Bericht aus Bulgarien (145)

Jazz am Montag

Am Montag war ich zu einem Konzert, Jazz mit Orchester. War ziemlich gut. Heute gehe ich wieder, “Rhapsodie in Blue”. Eintritt kostet im Vorverkauf acht Lewa (vier Euro) und an der Abendkasse zehn Lewa (fünf Euro). Vorm Konzert fragte mich ein Bulgare, woher ich komme. Als ich sagte, dass ich aus Deutschland komme, meinte er, er wisse bescheid. Er sei rumgekommen in Europa. In Deutschland sei es am schlimmsten. Corona-Knast nannte meine erste Heimat. Das wichtigste hätten sie den Menschen aber überall genommen in der Welt. Und nun auch noch Affenpocken. Manche nennen es auch Monkey Business. Jetzt nicht beim Konzert. Da war alles ganz normal. Obwohl, ist Jazz mit Orchester so alltäglich? Ich weiß es gar nicht.

Foto&Text TaxiBerlin

Bericht aus Bremen (4)

Flohmarkt in Bremen*

Morgen kommen Joachim und seine Frau, die durch meinen ersten Artikel „Bulgarien – die große Freiheit“ auf Multipolar auf das Land am Rand und auf mich aufmerksam geworden sind, in die Schluchten des Balkans. Übermorgen kommen sie mich in der ärmsten Region im Nordwesten besuchen, die erste Nacht verbringen sie in Sofia. Ich freue mich schon sehr, die beiden persönlich kennenzulernen. Was Sofia angeht, sei der Blick auf das Vitosha-Gebirge erwähnt, den man aber nicht verpassen kann. Am Ende des gleichnamigen Boulevards gibt es seit einiger Zeit ein Denkmal des von mir geschätzten Autors Aleko Konstantinow, der nicht nur eines der von mir herausgegebenen Bücher von ihm, und zwar den „Bai Ganju“ unter dem Arm hält, sondern darüber hinaus ganz bewusst Richtung Gebirge blickt. Aleko war ein großer Fan der bulgarischen Gebirge, die er ohne Übertreibung als „Die bulgarische Schweiz“ bezeichnete. Ist man einmal am Ende des Boulevard „Vitoshas“ angekommen, sollte man unbedingt weitergehen. Hinter dem „Nationalen Kulturpalast“ spielt traditionell und „open air“ mein Freund der Dudelsackspieler, er ist dort so eine Art Institution, auf der „Brücke der Verliebten“, vorausgesetzt das Wetter erlaubt es. Ihn habe ich vor jetzt fast 30 Jahren auf der Straße kennenglernt. Damals gab es noch kein Internet. Es folgt der vorerst letzter Bericht von Joachim aus Bremen, der wie gesagt durch meinen ersten Bericht im Internet auf „Bulgarien – die große Freiheit“ und auf mich aufmerksam geworden ist. Seinen „Bericht aus Bremen“ hat er mir übers Internet per e-mail zukommen lassen hat. Es ist deswegen sein vorerst letzter Bericht aus der Stadt an der Weser, weil er morgen zusammen mit seiner Frau nach Bulgarien aufbricht, wozu ich ihnen „Guten Flug!“ wünsche.

Bericht aus Bremen (4)

Natürlich gibt es auch andere Dinge zu erledigen. Nicht nur jene, die sich um Bulgarien drehen. Aber es reizt mich schon, in den von Rumen vorgeschlagenen Büchern zu lesen und mehr darüber zu erfahren, was dieses Land ausmacht.

