Bericht aus Bulgarien (151)

МАГАЗИН ЗА ПАРИ – GESCHÄFT FÜR GELD

In diesem Geschäft in der bulgarischen Stadt Vraca kann man Geld kaufen, ganz genau: Geld+. Was sich hinter Geld+ verbirgt, konnte (besser: wollte) mir die nette Verkäuferin nicht verraten. Sie war extra aus ihrem Geschäft gekommen, um mich zu fragen, was ich hier mache. Wahrheitsgemäß, wie sich das selbst für einen halben Deutschen gehört, habe ich ihr geantwortet, dass ich ihren Laden fotografiere. Dazu muss man wissen, dass man Fotos im öffentlichen Raum (noch) machen und auch veröffentlichen darf. In Bulgarien hat das bisher niemanden interessiert, aber nun scheint es wichtig zu sein, ist hier auch in dieser Frage der Westen angekommen. Die Verkäuferin habe ich ganz bewusst nicht fotografiert. Auch hier gilt das Recht am eigenen Bild. Ich habe mich also – typisch deutsch – korrekt verhalten, die Verkäuferin aber nicht. Sie hat sich eher berlinerisch verhalten, getreu dem Berliner Motto: Leck mich! Das kommt vor, selbst in Bulgarien. So kann ich nur vermuten, was sich hinter Geld+ verbirgt. Ich stelle es mir so vor, dass man sein altes Geld in den Laden bringt und dann neues Geld dafür bekommt. Das wird ja auch mal Zeit. Die Einführung des Euros liegt jetzt auch schon wieder 20 Jahre zurück. Da ich kein Geld habe, oder zumindest so gut wie keins, kann ich nicht in den Laden gehen. So einfach ist das. Der nächste, der mich besucht, möge bitte unbedingt Geld mitbringen. Dann gehen wir zusammen in das Geschäft und kaufen damit Geld, also Geld+. Und dann schreibe ich hier darüber – aber das ist ja klar.

Foto&Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (150)

“Wendekreis des Krebses” neben “Unterwegs” (“On the Road”)

Übers Wochenende haben mich Leser meiner Artikel und meines Blogs besucht. Ganz genau war es Joachim aus Bremen zusammen mit seiner Frau. Joachim ist darüber hinaus einer meiner Sponsoren, die ich bei den Anonymen Alkoholiker nie hatte. Ich würde ihn eher als “großen Bruder” bezeichnen, aber im positiven und nicht im Orwellschen Sinne. Seine Frau ist Therapeutin. Dazu muss man wissen, dass ich auch einmal Therapeut werden wollte und sogar einige Semester Psychologie studiert habe.

Am Ende sollte es nicht sein, dass aus mir ein Therapeut wird. Wie sollte ich anderen Menschen helfen, wenn ich mir selbst nicht helfen kann. So bin ich Taxifahrer geworden, oder auch “Straßendoktor”. Meine Universität war und ist die Straße. Das ist keine Übertreibung. Auf ihr habe ich mehr gelernt als in allen Universitäten, die ich besucht habe. Zum Schluss war ich in meinem Taxi vor allem Medium, das seinen Fahrgästen zugehört hat. Denn ich wollte verstehen (und nicht bewerten), warum jemand so tickt, wie er eben tickt.

Auch wenn ich selbst viel erzählt habe, habe ich meinem Besuch auch zugehört. Das ist wichtig, gerade in unseren Tagen. In meinem Taxi hatte ich genug Zeit zum Zuhören. Gerade wenn man sich nicht kennt, oder noch nicht, ist zuhören ganz wichtig. Denn es ist auch im Alter möglich, neue Menschen kennenzulernen und Freundschaften zu schließen, auch wenn es insgesamt aus verschiedenen Gründen schwerer wird. Man muss aber zuhören können.

Ich kann meine Erfahrung mit meinen Besuchern nur jedem empfehlen. Lerne neue Menschen kennen. Tausche dich mit ihnen aus, gerne auch schriftlich, beispielsweise per e-mail. Und dann spring irgendwann ins kalte Wasser. Treffe sie, verbringe Zeit mit ihnen oder nimm sie ganz und gar bei dir auf. Ein Punkt übrigens, den ich bei der ganzen Flüchtlingsdebatte vermisse. Es wird gerne über Flüchtlinge gesprochen. Aber wer redet eigentlich mit ihnen? Und wer nimmt sie bei sich auf?

