Bericht aus Bulgarien (523) – “Frauentag”
Heute habe ich meine Nachbarin Baba Bore (Oma Borislawa) zum Arzt in die 35 Kilometer entfernte Stadt Vraca gefahren. Öffentliche Verkehrsmittel sind im Nordwesten Bulgariens, der ärmsten Region des Landes, praktisch inexistent. Der Busbahnhof im Nachbarstädtchen Varshets sieht schlimmer aus als nach dem letzten Krieg. Auf dem Boulevard in Vraca, auf dem ich flanierte, während Baba Bore beim Arzt war, ging es dagegen recht zivilisiert zu. Am heutigen Frauentag war jeder dort unterwegs, unzählige Blumenstände reihten sich aneinander und an den Bäumen (links) hingen bereits die ersten Glücksbringer “Marteniza” vom ersten März. Jeder hatte mindestens einen Blumenstrauß in der Hand und alle wünschten einander einen “Frohen Feiertag!”. Obwohl der Internationale Frauentag kein offizieller Feiertag ist in Bulgarien, wird er mehr zelebriert als beispielsweise in Berlin, wo er es seit einigen Jahren ist. Der Umstand, dass etwas für offiziell erklärt wird oder erklärt werden soll wie im Falle von Gaga-Gender-Sprech, ändert nichts daran, wie die Menschen miteinander umgehen. In Bulgarien ist die Sprachverstümmelung übrigens unbekannt und dementsprechend auch die Verbissenheit, mit der sie in der Heimat propagiert wird. Zum Glück kam ich nicht dazu, mir Gedanken darüber zu machen, wie ich damit klarkommen würde, wäre ich jetzt dort, denn Baba Bore klingelte mich an. Auf der Rückfahrt erfuhr ich dann, dass meine Nachbarin Oma Borislawa am Montag ins Krankenhaus muss. So hat jeder seine Probleme. Die Sprachpolizei in Deutschland die Durchsetzung von Gaga-Gender-Sprech. Baba Bore wie sie am Montag zum Krankenhaus kommt.
Foto&Text TaxiBerlin