Bericht aus Bulgarien (207) – “Geimpfte und Ungeimpfte – Vereinigt euch!”
Auch vom Balkan aus schaue ich immer, was in der Heimat los ist. Die Lutherstadt Wittenberg ist 30 Kilometer von der Kleinstadt an der Elbe entfernt, wo ich groß geworden bin. Geboren bin ich auf einem Dorf, das noch näher an Eisleben dran ist, wo Luther geboren wurde. Nach Wittenberg sind wir früher gerne mal gefahren, weil es dort Dinge zu kaufen gab, die es anderswo nicht oder nur selten gab. In Wittenberg habe ich mir mein Vergrößerungsgerät für meine Dunkelkammer gekauft, in der ich meine schwarz/weiß Bilder entwickelt habe. Heute, genauer gestern, spazierten Menschen friedlich durch die Straßen der Lutherstadt. Begleitet wurden sie dabei von Polizisten in schwarzen Uniformen. Wann ging das eigentlich los mit den schwarzen Uniformen? Ich kann mich ehrlich gesagt nicht erinnern. Der Film ist ohne O-Töne, so dass man nicht erfährt, was die Menschen bewegt, was sie auf die Straße treibt. Ein Schild hat die Aufschrift “Ami go home”, was mir bekannt vorkommt. Ich habe ähnlich Schilder auf Protesten in Sofia gesehen. In Bulgarien sind diese Menschen deswegen keine Nazis, Neonanis oder was auch immer. Auch in Deutschland sollte man endlich mit diesem Quatsch aufhören, sondern auf diese Menschen zugehen und mit ihnen reden. Genauso wie ich es bereits vor zwei Jahren einem Berliner Autor, den ich persönlich kenne und schätze, vorgeschlagen habe. Damals habe ich mich sogar als sein persönlicher Personenschützer angeboten. Er hat trotzdem abgelehnt. Keine Ahnung, wie solche Menschen heute tickt. Ich persönlich denke, es ist an der Zeit, endlich die Blockade aufzugeben. Neulich habe ich in dem aktuellen Buch “Angstgesellschaft” von Hans-Joachim Maaz, das mein bester bulgarischer Freund Martin gerade ins Bulgarische übersetzt, und das im September in Bulgarien erscheinen soll, diesen Satz gelesen, den ich nur unterschreiben kann: “Geimpfte und Ungeimpfte – Vereinigt euch!”
PS: In Bulgarien, wo die Impfquote immer noch bei 30 Prozent liegt, muss man sich in dem Sinne nicht vereinigen, weil es diese Spaltung wie in Deutschland nicht gibt und nie gegeben hat.
PPS: Über Krieg habe ich auch gestern einen klugen Satz gelesen, von dem mir aber gerade der Autor nicht einfällt. Sinngemäß sagt er, dass ein Krieg nicht erst mit den ersten Schüssen beginnt.
Video FrankHellwig
Text TaxiBerlin