Gefunden habe ich in „Vaters Land“ einige Hinweise darauf, wie das Leben dort in der Zeit des Kommunismus verlief. Wie dieser Vater seine Liebe zur deutschen Sprache nutzte, um sich vor der bulgarischen Wirklichkeit zu schützen. Für die Tochter allerdings hatte dies zur Folge, dass sie von bulgarischen Spielkameraden abgeschottet wurde. Fast aus Trotz begann sie, Bulgarien zu lieben. Ihre Liebe zum Land musste sie dem Vater gegenüber allerdings geheimhalten. Heute jedoch kann sie schreiben: „Bulgarien ist nichts für verbohrte, verkopfte, prüde Ordnungsfanatiker. Und schon gar nichts für solche, die ständig ein Haar in der Suppe suchen. Man muss sich der Unberechenbarkeit dieses Landes stellen wollen, denn Bulgarien ist eine Schule der Überlebenskunst.“

Ist das „Bulgarienkitsch“, wie mir eine Besprechung zu diesem Buch weismachen will? Ich kann es nicht sagen. Interessant fand ich ihre Schilderungen zu den sogenannten „Sohnesmüttern“. Darin zeigt sie auf, wie schwer es ist für die Schwiegertöchter gegen diese enge Bindung von Mutter und Sohn, also ihrem Ehemann, anzukommen. Und die ihr fehlende Liebe und Zuneigung kompensiert sie später, wenn sie selbst Mutter eines Sohnes ist. „Die enttäuschte junge Ehefrau, im stummen Schweigen böse auf ihren Ehemann und seine allgegenwärtige Mutter, wird wiederum ihren Sohn genauso für sich vereinnahmen, wie es die verhasste Schwiegermutter seinerzeit mit ihrem Mann getan hat.“

Gut, dass ich schon verheiratet bin. Dieser Situation muss ich mich nicht aussetzen. Dennoch bin ich neugierig, ob diese Beschreibungen zum bulgarischen Mann zutreffend sein werden. Alles Muttersöhnchen mit Macho-Gehabe? Wird wahrscheinlich nicht zutreffen wie so viele Verallgemeinerungen und Pauschalurteile über Männer.

Wir haben noch vier Tag bevor unser Flug von Frankfurt aus startet. Die Route wurde uns schon etwas genauer mitgeteilt, zumindest was die Orte und die Stadtführungen anbelangt. Die Namen und Adressen der Hotels erhalten wir bei Ankunft von unserem „Guide“ am Flughafen in Sofia. Ich hatte Rumen gefragt, was ich mitbringen könnte aus Deutschland. Ob ich dabei doch wieder an das „Armenhaus Europas“ dachte, kann ich nicht sicher verneinen. Ich dachte mir, es könnte etwas geben, das er dort in den Schluchten des Balkans vermisst. Vollkornbrot vielleicht oder „gute“ Butter oder eine bestimmte Sorte Kaffee? Alles Blödsinn, fiel mir ein, es gibt dort Lidl und Co., wo man das auch kaufen kann.

Ich könne ihm was von Bremen mitbringen aber nichts Gekauftes oder Neues. Irgendetwas, das als Andenken dienen könnte. Die Miniatur Bremer Stadtmusikanten aus dem Bremer Devotionalienladen durften es also nicht sein. Auch nicht die Bremer Babbeler, Bremer Kaffeebrot oder Bonbons aus der Bremer Bonbonmanufaktur. Ebenso kommt dann nicht mehr in Frage der Bremer Klaben oder die Bremer Senatskonfitüre, der Bremer Schnoorkuller und die Bremer Kluten. Wäre ja alles gekauft und (hoffentlich) neu.

Was tun? Ich kann die Stadtmusikanten (alt, abgegriffen) nicht abmontieren und mit in die Schluchten des Balkans nehmen. Mein Gepäck hat eine Obergrenze von 23 kg. Typische Bremer Klinkersteine, wie sie an den Fassaden der alten Bauten zu sehen sind, wären nun auch nicht besonders leicht. Und Fisch aus der Weser? Ich weiß nicht so recht. Also keine Kunst, kein Baumaterial und nichts Essbares.

