Bericht aus Bremen in Bulgarien (7)

Rosenfeld im Rosental im Rosenduft

Joachim und seine Frau aus Bremen sind im Rosental angekommen. Darüber geht es im folgenden Bericht. Und auch um “Christo Botew”, nach dem das Bulgarische Nationalradio benannt ist, das ich höre. Außerdem geht es um die Stadt Kalofer, wo der Nationalheld und Poet herkommt, der gestern vor vielen Jahren hier bei mir um die Ecke im Gebirge von den Türken getötet wurde, und um bulgarische Bäder. Mit dem Rosen im Rosental hat es die Bewandtnis, dass aus ihnen Rosenöl gemacht wird, was mich auf den von mir herausgegeben Klassiker “Bai Ganju, der Rosenölhändler” von Aleko Konstantinow kommen lässt. Der “Bai Ganju” ist bis heute der bekannteste literarische Charakter in Bulgarien. Jeder Bulgare kennt den “Bai Ganju”. Erklären kann man den “Bai Ganju” nicht, zumindest niemandem, der noch nie in Bulgarien war. Das ist wie mit den bulgarischen Bädern, die kann man auch nicht erklären. Man muss sie gesehen haben, am besten vor Ort:

Wer sich beim Anblick unserer Route schon gefragt hat, warum wir diesen Abstecher machen nach Kalofer, kann jetzt eine Antwort erhalten: Wir wollten es so wegen der Rosenfelder. Kalofer liegt im Tal der Rosen, ein Gebiet von 94 km Länge und 10 km Breite im Süden des Balkangebirges. Hier, auf 750 m Höhe werden Rosen angepflanzt, aber auch Lavendel, Minze, Anis, Obst, Gemüse und Wein. Die beiden in der Nähe gelegenen Städte Pavel Banja und Hisarja sind die bekanntesten Kurorte mit Thermalbädern in Bulgarien.

So sagt es zumindest unser Reiseführer, den wir in Sofia ausgehändigt erhielten. Darin befindet sich auch ein Hinweis auf unsere Unterkunft: „Die Unterkunft heute Abend ist einfach: Sie werden hier das typische bulgarische Bad kennenlernen können; je nach Zimmer ist die Einrichtung sehr gemütlich oder auch nur gemütlich, meist nicht sehr anspruchsvoll.“ Wir sollen das „echte“ Bulgarien kennenlernen, das man dann erspüren kann, wenn man im Garten dieses Hauses sitzt. Wahrscheinlich darf man dann kein Laptop vor sich haben und einen Bericht über Kalofer schreiben, um diese Erfahrung machen zu können.

Wir wurden bei unserer Ankunft von den Herbergseltern (familiengeführte Unterkunft) darauf aufmerksam gemacht, dass im Ort die Feierlichkeiten zu Ehren des Befreiungskriegshelden Christo Botew stattfinden. Also mussten wir natürlich am Abend in den Ort, um zu sehen und zu hören, was es da alles zu feiern gibt. Vorher gab es lecker Essen in einem Restaurant des Nachbarorts, Karlovo, 15 Minuten Autofahrt von hier. Der Vorschlag kam aus dem Reiseführer, die Restaurants hier im Ort seien nicht zu empfehlen. Am Platz der Helden, dort, wo auch das Kriegerdenkmal für die Gefallenen aller bisherigen Kriege zu finden ist, sammelten sich schon die Menschen um einen Redner, der seine Rede ablas und in salbungsvollen Worten – so klang es zumindest – vortrug. Sie dauerte lange die Rede und anschließend liefen noch Soldaten auf Kommando von rechts nach links, taten etwas, was von unserem Platz aus nicht zu sehen war, erhielten weitere Kommandos und stolzierten wieder zurück an den Platz, woher sie gekommen waren. Anschließend sagte ein uniformierter älterer Mann etwas woraufhin sich plötzlich alle Menschen um uns herum in die Hocke begaben.

„If you are in Rome, do as the Romans do!“, das hatte man mir im Englischunterricht beigebracht, vielleicht das einzige, was ich mir ausser den Vokabeln gemerkt habe. Also taten wir so, auch wenn es sich um Bulgaren und nicht um Römer handelte. Aus den Augenwinkeln konnte ich sehen, dass einer standhaft aufrecht blieb. Den hätte ich gerne gefragt, wie ihm das gelungen war. Nach unserer Leibesübung wurden noch ein paar Worte gesagt und plötzlich kamen vom Gebäude über uns Maschinengewehrsalven. Kerstin wäre fast gestorben vor Schreck, sie hat sich aber noch mal zusammengerissen. Nach den ohrenbetäubenden Salven von oberhalb wurden diese ergänzt von weiteren aus einem Nachbargebäude rechts von uns. Ist das die bulgarische Art, den Opfern der Kriege die Ehre zu erweisen? Mit Platzpatronen aus Maschinengewehren? Im Anschluss gab ‘s das Feuerwerk, die Leute guckten und zogen vondannen, als es wieder vorbei war.

Traditionelles Bad


Wir zurück in die Unterkunft, in unser Zimmer, das meiner Meinung nach zur Kategorie „ziemlich gemütlich“ zählt. Ja, das Badezimmer ist vollverkachelt, weil die Dusche keine Kabine hat und ja, die Toilette wird beim Duschen nass. Aber was soll ‘s? Schlimmer wäre es gewesen, wenn der Duschkopf über der Toilette angebracht gewesen wäre. Übrigens: Den Handwerkerblick auf die Inneneinrichtung, den sollte man zuhause lassen. Gleiches gilt für den Architektenblick auf die alten Mehrfamilienhäuser, die Geschäftshäuser und Plattenbauten. Wer knapp nach der Wende mal in Bitterfeld war, weiß, was das „Schlimmer geht immer“ bedeutet. Dort war zusätzlich noch die Luft verseucht und es stank nach faulen Eiern.

Das Frühstück am nächsten Tag war reichhaltig und lecker. Wir durften in der Gartenlaube essen. Anscheinend sind wir zur Zeit die einzigen Gäste. Nächste Woche soll eine deutsche Reisegruppe ankommen, der Herbergsvater wird sie dann durch die Gegend führen. In einer kleinen Nische neben unserem Tisch entdeckten wir Flaschen und Gläser mit vielversprechendem Inhalt. Rosenwasser, Rosengelee, Rosenschnaps und Rakja, alles von den Großeltern selbst hergestellt. Da werden wir dann einiges von mitnehmen, wer weiß, wann es in Bremen Gelegenheiten gibt, zum Weiterverschenken oder gemeinsamen Ausprobieren.

Hand made und bestimmt sehr lecker


Den Tag verbrachten wir im Nachbarort Hisarya. Zuvor gab es einen Abstecher in die Rosenfelder, um wenigsten auch diese mal in echt gesehen zu haben. Hisarya ist der Ort mit den alten römischen Ruinen, den Thermalbädern und einem netten Stadtpark, den wir uns als Schattenspender gefallen ließen. Wie üblich waren wir wieder in der prallen Sonne unterwegs bei 29° Celsius! Und just im Moment als wir unseren Mietwagen parkten, um 12:00 Uhr, da gingen die Sirenen los, um die Menschen zum Einhalten zu gebieten, zum Gedenken an den großen Helden und wer weiß wen alles noch. Drei Minuten Stillgestanden, selbst eine Gruppe von Schulkindern blieb wie angewurzelt stehen.

Morgen geht es weiter ans Schwarze Meer. Unser Zielort heißt „Sozopol“, das Hotel „Casa del Mare“ – was sehr verheißungsvoll klingt.

Fotos&Text JoachimBremen

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