Meine beiden Besucher sind keine Flüchtlinge. Oder sollte ich besser sagen: noch nicht? Zumindest sind sie gerade recht komfortabel mit einem Mietwagen in den Schluchten des Balkans unterwegs. Um ganz genau zu sein: Sie sind just in diesem Moment in der früheren Hauptstadt Veliko Tirnowo in Zentralbulgarien, von wo aus ich eben einen Bericht von Joachim über den gestrigen Tag erhalten habe.

Der Bericht liest sich gut. Ich denke, die beiden machen alles richtig. Ich meine, dafür sind wir doch damals ’89 auf die Straße gegangen. Damit wir uns die Welt und die Straßen auf ihr ansehen können. Das ist jetzt über 30 Jahre her. Für Joachim und seine Frau ist es die erste Reise nach Bulgarien. Es ist also nie zu spät. Und vielleicht ist es auch nicht die letzte. Es bleibt spannend.

PS: Joachim und seine Frau haben in Bremen eine Gruppe besucht, die sich regelmäßig getroffen hat, um sich zum Thema “Würde” auszutauschen. Ich bin in Berlin zu Meetings der Anonymen Alkoholiker, aber auch zu Treffen von Heilpraktikern gegangen. Beides war sehr wichtig für mich, genauso wie die Treffen zum Thema “Würde” wichtig waren für Joachim und seine Frau. Ich erwähne die Treffen deswegen, auch wenn sie eigentlich etwas selbstverständliches sein sollten, weil sie es zu Corona-Zeiten nicht waren, sondern etwas konspiratives hatten, was mich sehr an die DDR erinnert hat. Diese Zeit ist noch (lange) nicht vorbei. Davon bin ich fest überzeugt. Wir leben auch weiterhin in besonderen Zeiten, in denen Selbstverständliches nicht immer selbstverständlich ist. Alleine deshalb sind solche Treffen und Meetings, egal ob in Bremen, Berlin oder den Schluchten des Balkans wichtig.

Foto&Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (149)

 

Manche möchten wissen, wie die Menschen in Bulgarien sprechen. Andere fragen sich, ob das alles stimmt, was ich darüber schreibe, worüber Menschen sich hier unterhalten, selbst im Staatlichen Bulgarischen Nationalradio “Christo Botew”. Beiden kann ich obiges aktuelles Interview empfehlen, das mein Freund und Übersetzer Martin Petrushev mit Ulrich Mies über das von ihm im letzten Jahr herausgegebene Buch “Schöne Neue Welt 2030” gemacht und gerade auf seinem Kanal “Rationaler Widerstand” veröffentlicht hat. Martin Petrushev hat das Buch genauso wie das Interview übersetzt. Praktisch so, wie die beiden miteinander reden, so wird in Bulgarien gesprochen. Wer es nicht glaubt, liest die bulgarischen Untertitel.
Text TaxiBerlin

Bericht aus Bremen in Bulgarien (5)

Ortseingang

Gerade habe ich Joachim und seine Frau verabschiedet. Sie sind auf dem Weg Richtung Osten zur früheren Hauptstadt Veliko Tirnovo, wo sie um 17:30 Uhr eine Stadtführung gebucht haben. Was die beiden am Wochenende bei mir im Ort und mit mir erlebt haben, beschreibt Joachim in diesem Bericht:

Von Sofia führt die Straße hinauf in die Berge und über einen Pass durch Tannen- und Mischwälder. Die Aussicht zeigt Bergketten, die teils an den Schwarzwald und teils ans Allgäu erinnern. Die in unseren allgemeinen Reiseinformationen genannten Schlaglöcher auf Bulgariens Straßen, sie tauchen nicht auf, nicht auf dieser Strecke. Rumen hat Recht, wenn er von den “Schluchten des Balkans” schreibt, sage ich zu Kerstin beim Blick in ein tiefes Tal links der Straße.

Vor unserer Abfahrt nach Spanchevtsi erhalten wir noch letzte Instruktionen von Rumen: “Sei im Straßenverkehr auf alles vorbereitet. Layne fährt hier gar nicht, das ist ihr zu crazy. Am besten ihr fahrt über den Petrochan-Pass zu mir nach Spanchevtsi, so fahre ich immer.”

Was sollte das bedeuten, auf alles vorbereitet zu sein? Fahren die Bulgaren nach anderen Regeln als bei uns? Gibt es Geisterfahrer? Werden Autorennen auf Landstraßen ausgetragen statt wie bei uns auf Autobahnabschnitten? Es hilft ja nichts, wir saßen nun mal in unserem Mietwagen und mussten uns von A nach B bewegen. Dann also vorsichtig. Im Zentrum vom Ort Birsija, 5 km vor Berkowitza, kann man nacht rechts Richtung Varshetz und zum Kloster Klisura zu mir abkürzen, schreibt Rumen. Das ist nett, doch auf unserem deutschsprachigen Navigationsgerät werden weder Birsija noch Berkowitza angezeigt. Ein ähnlich klingender Ort namens Barzia könnte gemeint sein. Tatsächlich finden wir dort eine Abbiegung nach Varshets und “Klisurski manastir”, was wohl das Kloster sein muss.

Nach 90 Minuten Fahrt kommen wir an. Dazu müssen wir noch einen Feldweg erklimmen und die tiefen vom Regen ausgewaschenen Löcher und Rinnen umfahren. Ist es das Haus rechts oder links? Rumen steht vor der Tür, das muss er wohl sein, es gibt sonst keine Menschen weit und breit nur zwei Hunde, die uns blöde angucken, sie gehören einem der Nachbarn. Wir steigen aus, laufen die Wiese runter zum Hauseingang, begrüßen uns herzlich, umarmen uns wie alte Bekannte. Der bisher nur aus seinen Blogtexten bekannte Berliner Taxifahrer spricht mit einem typisch ost-deutschen Dialekt und ist mir gleich sehr vertraut. Da kommt keine Fremdheit auf, da sind keine Anhaltspunkte für irgendeine Antipathie.

Wir gehen ins Haus, bekommen unser Zimmer gezeigt mit dem Doppelbett, die Wohnküche, die riesige Terrasse, das Bad. Und noch bevor der Kaffee ausgeteilt ist und die Kuchen vom Vortags-Geburtstag sind wir mitten drin in Erzählungen, Fragen und Antworten, die uns bis in die Nacht beschäftigen. Es ist ein Kennenlernen, ein Austausch von gemeinsamen und unterschiedlichen Erfahrungen, von ebenso vertrauten wie fremden Geschichten. Wir mit unseren Biografien aus dem Westen, Rumen mit seiner aus dem Osten.

Das Abendessen besteht aus den Resten vom Vortags-Geburtstag, es gibt reichlich Schnitzel, Krautsalat, Brot, Butter und Käse. Wir sind satt am Ende des Tages, von unseren Eindrücken, unseren Erzählungen und dem Essen mit Blick von der Terrasse in die Berge. Am nächsten Tag werden wir die Umgebung kennenlernen, die Mineralquelle, das Badebecken mit dem warmen Mineralwasser, den Nachbarort Varshets, die alten verfallenen Häuser eines ehemaligen Bades, den Kontrast zwischen Alt und Neu, die steingewordenen Erinnerungen an eine Zeit, als noch kein Turbo-Kapitalismus Einzug gehalten hatte in dieser ländlichen Region. Heute befinden sich hier Spa-Hotels und ihre Neubauten neben zerfallenen Häusern, eine Art Permakultur in Beton.

Im Erfahren und Erlaufen der Gegend erzählt uns Rumen von den Menschen, den Ortschaften und seinen Begegnungen mit Leuten, die er uns zeigt, wenn sie am Straßenrand zufällig auftauchen, das Haus seines Bürgermeisters, das Rathaus, die Urlaubs-Ressorts für zumeist bulgarische Gäste. In Varshets trinken wir gemeinsam Kaffee, abends geht es zum “Stalin”, einer Forellenzucht mit Gästehaus und Restaurant. Dort essen wir neben gebratenen Forellen, Schopska-Salat, Kraut-Möhrensalat und ein Gericht, das sich “Sirene po schopski” nennt. Es besteht aus gebackenem Schafskäse, Tomate, Ei und Bohnenkraut und wird hier in einem Tontopf serviert. Dazu gibt es eine Art Getränke-Völkerfreundschaft bestehend aus bulgarischem und deutschem Bier. 

Noch haben wir Rumen an unserer Seite, der für uns erklärt und beschreibt, der die Bestellung aufgibt und dafür sorgt, dass wir das bekommen, was wir uns ausgesucht haben. Wie wird das werden, wenn wir uns weiter auf den Weg machen, so ziemlich auf uns gestellt?

