The Ministry Of Silly Signs

Am Freitag in Sofia

Im bulgarischen Gesundheitsministerium in Sofia hat man andere Sorgen als Corona. Wo einem in Deutschland vermutlich ein Schild mit der Aufschrift „Zutritt für Ungeimpfte untersagt“ erwartet, darf man hier nur nicht rauchen. Und das, obwohl die neue Regierung der Impfung gegen Corona nicht nur oberste Priorität einräumen wollte, sondern sogar den Grünen Pass für alle Parlamentarier und sämtliche Ministerien verpflichtend einzuführen beabsichtigte. Das scheint beim Gesundheitsministerium noch nicht angekommen zu sein, wenn es an der Eingangstür nur den Hinweis auf das Rauchverbot im Ministerium gibt. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass einige Parlamentarier bereits wissen ließen, dass sie Mittel und Wege finden werden, auch ohne Grünen Pass ins Parlament zu gelangen. Dafür wurden sie gewählt. Damit sie im Parlament sitzen und nicht vor der Tür stehen.

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Alles für den Erhalt der Volksgesundheit

Sperrmüll in Sofia
Am Freitag habe ich einem Freund in der bulgarischen Hauptstadt Sofia geholfen, der eigentlich jetzt in Deutschland studieren wollte. Er hatte vor Corona schon einmal in Deutschland studiert und wollte nun sein Studium dort fortsetzen. Da er wie fast alle in Bulgarien nicht geimpft ist und auch nicht die Absicht hat, sich impfen zu lassen, hat sich das mit dem Studieren im Land der Dichter und Denker, deren Sprache er perfekt beherrscht, zerschlagen. Demnächst dürfen in unserem schönen Land wohl nur noch Geimpfte studieren. Erste Universitätsrektoren haben ihre Studierenden schon darüber in Kenntnis gesetzt. Deswegen hat mein Freund aktuell alle seine Koffer zum Sperrmüll gebracht und sich von dem Geld, das eigentlich fürs Studieren in Deutschland gedacht war, eine neue Kloschüssel gekauft. Gemeinsam haben wir diese angeschlossen, was schwieriger war als erwartet. Der Freund richtet sich aber nicht darauf ein, den Winter über zu hause auf seiner Toilette zu verbringen. Im Gegenteil. Er geht davon aus, dass er die meiste Zeit auf der Straße sein wird, so wie er es bereits im letzten Jahr war. Damals gab es über Monate andauernde Proteste gegen die damalige Regierung in Bulgarien, der dies aber genauso wie das Impfen – immerhin – am Arsch vorbeiging.
Die neue Regierung, die erst seit wenigen Tagen im Amt ist, hat nun erklärt, dass das Große Impfen für sie oberste Priorität hat. Alles könnte so gut sein, allen voran das Verhältnis Bulgariens zur Europäischen Union, gäbe es da nicht die wenigen, noch im Land verbliebenen blöden Bulgaren. Eine aktuelle Umfrage des großen und bekannten Privatsenders „Nova“ hat ergeben, dass nur 18 Prozent der Bulgaren für die Einführung des Grünen Passes sind. Die übergroße Mehrheit, 82 Prozent, ist dagegen. Und trotzdem hält die neue Regierung an ihrem Plan fest, das „Grüne Zertifikat“ verpflichtend einzuführen. Ihre Argumentation wird dabei immer perfider, und zwar erklärt sie ihrem eigenen Volk, das sie gewählt hat, wenn auch nur eine Minderheit, dass es dumm sei. Wenn der Grüne Pass im Westen eingeführt wird, dann wird das wohl richtig sein, denn die Menschen dort sind schließlich klüger als die dummen Bulgaren. Ich glaube diesen Unsinn schon lange nicht mehr und mein Freund, dem ich geholfen habe, auch nicht. Es ist ein alter Hut, dass sich besonders intelligent und gut informiert wähnende, oftmals die schnellsten Mitläufer sind. Ich weiß, dass viele in Deutschland das anders sehen. In der Regel sind es die, die auch lange oder noch nie auf dem Balkan waren.
Auch für sie hat mein Freund nun seine alte europäische Sitztoilette herausgerissen. Gemeinsam haben wir ihm am Freitag eine neue orientalische Stehtoilette eingebaut. In der Berliner Ausländerbehörde, die mein Freund gut kennt, wenngleich er sie nicht in guter Erinnerung hat, hat man dies schon vor einiger Zeit getan hat. Dass er die Berliner Ausländerbehörde nicht in guter Erinnerung hat, liegt daran, dass man ihm dort das Leben nicht gerade leicht gemacht hat. Leichter wäre es für ihn gewesen, wenn er nicht so gut deutsch sprechen würde, und er darüber hinaus jemand wäre, der seine Rechte nicht kennt, am besten eine Person, die sich nicht zu helfen weiß. Das ist mein Freund aber nicht, weswegen der Einbau seiner neuen Toilette letztendlich von Erfolg gekrönt war. Dazu muss man wissen, dass eine orientalische Stehtoilette einen anderen Standard hat als eine europäische Toilette zum Sitzen. Das machte den Einbau nicht gerade einfach. Am Ende haben wir es aber geschafft. Die schöne neue Stehtoilette ist auch schon eingeweiht. Das Scheißen im Stehen ist zweifellos gewöhnungsbedürftig – keine Frage. Am Ende ist es aber nicht nur gesünder, sondern vor allem hygienischer.
Deswegen haben mein Freund und ich der neuen bulgarischen Regierung vorgeschlagen, nicht nur den Grünen Pass und den Euro – ausschließlich bargeldlos – versteht sich, sondern auch die orientalischen Stehtoiletten verpflichtend einzuführen. Alles natürlich nur der Hygiene wegen. Ein klein wenig haben wir auch an die Hersteller von orientalischen Stehtoiletten im Land und ihren unermüdlichen Einsatz bei der Überwindung der gegenwärtigen Krise gedacht. Zusammen mit ihnen fordern wir zum Erhalt der Volksgesundheit den Einbau der hygienischeren Stehtoiletten nicht nur in Bulgarien, sondern in der gesamten Europäischen Union. Die Berliner Ausländerbehörde ist bereits mit gutem Beispiel vorangegangen. Und nun auch wir.
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Mein “Bericht aus Bulgarien” auf Multipolar

