Bericht aus Bulgarien (409) – “Ich bin erschöpft”
Gestern erreichte mich eine e-mail aus der Heimat, in der sich folgende Sätze finden: “Ich bin erschöpft. Die letzten Jahre haben mich mir selbst entfremdet.” – Die letzten Jahre waren für mich vor allem von Corona geprägt, also von der völlig übertriebenen Angst- und Panikmache vor einer Erkrankung, die gerade dabei ist, sich in Luft aufzulösen. In der e-mail taucht Corona nicht auf, dafür “ermüdende Schichten” und “energieraubende Überstunden”, die sicherlich auch zu einer Entfremdung von sich selbst führen können – keine Frage. Vielleicht liegt es auch an mir, dass ich Corona in der e-mail vermisse, weil bei mir, seit ich Corona-Land verlassen habe, das genaue Gegenprogramm läuft. Ich gesunde und finde immer mehr zu mir selbst. Das in der e-mail beschriebene Phänomen findet sich auch bei vielen anderen in der Heimat wieder. Ich denke da beispielsweise an Ronja von Rönne, Kurt Krömer und Sido. Den Zusammenhang zwischen ihrer Entfremdung, mit der sie durch die Talk-Shows tingeln, und Corona, der mir auch bei ihnen naheliegend scheint, hat keiner von ihnen je gesehen. Vielleicht gibt es ihn auch nicht. Auf der anderen Seite wollen alle drei etwas verkaufen. Ronja von Rönne und Kurt Krömer ihre Bücher, Sido seine neue CD. Und da würde Corona natürlich nur stören. Das verstehe ich. Mit Sicherheit verstehen die drei auch, dass mich weder ihre Bücher, noch ihre CD interessieren. Überhaupt finde ich Menschen schwierig oder “schwer kommunikativ” – wie man in Bulgarien sagt, die den Elefanten im Raum nicht sehen. Fürs neue Jahr wünsche ich ihnen alles Gute & gute Besserung.
Foto&Text TaxiBerlin