Foto&Text JoachimBremen

Bericht aus Bulgarien (148)

 

Die Diktatur der Leggins

Die Diktatur der Leggins hat eine neue Eskalationsstufe erreicht, und das schon im letzten Jahr, zumindest in Bulgarien. Die Eskalation zeichnet sich dadurch aus, dass die Leggins nicht nur eng anliegt, sondern sich auch in die Spalte des primären weiblichen Geschlechtsorgans, auch als Schamlippen bekannt, hineinzieht.

Der Terror besteht darin, dass es einerseits so ist, andererseits aber als solcher nicht zur Kenntnis genommen werden soll, besser: darf.

Besonders für den heterosexuellen Mann, von denen es in Bulgarien noch einige Exemplare gibt, stellt dies eine besondere Herausforderung dar. Ein paar von ihnen sollen sich sogar schon über diese übergriffige sexuelle Belästigung lautstark beschwert haben.

Es handelt sich dabei aber um eine kleine Minderheit, denn die übergroße Mehrheit der Männer ist auch hier froh, wenn es dadurch überhaupt eine gewisse Vorstellung von die Anatomie der weiblichen Geschlechtsorgane bekommt.

Für die allermeisten auch in Bulgarien ist das Zurschaustellen der primären weiblichen Geschlechtsorgane im Rahmen der Leggins-Diktatur an erster Stelle ein willkommener öffentlicher Nachholunterricht in Sachen Sexualkunde, wozu man allerdings die Kunst des verstohlenen Hinsehens, also des eigentlichen Nicht-Hinsehens, beherrschen muss.

Den Jüngeren fällt das nicht schwer, denn sie sind damit groß geworden. Sie kriegen ja sowieso kaum noch etwas mit von dem, was passiert.

Unter den wenigen radikalen männlichen Ewiggestrigen gibt es aber auch solche, die jetzt ihrerseits Leggins tragen, unter denen sie nunmehr ihr männliches primäres Geschlechtsorgan abzeichnet.

Ein Phänomen, dass neben dem allgemeinen Tragen von Ganzkörper-Leggins bereits in David Eggers „Every“ beschrieben wurde.

Foto&Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (147)

Denkmal für die Sexarbeiterinnen

In Bulgarien ist vieles anders als in Deutschland und das meiste sogar umgedreht, ich erwähnte das bereits mehrfach. So gibt es in Sofia nicht nur ein Denkmal für die Sowjetische Armee, über das ich schon einige Male berichtet habe, zuletzt hier, sondern auch eins für die ins Ausland gegangen Bulgarischen Sexarbeiterinnen. Ihre genaue Anzahl ist nicht bekannt und auch nicht, warum das Denkmal ausgerechnet in dem Park vor dem Verteidigungsministerium steht. Aber immerhin, man gedenkt ihnen – in Deutschland undenkbar.

Foto&Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (146)

Während in Deutschland Verstorbene für Kreditinstitute (noch) uninteressant sind, ist man da in Bulgarien schon weiter. Hier werden selbst Toten noch Kredite angeboten.

So zum Beispiel von Rositza von „EasyCredit“. Ihr omnipräsenter Aufkleber auf der Pinnwand für die Todesanzeigen fragt die Verstorbenen ganz direkt: „Brauchst du Geld?“ Man kann „EasyCredit“ und Rositza auch anrufen, selbst aus dem Jenseits, auch wenn man gerade kein Geld dabei hat. Die 0700-Number ist kostenlos.

Fotos&Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (145)

Jazz am Montag

Am Montag war ich zu einem Konzert, Jazz mit Orchester. War ziemlich gut. Heute gehe ich wieder, “Rhapsodie in Blue”. Eintritt kostet im Vorverkauf acht Lewa (vier Euro) und an der Abendkasse zehn Lewa (fünf Euro). Vorm Konzert fragte mich ein Bulgare, woher ich komme. Als ich sagte, dass ich aus Deutschland komme, meinte er, er wisse bescheid. Er sei rumgekommen in Europa. In Deutschland sei es am schlimmsten. Corona-Knast nannte meine erste Heimat. Das wichtigste hätten sie den Menschen aber überall genommen in der Welt. Und nun auch noch Affenpocken. Manche nennen es auch Monkey Business. Jetzt nicht beim Konzert. Da war alles ganz normal. Obwohl, ist Jazz mit Orchester so alltäglich? Ich weiß es gar nicht.

