Zurück in Bulgarien (032) – “Auf dem Friedhof”
Gestern war ich in dem Heimatdorf meines Vaters auf dem Friedhof. Das Heimatdorf meines Vaters liegt etwa 80 km entfernt von mir auf dem platten Land. Das Dorf, aus dem mein Vater einst erst nach Sofia zum Studium und später nach Deutschland zum Leben und Arbeiten aufbrach, hatte einmal ein eigenes Gymnasium und über 3.000 Einwohner, von denen die meisten die heimische Scholle verlassen haben. Auch meine Verwandten, sieht man von den Toten ab, sind weggegangen. Sie kommen auch nicht mehr zurück, nicht mal zum Friedhof. Dementsprechend sieht es auf ihm aus. Er gleicht eher einem Jungle, weswegen ich neben Hacke und Spaten auch wieder meine Machete dabei hatte. Gestern ist mir zum ersten Mal klar geworden, dass dies das Kommende ist. Das hat auch mit meiner Amerika-Reise im Juni/Juli zu tun. In den USA haben immer mehr Menschen kein Grab auf dem Friedhof. Ihre Asche haben die Angehörigen bei sich zu Hause oder sie verstreuen sie, wenn dies der letzte Wunsch des Verstorbenen war. Nicht wenige Amerikaner habe immer etwas Asche ihrer Vorfahren dabei, auch auf Reisen. In Zukunft werden wohl immer weniger Menschen wissen, was ein Friedhof ist. Dieser Gedanke hat gestern beim Kampf mit dem Jungle in mir eine tiefe Verbundenheit mit der Erde ausgelöst, unter der meine Vorfahren liegen. Und das, obwohl Bulgarien nur meine zweite Heimat ist. – Vielleicht gerade deswegen.
Im Friedhofs-Jungle
Fotos&Text TaxiBerlin