Hier in Bremen gibt es einen großen Platz, der für allerlei Veranstaltungen zur Verfügung steht, die Bürgerweide. Tatsächlich war dieser Platz bis ins 19. Jahrhundert eine Weidefläche wohin Bremer Bürger ihre Pferde und Kühe treiben durften. Heute findet dort jeden Sonntag ein Flohmarkt statt, wo zwar auch neue Dinge angeboten werden, doch größtenteils Altes und Gebrauchtes. Ich werde die Zeit nutzen und mich dort umsehen. Vielleicht fällt mir etwas auf, das den Vorgaben Rumens genügen wird.

* Ein Bild gibt es auch dazu. Darauf ist „Duni“ zu sehen, ein junger Mann aus Moldavien, den ich angesprochen habe, weil ich verstand, er käme aus Bulgarien… Er bot mir gleich an, mir zu helfen, wenn ich einmal in seiner Heimat Urlaub machen wollte und tauschte mit mir seine Telefonnummer. So schnell gewinnt man „Freunde“.

Foto&Text JoachimBremen

Bericht aus Bulgarien (144)

Den Paten gibt es für fünf Lewa (2,50€) auch als Socke

Erfahre gerade aus dem Bulgarischen Nationalradio „Christo Botew“, dass Ministerpräsident Kiril Petkow gerade unterwegs nach Davos ist, um am Treffen des Weltwirtschaftsforums von Klaus Schwab, der für mich gar kein richtiger Mensch sondern eine Mischung aus Roboter, Maschine, Alien und Echse ist, teilzunehmen. Nach seinem Amtsantritt Ende letzten Jahres ist Kiril Petkow, der gewählt wurde, weil er vorgab die Korruption im Land zu bekämpfen, nach Brüssel zu Ursula von der Leyen geflogen und hat sich von ihr jede Menge Impfstoff aufschwatzen lassen. Jetzt also Davos, wo er sich seine Belohnung für den „genialen Schachzug“, die „militärtechnische Hilfe“ für die Ukraine bei gleichzeitigen verbotenen Waffenlieferungen ins Kriegsgebiet, bei Klaus Schwab, dem Paten von Ursula von der Leyen uns Olaf Scholz, abholen dürfte. Klaus Schwab hat schon 2017 vor laufenden Kameras ganz offen zugeben, dass er weltweit die Parlamente „penetriert“ hat. – Danke dem großen Penetrierer für Leadership! Heil Schwab! Klaus befiel, wir folgen dir!

Foto&Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (143)

Vor dem Rathaus in Sofia

Heute hat Bob Dylan Geburtstag und in Bulgarien ist Feiertag. Am 24. Mai wird hier traditionell aber nicht Robert Zimmermann, wie Bob Dylan eigentlich heißt, sondern den Brüdern Kyrill und Method gedacht, die mit dem glagolitischen die Vorstufe für das kyrillische Alphabet geschaffen, das sich wiederum ihre Schüler ausgedacht haben, und das auch andere slawische Brudervölker bis heute benutzen, unter ihnen das russische und das ukrainische, was ein Grund mit sein dürfte, warum nicht nur in Deutschland und den USA, sondern auch in der Ukraine viele Bulgaren leben. Die offizielle Bezeichnung des heutigen Feiertages ist „Tag der bulgarischen Volksbildung und Kultur und des slawischen Schrifttums“.

Neulich habe ich einen Text zum Krieg in der Ukraine verfasst, der sich auch mit der kyrillischen Schriftsprache beschäftigt, und den ich unter anderem der Berliner und der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) angeboten habe. Von der NZZ hat sich jetzt der Autor des Artikels bei mir gemeldet, wofür ich ihm sehr dankbar bin, auf dessen vor vier Jahren verfassten Artikel sich mein Beitrag bezieht, in dessen Zentrum das Denkmal der Sowjetischen Armee in Sofia steht. Der NZZ-Autor ließ mich wissen, dass er meine Argumente spannend und oft auch treffend fand, und dass er heute einige Dinge sicher anders schreiben würde im Kontext des Ukraine-Krieges.

