Hilfsbedürftige Deutsche

Seit meiner Rückkehr in die Zentrale des deutschen Irrenhauses habe ich eine Betreuerin, mit der ich täglich eine Stunde lang spazieren gehe. Gestern gingen wir um einen Berliner See, als uns plötzlich eine männliche Stimme von hinten anbrüllte, dass wir rechts rüber gehen sollen. Erst dachte ich, das wäre ein Scherz. Der Herr auf dem Fahrrad meinte es aber ganz Ernst. Er müsse uns links überholen, so schreibe es Recht & Gesetz vor, und deswegen sollten wir nach rechts. Wir befanden uns wie gesagt auf dem unbefestigten Weg eines Berliner Sees. Zwischen uns gab es eine Gasse, durch die er bequem hätte durchfahren können, was der Mann auf dem Fahrrad aber nicht tat. Er bestand darauf, dass wir rechts rüberzugehen haben, damit er links vorbeifahren kann. Ich musste an Corona und den Masken- und Waschwahn denken. Wenn ich eines gelernt habe in der sogenannten Pandemie, dann dies: Man muss Menschen in ihrem Wahn, andere Menschen zum Tragen einer Maske oder zum permanenten Händewaschen zu zwingen, wie Kindern Grenzen setzen. Deswegen entschied ich mich zusammen mit meiner Betreuerin, vom Waldweg links und nicht rechts herunterzugehen, auch weil sich dort der See befand. Der Weg war nun frei, aber der Mann wollte immer noch nicht vorbei. Nein, er müsse jetzt, wo er uns nicht links überholen könne, absteigen und sein Fahrrad rechts an uns vorbeischieben. Beim Vorbeischieben fiel mir seine Maske auf, die er immer noch trug. Die Maske hinderte ihn nicht, meine Betreuerin und mich mit „Deutsche Prinzipienreiter“ zu beschimpfen. Ich war sprachlos – meine Betreuerin ebenso. Gut, auch in Bulgarien gibt es Freaks, und das nicht zu knapp. Bulgarien ist nicht umsonst bekannt als „Land of the Freaks“. Im Gegensatz zu den deutschen Freaks sind die bulgarischen aber immer irgendwie witzig. Der Freak, der sich gerade wieder auf sein Fahrrad schwang, nachdem er es an uns vorbeigeschoben hatte, und uns immer noch mit „Blöde deutsche Prinzipienreiter“ beschimpfte, war vor allem eins: bescheuert. Wobei, bescheuert trifft es nicht ganz. Er ist an erster Stelle Hilfebedürftig. Das sah auch meine Betreuerin so, weswegen meine Stunden mit ihr wohl gezählt sein dürften. Denn nicht ich brauche Hilfe, sondern die Bewohner des deutschen Irrenhauses.
Solche Leute gibts überall auf der Welt. Besonders in Großstädten. Auch in Sofia werden Fahrradfahrer, von Fußgängen oder Autofahrern angegangen, welche niemandem etwas getan haben… – Ich habe mal einen Freund gefragt, was denn der Deutsche, ohne Gesetze/Vorschriften/Straßenschildern, wäre? Antwort : führungslos!