Bericht aus Bulgarien (56)

Vor dem Ministerrat in Sofia am Montag

Seit Montag hat der bulgarische Ministerpräsident Petkow, dessen Regierung keine Mehrheit der Bevölkerung hinter sich weiß, ein neues Mantra: “Am 20. März fallen alle Maßnahmen und auch der Grüne Pass!” – So gesehen wäre der nationale Protest am Mittwoch, zu dem 3.500 Menschen aus allen Teilen des Landes in die bulgarische Hauptstadt gekommen waren, überflüssig gewesen, sagen manche. Andere wiederum meinen, dass Petkow mit solchen Ansagen immer nur auf die Ankündigung von Protesten gegen seine Regierung reagiert. Am Mittwoch hat er nun zu den Protestierenden gesprochen, was die vielleicht größte Überraschung war, weil kaum einer das dem eher femininen wirkenden und irgendwie immer sehr linkisch auftretenden Petkow zugetraut hatte, der in seiner Rede betonte, dass sich die 6.5 Millionen Bulgaren, die es gibt, verstehen müssten, man demzufolge miteinander reden müsse. Nicht nur zusammen mit seinem vielleicht größten Widersacher im Land, Kostadin Kostadinow von der Partei “Wiedergeburt”, der ihn ankündigte, stand er auf einer Bühne. Sondern auch mit Armin Elbs, der in Österreich ähnliche Proteste organisiert hat und nun in Bulgarien lebt, und auch mit einem Mitorganisator von Protesten in der italienischen Stadt Verona. Beide Gastredner aus dem Ausland betonten in ihren Ansprachen, dass der Westen sich in Sachen Corona ein Beispiel an Bulgarien nehmen könne. Gesprochen hat auch der im Land bekannte Arzt und Leiter der Covid-Klinik am Infektionskrankenhaus in Sofia, Dozent Atanas Mangarow, der die sofortige und vollständige Aufhebung aller sinnloser Maßnahmen forderte. Der Höhepunkt seiner Rede war der Moment, als er seine Maske wegwarf. Da mussten sogar viele der anwesenden Polizisten lachen, die selbst meist ohne Maske und auch ohne Kampfausrüstung, wie dies nur allzuoft in Deutschland der Fall ist, ihre Arbeit verrichten. Der Protest dauerte etwa drei Stunden, er war absolut friedlich, Festnahmen gab es keine, es kamen keine Gummiknüppel zum Einsatz und Wasserwerfer wurden in der bulgarischen Hauptstadt auch nicht gesichtet. Die ersten Maßnahmen fielen bereits am Folgetag, also gestern. Seither ist in Bulgarien kein Grüner Pass mehr zum Betreten von Einkaufszentren, Theatern, Kinos, Cafés und Restaurants etc. erforderlich, der zuvor schon nur eher nachlässig kontrolliert worden war im Land, wenn überhaupt.

Foto&Text TaxiBerlin 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert