Zurück in Bulgarien (096) – “dumm oder naiv?”
Was ich in Bulgarien am meisten vermisse, ist die deutsche Sprache. Umgedreht vermisse ich in Berlin am meisten die Berge Bulgariens. Grauen tut mir vor den vielen stumpfen Menschen in Deutschland, und da vor allem in Berlin. Ich kann es nicht oft genug wiederholen: die Menschen sind oft einfach in Bulgarien, aber nicht dumm. Ein Beispiel: offiziell liegt die Impfquote bei 30 Prozent, da sich viele die Impfung gekauft haben, dürfte sie in Wirklichkeit nur 20 Prozent betragen. Auch deswegen braucht es keine Aufarbeitung der Corona-Zeit in Bulgarien, die in Deutschland bitter nötig wäre: “Pandemie der Ungeimpften”, “Möge die gesamte Republik mit dem Finger auf sie zeigen”, “Gefährliche Sozialschädlinge” und vieles andere mehr … – Noch ein Beispiel, ein aktuelles: am 2. Oktober berichtete die Tagesschau der ARD über Proteste in Bulgarien. Die Protestierenden kommen in dem Beitrag von ÖR folgendermaßen zu Wort: Die Demonstranten werfen der Regierung deshalb vor, geldgierig zu sein. “Diese Energiewende wird nicht so stattfinden, wie man sagt. Man wirft den Menschen Lügen an den Kopf.” Die Tagesschau der ARD fast zusammen: Aus Stimmen wie diesen spricht ein tiefes Misstrauen gegenüber der Regierung. – Dass ein solches tiefes Misstrauen berechtigt ist, nicht nur in Bulgarien, hat die Impfung bewiesen. Hätte das gestimmt, was die Regierung in Deutschland über sie gesagt habt (“geimpft, genesen oder gestorben”), würde kaum noch jemand am Leben sein in Bulgarien. Woher man bis heute angesichts schwerer Impfnebenwirkungen und erhöhter Übersterblichkeit in Deutschland das Vertrauen in die Regierenden nimmt, ist mir ein Rätsel. Hätte ich nicht die für einfache Bulgaren typische Empathie in mir, auch für Deutsche, würde ich es wohl Dummheit nennen. So bleibe ich bei Naivität.
Foto&Text TaxiBerlin