Foto&Text TaxiBerlin

Bericht aus Bremen (4)

Flohmarkt in Bremen*

Morgen kommen Joachim und seine Frau, die durch meinen ersten Artikel „Bulgarien – die große Freiheit“ auf Multipolar auf das Land am Rand und auf mich aufmerksam geworden sind, in die Schluchten des Balkans. Übermorgen kommen sie mich in der ärmsten Region im Nordwesten besuchen, die erste Nacht verbringen sie in Sofia. Ich freue mich schon sehr, die beiden persönlich kennenzulernen. Was Sofia angeht, sei der Blick auf das Vitosha-Gebirge erwähnt, den man aber nicht verpassen kann. Am Ende des gleichnamigen Boulevards gibt es seit einiger Zeit ein Denkmal des von mir geschätzten Autors Aleko Konstantinow, der nicht nur eines der von mir herausgegebenen Bücher von ihm, und zwar den „Bai Ganju“ unter dem Arm hält, sondern darüber hinaus ganz bewusst Richtung Gebirge blickt. Aleko war ein großer Fan der bulgarischen Gebirge, die er ohne Übertreibung als „Die bulgarische Schweiz“ bezeichnete. Ist man einmal am Ende des Boulevard „Vitoshas“ angekommen, sollte man unbedingt weitergehen. Hinter dem „Nationalen Kulturpalast“ spielt traditionell und „open air“ mein Freund der Dudelsackspieler, er ist dort so eine Art Institution, auf der „Brücke der Verliebten“, vorausgesetzt das Wetter erlaubt es. Ihn habe ich vor jetzt fast 30 Jahren auf der Straße kennenglernt. Damals gab es noch kein Internet. Es folgt der vorerst letzter Bericht von Joachim aus Bremen, der wie gesagt durch meinen ersten Bericht im Internet auf „Bulgarien – die große Freiheit“ und auf mich aufmerksam geworden ist. Seinen „Bericht aus Bremen“ hat er mir übers Internet per e-mail zukommen lassen hat. Es ist deswegen sein vorerst letzter Bericht aus der Stadt an der Weser, weil er morgen zusammen mit seiner Frau nach Bulgarien aufbricht, wozu ich ihnen „Guten Flug!“ wünsche.

Bericht aus Bremen (4)

Natürlich gibt es auch andere Dinge zu erledigen. Nicht nur jene, die sich um Bulgarien drehen. Aber es reizt mich schon, in den von Rumen vorgeschlagenen Büchern zu lesen und mehr darüber zu erfahren, was dieses Land ausmacht.

Gefunden habe ich in „Vaters Land“ einige Hinweise darauf, wie das Leben dort in der Zeit des Kommunismus verlief. Wie dieser Vater seine Liebe zur deutschen Sprache nutzte, um sich vor der bulgarischen Wirklichkeit zu schützen. Für die Tochter allerdings hatte dies zur Folge, dass sie von bulgarischen Spielkameraden abgeschottet wurde. Fast aus Trotz begann sie, Bulgarien zu lieben. Ihre Liebe zum Land musste sie dem Vater gegenüber allerdings geheimhalten. Heute jedoch kann sie schreiben: „Bulgarien ist nichts für verbohrte, verkopfte, prüde Ordnungsfanatiker. Und schon gar nichts für solche, die ständig ein Haar in der Suppe suchen. Man muss sich der Unberechenbarkeit dieses Landes stellen wollen, denn Bulgarien ist eine Schule der Überlebenskunst.“

Ist das „Bulgarienkitsch“, wie mir eine Besprechung zu diesem Buch weismachen will? Ich kann es nicht sagen. Interessant fand ich ihre Schilderungen zu den sogenannten „Sohnesmüttern“. Darin zeigt sie auf, wie schwer es ist für die Schwiegertöchter gegen diese enge Bindung von Mutter und Sohn, also ihrem Ehemann, anzukommen. Und die ihr fehlende Liebe und Zuneigung kompensiert sie später, wenn sie selbst Mutter eines Sohnes ist. „Die enttäuschte junge Ehefrau, im stummen Schweigen böse auf ihren Ehemann und seine allgegenwärtige Mutter, wird wiederum ihren Sohn genauso für sich vereinnahmen, wie es die verhasste Schwiegermutter seinerzeit mit ihrem Mann getan hat.“

Gut, dass ich schon verheiratet bin. Dieser Situation muss ich mich nicht aussetzen. Dennoch bin ich neugierig, ob diese Beschreibungen zum bulgarischen Mann zutreffend sein werden. Alles Muttersöhnchen mit Macho-Gehabe? Wird wahrscheinlich nicht zutreffen wie so viele Verallgemeinerungen und Pauschalurteile über Männer.