Bevor ich Ausschnitte meines Artikels veröffentliche, möchte ich noch etwas zum obigen Foto sagen. Ich habe es vor zwei Wochen in Sofia vor dem Rathaus der bulgarischen Hauptstadt aufgenommen, als Demonstranten eines von der Partei „Wiedergeburt“ organisierten Protestes versuchten dort im Rahmen eines Happenings die ukrainische Fahne vom Balkon zu holen. Aber nicht, weil man etwas gegen die Ukraine oder Ukrainer hätte, viele von ihnen haben sich nach Bulgarien in Sicherheit gebracht, sondern weil man der Meinung ist, dass hier Bulgarien und nicht die Ukraine ist.

Da das Happening vorher angemeldet worden war, nicht umsonst sind die Bulgaren auch als „die Preußen des Balkans“ bekannt, waren zuvor Polizisten in Kampfuniform vor dem Rathaus aufgezogen, die man bisher auf den Protesten hier im Gegensatz zu Demonstrationen in der deutschen Hauptstadt in der Vergangenheit kaum gesehen hat. Die Demo in der bulgarischen Hauptstadt verlief absolut friedlich und ohne Zwischenfälle und die ukrainische Fahne ist bis heute auf dem Balkon des Sofioter Rathauses.

Das Rathaus der bulgarischen Hauptstadt befindet sich in der „ulitza Moskovska“, das ganze auf kyrillisch, was auf deutsch die Moskauer Straße ist. Niemand in Deutschland würde auf die Idee kommen, die Moskauer Straße, selbst wenn sie sich in Sofia befindet, als „ulitza Moskovska“ zu bezeichnen, genauso wie niemand plötzlich „Moskwa“ anstelle von Moskau sagt. Warum das bei „Harkiw“, das gestern noch Charkow hieß, und auch bei „Wolodymyr“ so gemacht wird in Deutschland, bleibt unklar. Was dahinter stecken könnte, damit beschäftigt sich mein Text:

Weltherrscher oder Friedensherrscher

Zum ersten Mal historisch belegt ist der Name Wladimir für den bulgarischen Herrscher Wladimir Rassate (um 850 bis nach 893). Der männliche Vorname setzt sich aus den beiden Worten „Macht“ oder „Herrschaft“ und „Frieden“ oder „Welt“ zusammen. Er kann „Weltherrscher“, aber auch „Friedensherrscher“ bedeuten. Wolodymyr ist Wladimir auf Ukrainisch.

Dass Wladimir zum ersten Mal in Bulgarien aufgetaucht ist, kommt nicht von ungefähr. Die Bulgaren haben den slawischen Völkern Europas den christlichen Glauben und Teilen von ihnen auch die kyrillische Schrift gebracht. Wladimir Rassate war der älteste Sohn des bekannten bulgarischen Zaren Boris I, der 865 das Christentum zur Staatsreligion erklärte und sich seither Michail nannte. Verbunden damit war, vielleicht das wichtigste, dass er in seinem Reich eine slawische Schrift und den Gottesdienst in slawisch-bulgarischer Sprache, dem so genannte Kirchenslawisch, einführte.

Kirchenslawisch oder auch Altbulgarisch ist die Sprache, in der üblicherweise in Ländern wie Russland, Serbien, Ukraine, Bulgarien und Weißrussland, deren orthodoxe Kirchen autokephal, also selbständig sind, die Liturgie stattfindet. Deswegen wird Kirchenslawisch oder auch Altbulgarisch, obwohl ansonsten eher eine „tote“ Sprache wie Latein, von gläubigen Menschen in diesen Ländern bis heute verstanden.

In Bulgarien weiß man also um die Bedeutung von Wladimir und Wolodymyr, und dass Wolodymyr nichts anderes als Wladimir auf Ukrainisch ist, und auch was Krieg bedeutet, selbst wenn offiziell kein Krieg stattgefunden hat im Land. Nicht wenige Bulgaren haben ganz reale Ängste, mit der „militärtechnischen Hilfe“ für die Ukraine zum Kriegsteilnehmer geworden zu sein. Waffen in Kriegsgebiete zu liefern oder diese auch nur instant zu setzen, trägt keinesfalls zum Frieden bei. Auch das weiß man in Bulgarien, und man wusste es auch in Deutschland, scheint es aber aktuell vergessen zu haben. Dafür schäme ich mich selbst in den Schluchten des Balkans noch.