Der “Eselflüsterer”

Seit Mai dieses Jahres bin ich nun in Bulgarien. Anfangs war ich auf „Arbeitssuche im Europäischen Ausland“. Von meiner „Leistungsmitnahme“ habe ich meine Miete in Berlin bezahlt. Arbeit gibt es auch in Bulgarien nicht. Das Angebot, Eselwanderungen für Touristen im Gebirge zu begleiten, hat sich wegen Corona zerschlagen. …  Mehr erfährst du auf Multipolar.

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Wenn die Welt Kopf steht

Gerät ohne Namen

Wenn die Welt Kopf steht, kann es hilfreich sein, es ihr gleich zu tun. Ich habe neuerdings ein Gerät, mit dem ich mich auf den Kopf stellen kann. Wie es genau heißt, weiß ich nicht. Es ist eine Leihgabe eines Freundes, eines „Englishman in Bulgaria“, der viele Jahre in der „Armee Ihrer Majestät“ gedient hat. Das Gerät ist am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig, weil wir es nicht gewohnt sind, die Dinge richtig herum zu sehen. Obwohl es einfach zu bedienen ist. Man muss nur seine Füße in dafür vorgesehene gepolsterten Halterungen fixieren. Danach dreht man sich selbst mit den Händen an den seitlichen Bügeln ganz einfach auf den Kopf. Man hängt dann an seinen Fußgelenken, was aber Dank der Polsterung kein Problem ist, und was auch sehr gut für den Rücken und die Wirbelsäule ist. Anfangen sollte man mit dreimal fünf Minuten am Tag – maximal! Denn es ist nicht nur ungewohnt, sondern kann sogar regelrecht gefährlich werden, die Dinge plötzlich richtig herum zu sehen.

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Olaf Scholz als Karl-Eduard von Schnitzler

 

Wir leben wahrlich in verrückten, fast wahnsinnigen Zeiten, in denen man mehr Wahrheiten bei BILD als im Spiegel und auch bei Öffentlich/Rechtlich findet, und wo der Bundeskanzler in seinem eigenen Schwarzen Kanal den wiederauferstandenen Karl-Eduard von Schnitzler spielt, in dem es keine Spaltung der Gesellschaft gibt, “weil nicht sein kann, was nicht sein darf”. – Ich würde sagen: Wir sehen uns auf der Straße, Herr Scholz, Verzeihung, Karl Eduard.

