Hochmut & Zorn

Auch ich sage gerne, dass Berlin für mich Mutter & Vater sind. (Man beachte: Mutter & Vater und nicht Elternteil Eins & Elternteil Zwei und schon gar nicht Mensch mit Gebärmutter bzw. Uterus & Mensch ohne!) Auf die Idee, mich „Berlins zornigen Sohn“ zu nennen, bin ich bisher noch nicht gekommen. (Und so wird es auch bleiben!) Auch ich bin gelegentlich wütend und auch zornig – so ist es nicht. (In letzter Zeit gibt es auch immer mehr Anlass dazu.) Es spricht also einiges für den Zorn. Mindestens genauso viel spricht aber auch dagegen. Allen voran, dass der Zorn eine der Sieben Todsünden ist. Eine andere ist Hochmut, der bekanntlich „vor dem Fall“ kommt. In einem Interview, das die Tage online geht, werde ich gefragt, was ich von der „Pride Parade“ halte. Genau ging es um die in Budapest, das Interview drehte sich um den Osten, allen voran um Bulgarien. Ich sagte dort, dass Stolz (Pride) für mich in dem Fall Hochmut ist. Stolz und Hochmut sind nicht in jedem Fall identisch, in dem Fall aber schon. Denn man ist auf etwas stolz (oder gibt es zumindest vor), wozu man nichts (Null!) beigetragen hat. Stolz, wenn er kein Hochmut sein soll, kann man aber nur auf eine eigene Leistung sein. Zurück zu „Berlins zornigen Töchtern“. Warum die schwarze Tonne der Berliner Stadtreinigung (BSR) einen farblich passenden Aufkleber mit der Aufschrift SNOW BITCH trägt, entzieht sich meiner Kenntnis. Mich erinnert SNOW BITCH an Hans Christian Andersens Märchen „Die Schneekönigin“, die alles zu Eis gefrieren lässt – auch die Herzen der Menschen.