So können aus Wolodymyr und Wladimir keine Friedensherrscher werden. Im Gegenteil, der Westen, allen voran die USA, trägt mit seinen Waffenlieferungen aktiv dazu bei, dass einer von ihnen oder am Ende gar beide sich zu Weltherrschern, ganz genauso wie der Präsident der Vereinigten Staaten, dem im Deutschland vor kurzem noch ganz offiziell sowohl die Fähigkeit als auch das Recht „die Welt zu führen“ attestiert wurde, aufschwingen und damit ein dritter Weltkrieg droht. Das ist kein Film, das ist die Realität.


PS: Aktuell ist dieser Artikel mit dem „schönen“ Titel „Bulgarien: Regierungskrise, geheime Waffenlieferungen und ein genialer Schachzug“ bei der Deutschen Welle erschienen. Mit dem „genialen Schachzug“ ist gemeint, dass am 4. Mai im bulgarischen Parlament „militärtechnische Hilfe“ für die Ukraine beschlossen wurde, wobei gilt: „Was genau in Bulgarien repariert werden soll, bleibt jedoch vorerst unklar.“ Direkte Waffenlieferungen sind also ausgeschlossen, zumindest offiziell, denn inoffiziell wird „Bulgarien damit fortfahren, Waffen an die Ukraine zu verkaufen“, ganz unabhängig davon, was man im Parlament beschließt. (Wozu braucht man dann überhaupt noch ein Parlament?) Die Begründung: „Verdeckter Waffenhandel war schon im Kalten Krieg die Spezialität von Kintex, das damals vom bulgarischen Geheimdienst geführt wurde.“ Das ganze gegen den Willen einer übergroßen Mehrheit der bulgarischen Bevölkerung. Laut aktuellen Umfragen lehnen 80 Prozent der Bulgaren jegliche militärische Unterstützung der Ukraine ab. – Dass dies, wie reden von nichts geringerem als von der Aushebelung des Parlaments, also des demokratischen Systems, ausgerechnet von der Deutschen Welle als „genialer Schachzug“ gefeiert wird, auch dafür schäme ich mich.

Foto&Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (142)

Gewerkschafterin spricht zu ihren Leuten vor dem Finanzministerium
Letzten Mittwoch gab es einen „Nationalen Protest“ der Transportbranche in Bulgarien. In Sofia kamen deswegen etwa 3.000 Männer und Frauen vor dem Finanzministerium zusammen, um auf ihre prekäre Lage vor allem angesichts der stetig steigenden Spritpreise hinzuweisen. Dies nehme ich zum Anlass, darauf aufmerksam zu machen, dass Proteste in Bulgarien immer sehr weiblich sind, und so auch dieser. Das liegt daran, dass viele Frauen wie zu sozialistischen Zeiten arbeiten gehen, arbeiten gehen müssen, um die Familie ernähren zu können. Auch in der Transportbranche arbeiten viele Frauen, nicht nur als Sprecherin der Gewerkschaft, sondern zum Beispiel als Straßenbahnfahrerin, aber auch bei der Polizei und bei den Medien, als Moderatorin beispielsweise. Wo man auch regelmäßig Frauen antrifft, das sind die Tankstellen im Land. Dort stehen sie nicht „nur“ wie bei uns hinter der Kasse, sondern füllen einem selbst noch den Sprit ab. Und da Bilder mehr als tausend Worte sagen, möchte ich auch heute wieder Fotos sprechen lassen.
Polizistin mit Regenschutz

Moderatorin des Fernsehsenders NOVA
im Hintergrund eine Polizistin

Demonstrantinnen mit Schild “Nationaler Protest”
hing auch in vielen Bussen und Straßenbahnen