Wir haben noch vier Tag bevor unser Flug von Frankfurt aus startet. Die Route wurde uns schon etwas genauer mitgeteilt, zumindest was die Orte und die Stadtführungen anbelangt. Die Namen und Adressen der Hotels erhalten wir bei Ankunft von unserem „Guide“ am Flughafen in Sofia. Ich hatte Rumen gefragt, was ich mitbringen könnte aus Deutschland. Ob ich dabei doch wieder an das „Armenhaus Europas“ dachte, kann ich nicht sicher verneinen. Ich dachte mir, es könnte etwas geben, das er dort in den Schluchten des Balkans vermisst. Vollkornbrot vielleicht oder „gute“ Butter oder eine bestimmte Sorte Kaffee? Alles Blödsinn, fiel mir ein, es gibt dort Lidl und Co., wo man das auch kaufen kann.

Ich könne ihm was von Bremen mitbringen aber nichts Gekauftes oder Neues. Irgendetwas, das als Andenken dienen könnte. Die Miniatur Bremer Stadtmusikanten aus dem Bremer Devotionalienladen durften es also nicht sein. Auch nicht die Bremer Babbeler, Bremer Kaffeebrot oder Bonbons aus der Bremer Bonbonmanufaktur. Ebenso kommt dann nicht mehr in Frage der Bremer Klaben oder die Bremer Senatskonfitüre, der Bremer Schnoorkuller und die Bremer Kluten. Wäre ja alles gekauft und (hoffentlich) neu.

Was tun? Ich kann die Stadtmusikanten (alt, abgegriffen) nicht abmontieren und mit in die Schluchten des Balkans nehmen. Mein Gepäck hat eine Obergrenze von 23 kg. Typische Bremer Klinkersteine, wie sie an den Fassaden der alten Bauten zu sehen sind, wären nun auch nicht besonders leicht. Und Fisch aus der Weser? Ich weiß nicht so recht. Also keine Kunst, kein Baumaterial und nichts Essbares.

Hier in Bremen gibt es einen großen Platz, der für allerlei Veranstaltungen zur Verfügung steht, die Bürgerweide. Tatsächlich war dieser Platz bis ins 19. Jahrhundert eine Weidefläche wohin Bremer Bürger ihre Pferde und Kühe treiben durften. Heute findet dort jeden Sonntag ein Flohmarkt statt, wo zwar auch neue Dinge angeboten werden, doch größtenteils Altes und Gebrauchtes. Ich werde die Zeit nutzen und mich dort umsehen. Vielleicht fällt mir etwas auf, das den Vorgaben Rumens genügen wird.

* Ein Bild gibt es auch dazu. Darauf ist „Duni“ zu sehen, ein junger Mann aus Moldavien, den ich angesprochen habe, weil ich verstand, er käme aus Bulgarien… Er bot mir gleich an, mir zu helfen, wenn ich einmal in seiner Heimat Urlaub machen wollte und tauschte mit mir seine Telefonnummer. So schnell gewinnt man „Freunde“.

Foto&Text JoachimBremen

Bericht aus Bulgarien (144)

Den Paten gibt es für fünf Lewa (2,50€) auch als Socke

Erfahre gerade aus dem Bulgarischen Nationalradio „Christo Botew“, dass Ministerpräsident Kiril Petkow gerade unterwegs nach Davos ist, um am Treffen des Weltwirtschaftsforums von Klaus Schwab, der für mich gar kein richtiger Mensch sondern eine Mischung aus Roboter, Maschine, Alien und Echse ist, teilzunehmen. Nach seinem Amtsantritt Ende letzten Jahres ist Kiril Petkow, der gewählt wurde, weil er vorgab die Korruption im Land zu bekämpfen, nach Brüssel zu Ursula von der Leyen geflogen und hat sich von ihr jede Menge Impfstoff aufschwatzen lassen. Jetzt also Davos, wo er sich seine Belohnung für den „genialen Schachzug“, die „militärtechnische Hilfe“ für die Ukraine bei gleichzeitigen verbotenen Waffenlieferungen ins Kriegsgebiet, bei Klaus Schwab, dem Paten von Ursula von der Leyen uns Olaf Scholz, abholen dürfte. Klaus Schwab hat schon 2017 vor laufenden Kameras ganz offen zugeben, dass er weltweit die Parlamente „penetriert“ hat. – Danke dem großen Penetrierer für Leadership! Heil Schwab! Klaus befiel, wir folgen dir!

Foto&Text TaxiBerlin