgarien ging die Sonne heute um 7:54 Uhr auf und um 16:55 Uhr wird sie untergehen. Wenn der Himmel klar ist, so wie gerade, bedeutet das ziemlich genau neun Stunden Sonnenschein. In Berlin ging die Sonne heute um 8:15 Uhr auf, und um 15:53 Uhr wird sie untergehen, was gerade mal sieben Stunden und 37 Minuten Sonnenschein bedeuten würden, vorausgesetzt, es ist nicht bedeckt. Bulgarien ist Berlin also nicht nur in der Zeit voraus, da um genau eine Stunde, sondern auch was die Sonnenstunden angeht. Hier sogar um fast eineinhalb Stunden. Gleich ist, dass es ab sofort bergauf geht, die Tage länger werden, damit auch die möglichen Sonnenscheinstunden, und das sowohl in Berlin, als auch in Bulgarien.

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Bericht aus Bulgarien (362) – „The Balkan is my Base“

Den Aufstieg immer vor Augen
Früher fand ich es immer ziemlich bescheuert, wenn Leute sagten: „Berlin is my Base“ oder „I’m based in Berlin“, und wenn ich ganz ehrlich sein soll, finde ich es immer noch bescheuert – vielleicht sogar noch bescheuerter, als ich es früher fand. Das liegt nicht an den Leuten, die das sagen, sondern daran, dass Berlin immer bescheuerter geworden ist in den letzten Jahren. Mittlerweile kann ich mir nicht mehr vorstellen, in Berlin zu leben. Jetzt ist der Balkan mein Pflaster. Das ist nicht neu, aber gerade fiel mir „The Balkan is my Base“ ein, womit die Schluchten des Balkans gemeint sind, was ich gar nicht schlecht finde. OK, viel besser wie „Berlin is my Base“ oder „I’m based in Berlin“ hört sich „The Balkan is my Base“ im ersten Moment nicht an. Aber es geht auch nicht darum, wie sich etwas anhört, sondern wie ich es sich anfühlt. Und da fühlt sich der Balkan, fühlen sich die Schluchten des Balkans für mich echter, authentischer und auch richtiger für mich an. Sie sind aber nicht irgendeine „Base“ für mich, wobei mir bis heute nicht klar ist, was die Leute mit „Base“ genau meinen. Mein Eindruck ist, dass es vor allem ein Ausdruck von Heimatlosigkeit und Wurzellosigkeit, wenn nicht gar Hoffnungslosigkeit ist, wenn sie den Begriff „Base“ verwenden. Vielleicht verwenden sie den Begriff „Base“ auch im Sinne von „Basislager“ bzw. „Biwak“, weil sie sich im Aufstieg auf einen Gipfel wähnen, obwohl sie sich doch nur in einem Hamsterrad von täglicher Arbeit und monatlichen Miet- und anderen Zahlungen befinden. All das sind die Schluchten des Balkans für mich nicht. Ich habe zwar eine so genannte Inversionsbank, mit der ich mich auf den Kopf stellen kann, um meinen Rücken zu trainieren. – Es ist nicht ganz unwichtig in diesen Tagen, seinen Rücken zu trainieren, „denn Leute ohne Rückgrat haben wir schon zu viel!“ – Ein Hamsterrad ist diese Inversionsbank aber nicht. Meine „Base“, die Schluchten des Balkans, sie sind wirklich mein „Basislager“ bzw. „Biwak“, von dem aus ich jeden Tag aufs Neue auf den Gipfel steigen kann, der sich direkt vor meiner Haustür befindet, und wozu mir Flugzeuge den Weg weisen.
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Bericht aus Bulgarien (361) – „Wer hält dagegen?“

Es ist noch nicht so lange her, da wurde all denen, die sich gegen die Impfung entschieden, der sichere Tod vorhergesagt. Obiger Beitrag mit seinem plakativen Titel „Leben | Tod“ ist nur ein Beispiel von vielen. Ginge es nach ihm und ihrer Macherin, müsste ich längst tot sein. – Das Blatt ist gerade dabei sich zu drehen, und zwar zu „Tod durch Impfen“. Immer mehr Menschen sterben möglicherweise infolge der Impfung. Nun fordert sogar der Bundestags-Vizepräsident, dass jeder unerklärliche Todesfall, der innerhalb von 14 Tagen nach einer Impfung auftritt, automatisch als Verdachtsfall beim Paul-Ehrlich-Institut registriert wird. Es sollen sogar „regelhaft“ Obduktionen bei allen Menschen vorgenommen werden, die innerhalb von zwei Wochen nach der Impfung verstorben sind. – Beim Wort „regelhaft“ geht mir das Herz auf, denn ich liebe Regeln. Leider musste ich in letzter Zeit immer öfter die Erfahrung machen, dass sich nicht jeder an Regeln hält. Eher im Gegenteil: Regeln wurden regelmäßig regelrecht ignoriert. Dasselbe wird wohl auch mit der Forderung des Bundestags-Vizepräsident geschehen. Das ist sozusagen die neue Regel, auf die ich glatt zehn Euro wette! – Wer hält dagegen?
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Bericht aus Bulgarien (360) – „Gesund bleiben“

Gerade in meinem Ofen

Seit vor vier Wochen der erste Schnee gefallen und es kalt geworden ist, schlafe ich mit Pudelmütze. Das habe ich auch schon letzten Winter getan, denn in meinem Schlafzimmer gibt es keine Heizung. Die gibt es nur im Wohnzimmer, eine Art Wohnküche, wo ich gerade am Ess- und Schreibtisch bei einer Tasse Kaffee und einem Stück Stolle* diesen Bericht verfasse. Zuvor habe ich den Ofen sauber und ein Feuer aus bereitstehendem Holz gemacht, denn es waren nur noch 11 Grad im Raum. Mein Ziel sind mindestens zehn Grad mehr, was etwas dauert. Ich komme darauf, weil ich gehört habe, dass das in Deutschland schon zu warm ist. Das hat mich wiederum an einen meiner ersten Eindrücke im Westen erinnert, genau genommen war es in West-Berlin, wo ich viele Verwandte habe, und die ich nach dem Mauerfall sogleich aufsuchte. Die Mauer fiel im November, es war kalt, aber die Wohnung meines Onkels war nicht warm. Wäre ich jetzt in Deutschland, hätte ich gerade vermutlich genau dieses Déjà-vu an meinen ersten Besuch in West-Berlin. Alles kommt wieder, auch die kalten Wohnungen. In Bulgarien sind die Wohnungen im Normalfall auch nicht komplett geheizt. Der Unterschied zu Deutschland ist, dass es mindestens einen warmen Raum gibt. In der Regel ist das die Küche, bei mir die Wohnküche. Das ist wichtig, dass man einen richtig warmen Ort hat, wo man sich aufwärmen kann, und das kann ich auch nur jedem in Deutschland empfehlen. Deswegen werde ich nicht krank, wie gerade viele in der Heimat. Und deswegen kann ich auch kalt schlafen, wenngleich mit Pudelmütze.

* Die Stolle ist von meinem Bäcker aus meinem Heimatort. Ich werde ihn jetzt gleich mal anrufen, um ihm zu sagen, wie gut seine Stolle ist. Denn wir waren Klassenkameraden und haben zusammen Handball gespielt, wo er im Tor stand.

