Bericht aus Bulgarien (367) – “Kein Pardon mehr”
Seit einiger Zeit arbeite ich in den Schluchten des Balkans nach der Wim-Hof-Methode und mache dabei gute Fortschritte. Gestern bin ich beispielsweise bei Schnee und Eis meinen Hausberg hochgerannt (und natürlich auch wieder runter), das ganze splitterfasernackt, bevor ich mich in Schale geschmissen habe und zur Lesung von Antina Zlatkova nach Montana gefahren bin. Heute, nach den ersten Lyrik-Lektionen, frage ich mich, wofür ich das alles mache. Nur, um selbst gesund zu bleiben? Das erscheint mir mittlerweile doch sehr egoistisch, selbstbezogen und auch narzisstisch. Auch ich will etwas machen, was wirklich zählt. – “Mach, was wirklich zählt!”, ist ein Slogan der Bundeswehr, den ich noch aus meiner Zeit als Taxifahrer kenne. Am Bahnhof Friedrichstaße, wo ich öfters mit meinem Taxi auf Fahrgäste wartete, gibt es ein Büro der Bundeswehr, in dessen Schaufenster Poster mit diesem Motto hingen und vielleicht immer noch hängen. Nachdem der ukrainische Schauspieler, Komiker und Präsident Wolodymyr Selenskyj aktuell in Washington war und erklärt hat, dass sich die Investitionen der USA in sein Land garantiert lohnen werden (also nicht “Garanzija? – Franzija!” wie in Bulgarien, was bedeutet, dass der, der Garantie will, nach Frankreich gehen muss), ist nicht nur klar, dass der Krieg noch einige Zeit dauern wird, sondern dass auch ich in diesen Krieg investieren möchte. – Dabei geht es mir aber nicht nur ums Geld, zumindest nicht an erster Stelle, sondern um meine Überzeugung. Ich bin nun auch davon überzeugt, dass unsere und damit auch meine Freiheit in der Ukraine verteidigt wird. In der Ukraine leben nicht nur viele Bulgaren, sondern Deutsche sind, ganz genauso wie in Bulgarien, dort willkommen und immer willkommen gewesen. – Ich bin nunmehr nicht nur bereit, selbst in den Krieg zu ziehen, der hoffentlich noch einige Zeit andauern wird, sondern empfinde alle, die nur Waffen in die Ukraine schicken wollen, als unpatriotisch. Das ist mein voller Ernst! Wer nicht bereit ist, selbst mit der Waffe in der Hand unsere Freiheit an der Front zu verteidigen, ist kein Patriot für mich. Nein, er ist noch nicht einmal satisfaktionsfähig. – Ab sofort ist dies auch die Frage, die ich allen stellen werde: Wie hältst du’s mit dem Krieg? Und wer da keine persönliche Kriegsbereitschaft zeigt, mit dem rede ich erst gar nicht. Denn er ist ganz klar eine unsolidarische, unser aller Freiheit verratende Ratte. Ganz genauso, wie in der Heimat Geimpfte mit Ungeimpften verfahren sind und vermutlich immer noch verfahren. Da kenne auch ich jetzt kein Pardon mehr.
Video BundesWehr
Text TaxiBerlin