Polizistin mit Schirmmütze und Regenschutz

Filmende Fotografin des Protestes

Moderatorinnen vom Staatlichen Bulgarischen Fernsehen (BNT)
Nochmal die Gewerkschafterin vorm Finanzministerium
Fotos&Text TaxiBerlin

Filmtipp für Freitag: „Volksvertreter“ – Der neue Film von Andreas Wilcke

 

Mein Freund und Filmemacher Andreas Wilcke hat mich gebeten, etwas Werbung für die Premiere seines neuen Films „Volksvertreter“ am Freitag um 19:30 Uhr im Kino Babylon am Rosa-Luxemburg-Platz zu machen. Andreas hat vor einigen Jahren den bis heute sehenswerten Film „Die Stadt als Beute“ über den Ausverkauf Berlins gemacht, der lange in den Kinos der Hauptstadt lief.
Irgendwann habe ich ihn zufällig auf dem Flohmarkt Boxhagener Platz in unserem gemeinsamen Friedrichshainer Kiez kennengelernt, wo ich, als ich noch in Berlin gelebt habe, nicht nur regelmäßig nach Büchern gesucht, sondern auch immer mal wieder selbst Bücher verkauft habe. Dazu muss man wissen, dass Andreas und ich die Sucht nach Büchern teilen. Seitdem ich trocken bin, muss ich aufpassen, dass meine Büchersucht nicht ausufert, ganz einfach weil die Summe aller Süchte immer gleich bleibt, was aber schon wieder ein anderes Thema ist. 
Zurück zu dem neuen Film „Volksvertreter“ von Andreas, für den er drei Jahre lang Filmaufnahmen bei der AfD gemacht hat. Filmaufnahmen bei der AfD zu machen ist nicht schwer. Schwer dagegen ist es heute einen Film zu machen, der ohne Kommentar auskommt, weil man den Zuschauer für klug genug hält, sich seine eigene Meinung bilden zu können.
Da ich von den Kämpfen und Schwierigkeiten weiß, die Andreas damit hatte, würde ich sagen, es ist zu einem Ding der Unmöglichkeit geworden. Oder, um es mit anderen Worten zu sagen: Ohne Kommentar – keine Förderung, und somit kein Film, zumindest in den allermeisten Fällen. Andreas ist da eine ganz große Ausnahme, weil er Film-verrückt ist, genauso wie er Bücher-verrückt ist.
Alleine deswegen ist der Film, von dem ich Ausschnitte gesehen habe, sehenswert. Denn nicht nur von Journalisten wird heute eine Haltung erwartet, natürlich immer nur die richtige – das ist klar, sondern auch von Filmemachern und Schriftstellern, damit dieser einen Film herausbringen und jener ein Buch veröffentlichen kann. Was für ein merkwürdiges Menschenbild muss man haben?!?
Andreas, der sich zu „Volksvertreter“ unter anderem von dem Film „Aggregat“ von Marie Wilke hat inspirieren lassen (wir haben ihn zusammen in einem Kino im Friedrichshainer Kiez gesehen), der eine ähnliche Thematik hat und auch ganz ohne Kommentare auskommt, wurde auch schon – wie zu erwarten – angefeindet wegen seinem neuen Film. Er würde Rechten ein Plattform bieten, wurde ihm vorgeworfen, weswegen ich Andreas dieses Zitat von Lao Tse geschickt habe: „Wenn du dich darum kümmerst, wie andere dich sehen, wirst du immer ihr Gefangener sein.“
Überhaupt ist „Rechts“ sein zwar nicht schön, aber (noch) nicht verboten. Meiner Beobachtung nach gibt es aber eine Entwicklung seit einigen Jahren, dass alles, was ehemals „Rechts“ war, nunmehr sogleich in die Nazi-Ecke gestellt wird, und zwar von Leuten, die ansonsten den Nazi-Vergleich ablehnen, zumindest bei anderen, um sich nicht mit den Inhalten und den Themen überhaupt auseinandersetzen zu müssen. Das ist praktisch und passt dann wiederum zum erwähnten Menschenbild.
In welche Schublade einen diese Menschen tun, darauf hat man keinen Einfluss, das ist zumindest meine Erfahrung. Ich wurde selbst schon einmal auf dem Boxhagener Platz von selbsternannten „Nazi-Hunter(n)“ (stand wirklich auf der Jacke einer meiner Verfolger) der „Antifa“, die so antifaschistisch ist, wie der antifaschistische Schutzwall es war, als „Nazi“ beschimpft, beleidigt und bedroht, nur weil ich eine gelbe Weste trug, mit der ich gegen das illegale Agieren von Uber & Co auf den Berliner Straßen und Plätzen protestierte, dem ich letztendlich meine Arbeitslosigkeit zu verdanken habe.
Als ich meine Verfolger von der „Antifa“ darauf hinwies, bekam ich zur Antwort, dass man Taxifahrer dort noch nie leiden konnte. Ein Beweis dafür, dass die „Antifa“ nur die nützlichen Idioten des Neoliberalismus sind, wofür Uber & Co steht. Die herbeigerufene Berliner Polizei konnte (besser: wollte, weswegen der Fall auch in keiner Statistik auftaucht, auftauchen kann) mir nicht sagen, ob „Nazi“ eine Beleidigung ist oder nicht. Von den von mir angerufenen Freunden kam nur Andreas, alle anderen hatten wichtiges zu tun, beispielsweise Kaffee in einem naheliegenden Café trinken.
Dafür bin ich Andreas bis heute dankbar, auch wenn wir nicht immer einer Meinung sind. Vor gut einem Jahr, als ich noch in Berlin war, meinte Andreas beispielsweise zu mir, dass man es selbst in der Hand hätte, in welche Schublade beziehungsweise in welche Ecke man von anderen gestellt wird, indem man bestimmte Sachen einfach nicht sagt, obwohl sie eigentlich gesagt werden dürften und wohl auch müssten.
Ich glaube daran nicht (mehr), und ich bin gespannt, ob Andreas das nach den Erfahrungen mit seinem neuen Film „Volksvertreter“, der an meinem Geburtstag am Freitag um 19:30 Uhr Premiere im Kino Babylon am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin-Mitte hat, immer noch so sieht.
Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (141)

