Bericht aus Bulgarien (298) – “Dann fresse ich lieber Grass”
Normalerweise werde ich in unserem kleinen Dorfkonsum gewarnt, wenn ich etwas besser nicht kaufen sollte. Neulich war es Schafkäse, allerdings mit Kokosfett. Man kennt mich mittlerweile im Dorf. Aber heute war die Verkäuferin abgelenkt, als ich diese Banitza bei ihr kaufte. Um genau zu sein, war sie am Telefon, sprach mit jemand anderen und vergaß mich zu warnen. Denn diese Banitza war nicht nur ungenießbar, sondern unessbar. Am Ende habe ich sie dem Hund gegeben, der vor unserem Konsum wohnt, und der genauso ausgehungert ist, wie die meisten bei mir im Dorf. Banitza ist eigentlich wie Börek oder wie ein Strudel. Diese Banitza sollte Schafkäse enthalten, was sie aber nicht tat. War vielleicht wiederum besser so, weil wegen dem Kokosfett, das im Schafkäse drin sein soll. So ist es, wenn man in der ärmsten Region wohnt. Man bekommt dann auch nur das Billigste vom Billigen, den letzten Dreck sozusagen. Das Beste ist, man kocht selbst. Aber ich kann nicht alles machen: Schreiben, Fotografieren, Holz für den Winter machen, gucken dass der Stall nicht in sich zusammenfällt, … und noch backen. Und auch da muss man aufpassen. Selbst im Supermarkt gibt es nur das billigste vom Billigen. Praktisch überall, egal ob beim Heimwerker, im Schuhgeschäft oder beim Bäcker. Kannst du alles vergessen. Deswegen kaufe ich am liebsten Second Hand. Aber Banitza kann man nicht Second Hand kaufen. Aber vielleicht ja doch. Oder bald. Ich meine, bevor ich mir die Chips aus “Soylent Green”* reinziehe. – Dann fresse ich lieber Grass.
* Der deutsche Titel von “Soylent Green” ist “… Jahr 2022 … die überleben wollen”.
Foto&Text TaxiBerlin