Aber nicht nur optisch und pflegetechnisch sind die Metro-Stationen in der bulgarischen Hauptstadt besser, sondern auch technisch. Am Bahnsteigrand gibt es eine Art Glaszaun mit Türen, die sich erst öffnen, wenn die U-Bahn eingefahren und zum Halten gekommen ist. Es kann also in Sofia nicht passieren, dass jemand auf die Gleise fällt und überfahren wird, auch nicht unbeabsichtigt. Die U-Bahn wurde übrigens vom Russen, also von Putin gebaut. Die einzelne Fahrt kostet 1,60 Lewa (80 Cent), die Tageskarte 4 Lewa (2 Euro).
Fotos&Text TaxiBerlin
Foto&Text TaxiBerlin
Ein wichtiges Thema in den Gesprächen, die ich mit Freunden und Bekannten führe, ist, wie es im Herbst weiter geht. Für mich ist es in gewisser Weise die Fortführung meiner Gespräche im Taxi, in dem man zwar nicht telefonieren durfte, dafür aber alles sagen – sogar die Wahrheit. Diese Gespräche im Taxi gehören der Vergangenheit an, sind sozusagen Geschichte, weil ich Uber-Corona-bedingt meine Arbeit als Taxifahrer verloren habe. Meine letzte Schicht, sie war Anfang März 2020, liegt über zwei Jahre zurück. Aus meinen aktuellen Gesprächen mit Freunden und Bekannten weiß ich, dass nicht alle Menschen einen so intensiven Austausch pflegen. Es soll auch solche geben, die bestimmte Thema aussparen, beispielsweise Corona, die Maßnahmen oder die Impfung. Bei manchen sollen diese Themen regelrecht tabu sein. Meine Gesprächspartner gehören nicht dazu, und trotzdem wissen auch sie nicht, wie es weiter geht, geschweige denn, wie sich sich auf das, was da auf uns zukommt, vorbereiten könnten. In Bulgarien sieht es da etwas anders aus. Hier bereiten sich vielen Menschen auf den Herbst und den kommenden Winter vor, indem sie jetzt schon Holz kaufen. Üblicherweise wird damit im September begonnen. Der Preis für Brennholz ist bereits um ein Drittel gestiegen, Tendenz weiter steigend. Auch in Deutschland gibt es Menschen, die sich vorbereiten. Sie kaufen aber kein Holz, sondern Diesel-Generatoren, mit denen sie im Winter heizen wollen. Oft sind es Klima-bewegte und Welt-retten-wollende Aktivisten, die sich jetzt solche stinkenden Generatoren in den Keller stellen, gegen dessen Gebrauch sie gestern noch auf die Straße gegangen sind. Im Sommer mag sich “Kalt Duschen für den Frieden” gut anhören – im Winter sieht die Welt da schon anders aus. Das wissen auch sie, die immer noch denken, dass am deutschen Wesen die Welt genesen soll. Auch das Innenministerium in Berlin bereitet sich vor. Volksverräterin des Inneren Nancy Faeser ließ neulich verlauten: “Wir sind vorbereitet, auch auf mögliche neue Protestgeschehen.” – Es stellt sich die Frage, auf WAS genau man sich WIE vorbereitet im Innenministerium gegenüber vom Berliner Hauptbahnhof. Kauft man neue Schlagstöcke, neue Wasserwerfer? Richtet man neue Verhaftungsstraßen ein oder baut man gar neue Gefängnisse? Denn Proteste sind praktisch garantiert. Schon jetzt wollen 44 Prozent der Deutschen im Herbst auf die Straße gehen. Ihre Zahl dürfte in den nächsten Wochen und Monaten weiter zunehmen. Die Frage nach der Vorbereitung ist auch deswegen von Interesse, weil, wie bereits erwähnt, keiner meiner Gesprächspartner in der Heimat sie derzeit für sich beantworten kann. Ich habe mich schon im letzten Jahr vorbereitet, indem ich im Sommer einen neuen Ofen, mit dem ich auch Brot backen kann, im Angebot gekauft habe. Holz für meinen Ofen habe ich auch noch genug, der halbe Stall ist voll Brennholz, weil ich in der Vergangenheit nur im Sommer hier war und deswegen kaum heizen musste. Aktuell trockne ich Kräuter, aber auch Brennesseln, um mir im Winter Tee daraus zu machen. Im Garten habe ich Tomaten angepflanzt, die langsam aber sicher reif werden. Da es mehr sind, als ich verbrauchen kann, werde ich einen Teil an meine Nachbarn verschenken und den Rest für den Winter einmachen. Im Herbst werde ich auch wieder Gemüse einlegen, man bekommt es dann auf dem Basar praktisch nachgeworfen. Außerdem versuche ich Strom zu sprachen, da dieser seit 1.Juli in Bulgarien teurer geworden ist. Meinen Boiler habe ich schon seit Monaten nicht eingeschaltet. Entweder nutze ich meine Sommerdusche oder gehe in mein eigenes Mineralbad im Wald (Foto). Dort kommt das Mineralwasser permanent mit gut 30 Grad aus der Erde. Ich kann also auch im Winter nicht nur warm duschen, sondern sogar warm baden gehen.
