Bericht aus Bulgarien (45)
In der nächstgrößeren Stadt, sie liegt immerhin gut 30 Kilometer von meinem Dorf entfernt, gibt es nicht nur Praktiker, sondern auch so einige Tankstellen. In meinem Dorf gibt es, das dürfte klar sein, keine. Die nächste Tankstelle ist von mir sechs Kilometer entfernt – immerhin. Sie kann aber nicht die Preise der Tankstellen in der Stadt anbieten, auch das dürfte klar sein. Neuerdings tanke ich dort immer beim Russen. Anfangs wollte ich einfach mal was Neues ausprobieren. Mittlerweile gefällt es mir beim Russen ausgesprochen gut, auch weil er auf dem Weg liegt und gute Preise hat. Ich will jetzt aber nicht anfangen wie früher meine Fahrgäste, die kaum waren sie aus dem Urlaub zurück in Berlin, die Benzinpreise mit mir diskutieren wollten. Denn es ist vor allem die Aussicht auf die Berge, die mich beim Russen Halt machen lässt. Übrigens habe ich meine Hütte vor jetzt gut 20 Jahren auch nur wegen der Aussicht gekauft. Genau war es so, dass ich mich, als ich zum ersten Mal den Boden betrag, der jetzt mir gehört, wie in einer anderen Welt, einer Märchenwelt gefühlt habe. Damals haben mich alle für verrückt erklärt, dass ich so eine blöde und vor allem billige Bude gekauft habe. Das hatte sich schon vor Corona geändert gehabt. Jetzt wollen praktisch alle raus aus der Stadt oder gar raus aus ihrem Land. Den Blick aufs Gebirge gibt es in Bulgarien immer noch, und sogar umsonst, selbst von vielen Tankstellen aus. Nicht nur die Tankstellen vom Russen haben schöne Ausblicke. Mit billigen Buden sieht es dagegen nicht mehr so gut aus. Die meisten, ich erwähnte das bereits mehrfach, verfallen oder sind bereits in sich zusammen gefallen, oftmals weil sie viele Eigentümer haben, die sich nicht einigen können, was mit ihr geschehen soll. Deswegen kann man sie auch nicht kaufen, nicht einmal der Russe.
Foto&Text TaxiBerlin