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Bericht aus Bulgarien (359) – „Proletopia Reaction“

Anonym hat diesen Kommentar über Ken Jebsen auf diesen Beitrag hinterlassen: „Jebsen ist einfach nur ein riesiges, narzisstisches Arschloch, unabhängig von dem, was er vertritt. Wer das nicht sieht, ist verloren.“ – „Proletopia Reaction“, der die gesamte Sendung mit dem Gespräch mit Ken Jebsen auf 3Sat in obigem Video kommentiert, ist alles andere als ein Fan von Jebsen. Möglicherweise sieht er ihn sogar ganz genauso wie der anonyme Kommentator. Interessanter ist, so denke ich, wie er Mo Asumang, die Interviewpartnerin von Ken Jebsen, sieht. – Hörenswert!
Video Proletopia
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Bericht aus Bulgarien (358) – „Ombudsfrau warnt“

Ein Express-Bus aus Montana bei mir im Dorf

Ein Viertel, also 25 Prozent, der Kinder in Bulgarien wächst ohne elterliche Fürsorge auf oder lebt in einer Familie, in der ein Elternteil im Ausland arbeitet. Darüber informierte aktuell die bulgarische Ombudsfrau Diana Kovatcheva, die in dem Zusammenhang darauf hinwies, dass dieser Zustand bei Roma-Kindern sogar auf 40 Prozent zutrifft. Am schwerwiegendsten sei das Problem in der ärmsten Region des Landes, beispielsweise in der bei mir um die Ecke gelegenen Stadt Montana. Die genaue Anzahl der Kinder, die mit ihren Eltern nur per Viber, einer in Bulgarien viel benutzten Applikation ähnlich WhatsApp, kommunizieren, ist nicht bekannt. Maßnahmen und wirksame institutionelle Mechanismen sind für sie nicht vorgesehen, weswegen dies Konsequenzen haben werde, warnte die bulgarische Ombudsfrau. Worin diese Konsequenzen genau bestehen, blieb unklar.

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Bericht aus Bulgarien (357) – „Zensur“

„Zensur“ von Hannes Hofbauer wird demnächst auch auf bulgarisch erscheinen. Mein Freund Martin Petrushev übersetzt es gerade. Zuvor hatte er mir das Buch zum Lesen zu geben, um meine Meinung zu erfahren. Man merkt, dass das Buch in der Schweiz erschienen ist, auch wenn der Autor Österreicher ist. Die Schweizer haben es einfach drauf. Ein Kapitel im Buch habe ich mehrfach gelesen, und zwar das über Ken Jebsen alias Kayvan Soufi-Siavas, der in obigem Video im Gespräch mit Mo Asumang ist. Das Kapitel über Ken Jebsen habe ich nicht nur deswegen mehrfach gelesen, weil es gut geschrieben ist – das ist das gesamt Buch. Ich habe das Kapitel über Ken Jebsen deswegen mehrfach gelesen, weil ich Ken Jebsen gesehen habe, wie er im Frühjahr 2020 auf einer Demonstration auf dem Rosa-Luxemburg-Platz erschien und sogleich von der Polizei verhaftet wurde. Dazu muss man wissen, dass Ken Jebsen damals in Berlin-Mitte um die Ecke wohnte, der Rosa-Luxemburg-Platz sozusagen sein Kiez war. Es war, wenn ich mich recht erinnere, der Spiegel, der seine Wohnanschrift bekannt gab, woraufhin Ken Jebsen und seine Familie bedroht wurden. Da war dann komischerweise keine Polizei da und auch keine woken Berlin-Mitte-Hipster-Gutmenschen. Die fanden die Bedrohung von Ken Jebsen und seiner Familie wahrscheinlich ganz OK. Davon gehe ich aus. Obiges Gespräch, das ich mir genauso anhöre, wie ich mir meine Fahrgäste im Taxi angehört habe, und zwar ohne sie sogleich beurteilen oder gar verurteilen zu müssen, beginnt mit „4G“. Ich hatte noch nie von „4G“ gehört, immer nur von „2G“ und „3G“. „4G“ bedeutet „gesund“. Das bin ich auch. Ich bin aber nicht einfach nur gesund, sondern ich erfreue mich bester Gesundheit. Möglicherweise bin ich gesünder als je zuvor, zumindest fühle ich mich so. Und das, obwohl ich, ginge es nach unserem Gesundheitsminister, längst tot sein müsste.
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