Foto&Text TaxiBerlin
“Wenn du Deutschland liebst, dann besuche es lieber nicht.” Jorge Luis Borges
Dass Heinrich Heine nachts nicht schlafen konnte, wenn er an Deutschland gedacht hat, das ist bekannt. Dass der österreichische Autor Thomas Bernhard von Deutschland geträumt hat, das wissen schon weniger. Dass es sich dabei um apokalyptische Alpträume gehandelt hat, ist wiederum keine Überraschung, allerdings nur für diejenigen, die schon einmal etwas von dem Autor aus Österreich gelesen haben. Da die deutschen Alpträume des Österreichers Thomas Bernhard sehr meinen eigenen Träumen gleichen, veröffentliche ich sie nachfolgend :
“Ich träumte von Deutschland mit solcher Intensität, weil ich daraus geflohen bin, von Deutschland als von dem hässlichsten und lächerlichsten Land der Welt. Alles, was die Menschen in diesem Land immer als schön und bewundernswert empfunden haben, war nur mehr noch hässlich und lächerlich, ja immer nur abstoßend und ich fand nicht einen einzigen Punkt in diesem Deutschland, der überhaupt akzeptabel gewesen wäre. Als eine perverse Öde und eine fürchterliche Stumpfsinnigkeit empfand ich Deutschland. Nur grauenhaft verstümmelte Städte, eine nichts als abschreckende Landschaft und in diesen verstümmelten Städten und in dieser abschreckenden Landschaft gemeine und verlogene und niederträchtige Menschen. Es war nicht zu erkennen, was diese Städte so verstümmelt, diese Städte so niederträchtig, das Eine wie das Andere so abschreckend auf eine totale tödliche Weise, müssen Sie wissen. Sah ich Menschen, hatten sie nur gemeine Fratzen, wo sie ein Gesicht haben sollten, machte ich Zeitungen auf, musste ich an dem Stumpfsinn und an der Niedertracht, die darin abgedruckt war, erbrechen, alles was ich sah, alles was ich hörte, alles, das ich wahrnehmen musste, verursachte mir Übelkeit.
Zu wochenlangem Sehen und Hören dieses widerwärtigen Deutschlands war ich verurteilt, bis ich schließlich aus Verzweiflung über dieses tödliche Hören und Sehen bis auf die Knochen abgemagert war; ich hatte vor Widerwillen gegen dieses Deutschland keinen Bissen mehr essen, keinen Schluck mehr trinken können. Ich sah, wo ich auch hinschaute, nur Hässlichkeit und Gemeinheit, eine hässliche und verlogene Natur und hässliche und gemeine und verlogene Menschen, das absolut Schmutzige und Gemeine und Niederträchtige dieser Menschen. Und glauben Sie nicht, dass ich nur die Regierung und nur die sogenannte Oberschicht dieses Deutschlands gesehen habe, alles Deutsche war mir aufeinmal das Hässlichste, das Dümmste, das Abstoßendste. In schwergeschädigtem Zustand setzte ich mich schließlich, nachdem ich mehrere Male durch dieses hässliche und gemeine und dumme Deutschland gelaufen war, auf meine atemlose Art, auf einen Trümmerhaufen auf dem Berliner Teufelsberg, von wo ich auf die von ihren Bewohnern total abgestumpfte und von den Architekten total vernichtete, aber noch immer in ihrem perversen Größenwahn schmorende Stadt Berlin hinunterschaute.
Was haben die deutschen Menschen in nur vierzig oder fünfzig Jahren aus diesem europäischen Juwel gemacht?, dachte ich, auf dem Trümmerhaufen sitzend. Eine einzige Architekturscheußlichkeit, in welcher die Berliner als nihilistische Juden- und Ausländerhasser in ihrer schauerlichen Leder- und Lodentracht zu Zehntausenden hin- und herrannten. Auf dem Trümmerberg auf dem Berliner Teufelsberg musste ich sozusagen aus Welterschöpfung eingenickt sein, denn ich wachte aufeinmal auf dem Frankfurter Feldberg auf. Und stellen Sie sich vor, was ich vom Feldberg aus, nachdem ich aufgewacht war, zu sehen bekommen habe, nicht auf dem Trümmerhaufen wie auf dem Berliner Teufelsberg, sondern auf einer morschen Holzbank oberhalb der sogenannten Taunusstraße: dieses ganze widerwärtige, schließlich nurmehr noch bestialisch stinkende Deutschland mit all seinen gemeinen und niederträchtigen Menschen und mit seinen weltberühmten Kirchen- und Kloster- und Theater- und Konzertgebäuden ist vor meinen Augen in Flammen aufgegangen und abgebrannt.
