Bericht aus Bulgarien (219) – “Mut der Verzeiflung”
Das ist der Busbahnhof von Varshets, einem nicht ganz unbekannten Kurort in der ärmsten Region Bulgariens, im Nordwesten, wo sich auch auch das Café “Vegas” befindet, in dem ich mich immer mit meinem englischen Freund Jerry treffe. Das Gebäude, das einmal sehr schön gewesen sein muss, immerhin hat es einen langen Balkon, auf dem früher Fahrgäste nach ihrem Bus Ausschau gehalten haben, verfällt langsam aber sicher. Der Balkon wäre in Deutschland einsturzgefährdet. Viele Fensterscheiben sind schon kaputt, erste Fenster bereits zugemauert. Das Betreten der oberen Etage ist offiziell verboten, was aber nichts heißt in Bulgarien. Im Erdgeschoss befindet sich noch ein Fahrplan, ab und an halten auch noch Busse am Busbahnhof, aber man sollte sich nicht darauf verlassen. Sie halten auch nicht mehr davor, also in den dafür vorgesehenen Bahnsteigen, sondern hinter dem Gebäude. Gestern hatte jemand einen Stand dort mit allerlei Krims Krams aufgebaut, wo einst Verkehr war und heute Stille herrscht. Auch auf seinem Auto, das in einer Vorfahrt geparkt war, in dem einst Busse auf ihre Reisenden warteten, hatte er seine Sachen platziert. Ein weiteres Auto stand ganz und gar unter dem schattenspendenden, aber verfallenden Busbahnhof. Da hat jemand Mut, dachte ich, und auch zum Krims Krams anbieten. Vermutlich der Mut der Verzweiflung.
Foto&Text TaxiBerlin