Wechselstube / обменно бюро / Change

Das ist die Wechselstube in der Graf-Ignatiev-Straße in Sofia mit den besten Wechselkursen, vor der es immer eine kleine Schlange gibt. Der Herr links wechselt kein Geld, sondern die Ziffern auf der analogen Tafel. Seit Kriegsbeginn bekommt man mehr Lewa für den Dollar. Da ich keine Dollar sondern Euro habe, an den der Lewa fix gekoppelt ist (1 Euro sind etwa 1,95 Lewa), so wie er früher an die DM gekoppelt war (1 DM war 1 Lewa), der Fachbegriff ist “currency borad”, hat sich für mich (noch) nichts geändert seither. Etwas anderes ist auch so geblieben wie es war. Das wenige Geld, das ich habe, habe ich cash. Deswegen muss ich regelmäßig zu einer Wechselstube oder einer Bank, wobei ich lieber in einer Wechselstube mein Geld tausche, weil man dort nicht registriert wird. Auch in Bulgaren zahlen immer mehr insbesondere junge Menschen mit Karte. Warum das so ist, kann ich nur vermuten. So weit ich weiß, gibt es (noch) keine Studie, die beweisen würde, dass mit Karte bezahlen gesünder ist oder gar Leben retten würde. Ich kann jedem, der will, dass es auch morgen noch Bargeld gibt, nur empfehlen, heute bar zu bezahlen, und das möglichst alles. Fällt mir dazu noch ein: ein Freund von mir in Berlin hat neulich sogar sein Auto in bar bezahlt. Das ging auch, schließlich will das Autohaus seine Autos verkaufen.

Foto&Text TaxiBerlin