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Warum ich nicht mehr zu den Meetings der Anonymen Alkoholiker gehe

Außer eine höhere Macht natürlich

Im Oktober vergangenen Jahres habe ich in meiner neunundvierzigsten und letzten Radiosendung von „Hier spricht TaxiBerlin“ über meine Alkoholabhängigkeit gesprochen. Ich erwähnte dort, dass ich kurz zuvor zu meinem ersten Meeting bei den Anonymen Alkoholiker (AA) in Berlin war, und dass mir dieses Meeting sehr gut getan hat. Bis zu meiner Abreise nach Bulgarien Ende Mai habe ich in Berlin regelmäßig zwei AA-Meetings in der Woche besucht. Die Meetings sind zu einem festen Bestandteil meines Wochenplans geworden. Am Ende bin ich so selbstverständlich zu dem Meetings gegangen, als hätte ich dies schon mein ganzes Leben lang getan.
Die beiden Meetings, zu denen ich regelmäßig gegangen bin, waren Monolog-Meetings. Das heißt, jeder spricht nur von sich und es gibt keine direkten Reaktionen auf das Gesagte von anderen. Nicht alle mögen diese Art von Meetings, für mich waren sie genau das richtige. Ich hatte auch keinen so genannten Sponsor wie die meisten anderen. Ein Sponsor ist jemand, der schon länger trocken ist, und der einen auf seinem Weg der Abstinenz begleitet. Für mich konnte ein jeder auf den AA-Meetings ein Sponsor sein, weil ich von jedem etwas lernen konnte und auch gelernt habe, wofür ich dankbar bin.
Bereits im Oktober letzten Jahres war es üblich, dass jeder Teilnehmer der AA-Meetings seine Kontaktdaten hinterlässt. Dazu muss man wissen, dass AA keine eigenen Räumlichkeiten hat. Die Auflage, seine Kontaktdaten zu hinterlegen, kam also nicht von AA selbst. Trotzdem bedeutete es schon damals, dass damit gegen ein fundamentales Prinzip von AA verstoßen wird – die Anonymität. Seit ich in Bulgarien bin, hatte ich wöchentliche Telefon-Meetings mit einem AA-Freund in Berlin. Diese waren anonym, zumindest so weit ich das beurteilen kann. Neulich unterhielt ich mich mit einem anderen AA-Freund, der mir von AA-Meetings in Berlin berichtete, wo man neuerdings nicht nur seine Kontaktdaten hinterlassen, sondern auch seinen Impfstatus angeben soll.
Hier war für mich eine rote Linie überschritten. Zur selben Zeit begann man auch in Deutschland über eine allgemeine Impfpflicht nachzudenken. Ich musste eine Entscheidung treffen, oder ein Zeichen setzen, wie man heute sagt. Ich muss dazu sagen, dass ich, als ich noch in Berlin war, auch regelmäßig Treffen von Heilpraktiker besucht habe. Immerhin bin ich gelernter Krankenpfleger. Diese Heilpraktiker-Treffen waren anonym gewesen – im Gegensatz zu den AA-Meetings. Es geht also – wenn man will.
Ich habe mich entschlossen, meine AA-Meetings einstweilen auszusetzen. Das ist jetzt zwei Wochen her. Seitdem mache ich keine Telefon-Meetings mehr. Wäre ich in Gefahr, wieder mit dem Alkohol anzufangen, könnte ich einen AA-Freund anrufen und würde dies auch tun. Ich habe eine Handvoll Telefonnummern von Leuten da, die zum Teil über 30 Jahre trocken sind, die ich persönlich kenne, die ich schätze und denen ich vertraue.
Die Preisgabe eines fundamentalen Prinzips von AA, die Anonymität, ist nur ein Grund, dass ich derzeit keine AA-Meetings mehr besuche. Damit kehre ich AA nicht den Rücken, im Gegenteil. AA kehrt sich selbst den Rücken. Meetings, die nicht anonym sind, sind keine Meetings der Anonymen Alkoholiker. Das eine schließt das andere aus. Was sich wie eine Kleinigkeit anhört, ist keine Kleinigkeit. Es ist auch kein Korinthen kacken.
Es gibt aber noch einen wichtigeren Grund für mich, keine AA-Meetings mehr zu besuchen. Ein Prinzip von AA ist, dass die Organisation nicht zu politischen Fragen Stellung nimmt. Ich finde das gut, nur führt dies aktuell dazu, dass in den Meetings nicht über Corona gesprochen werden darf, weil das politisch ist. Selbst da würde ich fast noch mitgehen, wenn der Hinweis darauf, dass das Thema Corona politisch wäre, nicht dazu führen würde, dass kaum noch jemand über seine Corona-Angst spricht.
Hier verwandelt sich ein gut gemeintes Prinzip in sein Gegenteil, wird zu einem Grund, wieder mit dem Trinken anzufangen. Genau das, was durch die Meetings verhindert werden soll. In der Praxis ist es so, dass viele AA-Freunde schon gar nicht mehr in die Meetings gehen. Einige habe ich nie kennengelernt. Auch deswegen kenne ich die genauen Gründe jedes Einzelnen nicht. Die Erklärung, dass es für viele unerträglich ist, nicht über dieses eine Thema sprechen zu dürfen, ist für mich aber naheliegend.
Bei meinem letzten AA-Meeting vor zwei Wochen sagte der AA-Freund, den ich schätze, am anderen Ende der Leitung in Berlin, als wir über dieses Thema sprachen, dass er keine Angst habe und in den letzten eineinhalb Jahren auch nicht gehabt hätte. Und vielleicht stimmt das für ihn auch. Mit meiner Lebenserfahrung deckt es sich allerdings nicht. Ich kenne niemanden persönlich, der das sonst so gesagt hat oder so sagen würde. Es ist, so denke ich, auch höchst unwahrscheinlich, nachdem man uns nun schon seit eineinhalb Jahren täglich aufs Neue in Angst und Panik versetzt. Umgedreht wird eher ein Schuh draus: Weil ich das Thema nicht ansprechen darf, darf ich auch keine Angst haben. Ich habe Menschen bei den Meetings ihre Fassade der angeblichen Angstlosigkeit verlieren und hysterisch werden sehen, als es doch mal um das Thema Corona ging.
Ein wichtiges Prinzip in der Krankenpflege ist, dem Patienten Sicherheit zu geben. Ihm Angst zu machen, und das permanent, ist das genaue Gegenteil davon. Wäre ich, als es mit Corona losging, nicht schon eineinhalb Jahre trocken gewesen, ich hätte mit Sicherheit wieder mit dem Alkohol angefangen, um mir meine Angst wegzutrinken. Dies ist mir zum Glück bisher erspart geblieben, wofür ich jedem Einzelnen dankbar bin, der mich auf meinem Weg begleitet hat, dem ich zuhören und von dem lernen durfte. Viel habe ich auch von gescheiterten, wieder rückfällig gewordenen gelernt. Auch deswegen kann mir vorstellen, dass nicht wenige AA-Freunde wegen Corona wieder mit dem Trinken angefangen haben. Dass sie nicht über das Thema Corona sprechen dürfen auf den Meetings, macht es nicht gerade leichter, wieder damit aufzuhören.
Meiner Meinung nach kann man die Angst nicht von Corona trennen. Wenn ich über meine Angst spreche, komme ich automatisch auf das Thema Corona. Das Thema ist bei AA aber tabu und damit praktisch auch die Angst. Ich vermute, mit der Angst vor der Impfung verhält es sich ganz genauso. Wenn ich darüber hinaus von AA-Freunden gesagt bekomme, sie hätten keine Angst, fühle ich mich mit meiner Angst nicht ernst genommen und spreche auch nicht über sie. Das ist meine Erfahrung mit den AA-Meetings, die ich besucht habe, und das ist der eigentliche Grund, warum ich keine AA-Meetings mehr besuche. Hinzu kommt, dass ich damit groß geworden bin, dass im Leben alles immer auch politisch ist, beispielsweise auch mit dem Trinken aufzuhören.
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Michel Houellebecq über “Was tun?” von David Engels, das in Bulgarien ein Bestseller ist