Mit zugehaltener Nase, aber mit weit aufgerissenen Augen und Ohren und mit einer ungeheuerlichen Wahrnehmungslust habe ich es langsam und mit der größtmöglichen theatralischen Wirkung auf mich abbrennen gesehen, solange abbrennen gesehen, bis es nurmehr noch eine zuerst gelbschwarze, dann grauschwarze stinkende Fläche aus klebriger Asche gewesen ist, sonst nichts mehr. Und als ich von der deutschen Regierung, die, wie Sie wissen, immer die dümmste Regierung auf der Welt gewesen ist, und von den deutschen Professoren, der immer die gefinkeltsten auf der Welt gewesen sind, auch nurmehr noch kaum erkennbare christlich-soziale und katholische und protestantische Reste gesehen habe in dieser stinkenden grau-schwarzen Brandöde, atmete ich, wenn auch hustend, so doch erleichtert auf.
Ich atmete so erleichtert auf, dass ich aufgewacht bin. Zu meinem großen Glück in Bulgarien, in jenem Land, das mir aus allen Gründen von allen Ländern das nächste und also das liebste ist, wie Sie wissen. Wenn dieses lächerliche Deutschland auch schon seit vielen Jahrzehnten nicht und in keinem Falle mehr der Rede wert ist, so ist es doch vor allem für Sie interessant, mein Herr, wie ich denke, dass ich selbst nach so vielen Jahrzehnten wieder einmal davon geträumt habe.”
Komme gerade von der Werkstadt. Mein Bürgermeister hat mich am heutigen Sonntag persönlich hinbegleitet, was hilfreich war, vor allem deshalb, damit ich die Werkstatt auch finde. Denn bei mir auf dem Dorf gibt es keine Öffnungszeiten, hier arbeitet jeder praktisch immer. Die Werkstatt gehört Ivo, der mich immer freundlich mit “Gutten Tack” begrüßt. Jetzt weiß ich, dass Ivo nicht nur etwas Deutsch kann, sondern dass er auch eine eigene Werkstatt hat, dass er Maistor ist. Warum ich kommen würde, wollte er als erstes wissen, das Auto würde noch fahren. Dann fuhr er selbst ein kurzes Stück und hatte sogleich das Problem erkannt. “OK, die Bremsen quietschen und müssen gemacht werden”, als er das sagte, war der Wagen schon angehoben und beide Vorderräder abmontiert. Dann die Manschetten, die sind durch, und noch ein Teil, aber nur rechts, dessen Namen ich nicht weiß, das hat zu viel Spiel und muss erneuert werden. Die Diagnose von Ivo samt Abbau sämtlicher Teile dauerte keine zwanzig Minuten, in der er sich dreimal die Hände gewaschen und alles alleine gemacht hat. Ich fragte ihn, ob er keine Arbeiter hätte. Doch, die vier um ihn herum seien seine Mitarbeiter, aber er arbeite auch noch. Da saß Ivo schon am Computer und bestellte die Teile. Das Teil, dessen Namen ich nicht weiß, ist das teuerste. Das soll 140 Lewa (70 Euro) kosten. Der Rest 110 Lewa (55 Euro), für die Arbeit will er 100 Lewa (50 Euro). Klingt alles ganz OK für mich, aber ich hab’s im Moment nur in Euro. Auch das kein Problem für Ivo, er muss sowieso auf die Teile warten. Die kommen morgen früh, wenn nichts dazwischen kommt, ist der Wagen morgen mittag fertig. Nun hätte mich mein Bürgermeister, der immer noch da war, eigentlich zurück fahren können, aber das Gespräch kam jetzt auf Frauen. Dass meine aus Kalifornien kommt, rief Begeisterung und auch Pfiffe hervor. Ivo hatte ein Foto von ihr gemacht, er saß uns bei der Geburtstagsparty des Bürgermeisters gegenüber, das er jetzt zeigte. Ob ich Frauen aus Kalifornien besorgen könnte, war die nächste Frage. Wieviel denn, fragte ich zurück. Jetzt wurde durchgerechnet, und man kam auf sieben. Für meinen Bürgermeister, Onkel Emil, war auch eine dabei, und für den sympathischen Dicken, er heißt Svetli und ist LKW-Fahrer, der immer lacht, zwei. Also sieben, sagte ich, aber dann brauche ich einen Bus. Der Bus wäre kein Problem, den könnte man im Laufe der Woche klar machen. Ich fand die Idee gut, vor allem weil ich dann ein Ausweichauto habe, falls sich Ivo nicht als der große Maistor entpuppt, als der er mir erscheint. Jetzt muss ich nur noch die Puppen, Verzeihung, die Frauen finden. Amerika ist ein bisschen weit. Außerdem glaube ich, dass es auch Deutsche tun würden. Die Zeit, dass Bulgaren nach Deutschland gegangen sind, ist zwar noch nicht vorbei, aber es machen sich auch immer mehr Deutsche in der Gegenrichtung auf den Weg. Es ist also nicht ganz so abwegig mal anzufragen, wer eventuell auf halber Strecke von mir mit einem Bus abgeholt werden möchte, um sich einmal in den Schluchten des Balkans umzusehen. Wie gesagt, Öffnungszeiten gibt es praktisch keine bei mir auf dem Dorf, darüber hinaus kann ich einen Willkommens-Empfang beim Bürgermeister praktisch garantieren.
Foto&Text TaxiBerlin