 

In Sicherheit – trotz kaputter Flagge

Als ich „Was tun?“ las, ist mir der seltsame, sogar unpassende Gedanke gekommen, dass Nietzsche, wenn er heute lebte, vielleicht der erste wäre, der eine Erneuerung des Katholizismus wünschen würde. Während er damals hartnäckig das Christentum als eine ‚Religion der Schwachen’ bekämpfte, würde er heute einsehen, dass die ganze Kraft Europas
in jener ‚Religion der Schwachen’ begründet war, und dass Europa ohne sie verloren ist. Michel Houellebecq in “Was tun?” von David Engels

Nachdem ich gestern das Interview mit David Engels, dem Autor von „Was tun?“ mit seinem Übersetzer ins Bulgarische veröffentlicht habe, und ich bereits vor einiger Zeit auf das des Übersetzers mit dem Bulgarischen Nationalradio (BNR) „Christo Botew“ hingewiesen hatte, möchte ich nun etwas zum Buch „Was tun?“ selbst sagen, das seit zwei Monaten ein Bestseller in Bulgarien ist. Ich kannte bis zu dem Zeitpunkt, bis mir der Übersetzer im Sommer in Sofia von dem Buch „Was tun?“ erzählt hat, den Autor David Engels nicht, hatte noch nie von ihm gehört. Der Titel seines Buches kam mir hingegen bekannt vor. Wenn ich mich richtig erinnere, hat Lenin ein Buch mit einem solchen Titel geschrieben. Jedenfalls existiert ein Buch im Russischen mit dem Titel „Shto derljat?“ aus der Zeit der Oktoberrevolution. Das Buch von David Engels, das mit einem Zitat von Michel Houellebecq eingeleitet wird, hat damit nichts zu tun.

Dass David Engels sein Buch mit einem Zitat Michel Houellebecqs einleitet, der wiederum „Was tun?“ gelesen hat und sich in seinem Zitat sogar auf das Buch bezieht, hat mir den Autor gleich sympathisch gemacht. Und dann natürlich das Zitat selbst, in dem sich Michel Houellebecq mit Friedrich Nietzsche beschäftigt. Dazu muss man wissen, dass Houellebecq kein Fan von Nietzsche ist – eher das Gegenteil. Ich finde den Gedanken Houellebecqs, dass „Nietzsche, wenn er heute lebte, vielleicht der erste wäre, der eine Erneuerung des Katholizismus wünschen würde“, alles andere als abwegig – im Gegenteil. Der Gedanke ist auch nicht neu für mich. Mein bester Freund Dietrich hatte denselben Gedanken den Katholizismus betreffend bereits vor über zehn Jahren gehabt. 

Der Gedanke bringt mich zurück zu dem Interview mit David Engels, denn der Autor hat das Interview mit seinem Übersetzer in Sofia vom Katholischen Polen aus geführt. David Engels hat sich aktuell von Belgien nach Polen in Sicherheit gebracht, so wie ich mich von Berlin nach Bulgarien in Sicherheit gebracht habe. Aus dem Interview erfahre ich weiterhin, dass David Engels sein Buch „Was tun?“ an erster Stelle für sich selbst geschrieben hat, um Antworten auf seine eigenen, brennenden Fragen zu finden. Das merkt man, so denke ich, dem Buch unbedingt an und macht es so leicht zu lesen.

Eine Sache hat mich in „Was tun?“ dann aber doch überrascht, und zwar dass für David Engels die Abschaffung des Bargeldes bereits beschlossen Sache ist. Dazu muss man wissen, dass er die erste Fassung des Buches auf Französisch noch vor Corona geschrieben hat. Weiter möchte ich über das Buch von David Engels eigentlich gar nichts sagen. Jeder, der lesen kann, sollte das Buch lesen und sich selber ein Bild machen, denn es versucht Antworten auf die wichtigsten Fragen unserer Zeit zu geben.

Zum Schluss mache ich das, was Verlage seit einiger Zeit mit ihren Autoren machen. Ich weise hiermit ausdrücklich darauf hin, dass, auch wenn ich das Buch „Was tun?“ von David Engels gelesen habe, das nicht automatisch bedeutet, dass der Inhalt dieses Buch meine Meinung darstellt. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, aber wir leben in besonderen Zeiten, in denen Selbstverständliches nicht mehr selbstverständlich ist.

Würde ich noch Taxi fahren, würde ich heute auch nach jeder Fahrt erklären, dass das, was Fahrgäste in meinem Taxi, in dem man zwar nicht telefonieren, dafür aber alles sagen durfte – sogar die Wahrheit, gesagt haben, nicht automatisch meine Meinung ist.

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