Während du dich sorgst, wie du deine Miete und dein Gas bezahlen sollst, kauft ein anderer jede Menge Land. Gut, nicht dein Land, denn du hast keins. Und auch nicht in Europa, denn dass ist ihm zu klein. Die Rede ist von Bill Gates, der in anderen Dimensionen denkt. Der Mann will die Welt retten, völlig selbstlos, das ist klar. Nur deswegen hat er in den letzten Monaten, während weltweit die schlimmste Panikdämie ever wütete, so viel Land gekauft hat, dass er jetzt mit 100.000 Hektar in 19 US-Bundesstaaten der größte private Ackerlandbesitzer in den USA ist. Ich finde das gut, dass das endlich mal jemand organisiert, am besten militärisch. Das habe ich damals bei der “nationalen Kraftanstrengung” in unserem Lande immer sehr vermisst, und zwar den Plan. Bill scheint einen zu haben, und er lautet, wenn ich es richtig verstanden habe: “Am Gates’chen An-Wesen soll die Welt genesen.” Deswegen kann mich da auch nur den Worten unserer blonden Ursula anschließen: “Thank you Bill for leadership!” Und wenn ich etwas persönliches hinzufügen darf, dann dies: “Bill befiehl, ich folge dir!” (Ich meine, jetzt wo ich bald frieren und nichts mehr zu fressen haben werde, was soll ich sonst auch tun?! Gut, ich könnte dem Bill helfen. Immerhin habe ich Erfahrung in der Landwirtschaft und darüber hinaus eine Melkberechtigung. Denke mal, dass die noch gültig ist.)
Kollege Robert Zimmermann alias Bob Dylan ist mal wieder auf Tour, im Moment irgendwo in den USA, im Oktober kommt er nach Berlin. Seine weltweiten Auftritte, auch als “Never Ending Eour” bekannt, sollen diesmal bis 2024 andauern. Keine Ahnung, ob er das durchhält. Dylan ist jetzt auch schon 81 Jahre alt. Meine Vermutung ist, dass er auf der Bühne sterben wird und möglicherweise ist das auch sein Wunsch. Man findet seine aktuellen Auftritte in der Regel als komplette Mitschnitte bei YouTube. Die meisten nur als Audio, dafür in guter Qualität, wie obiger Mitschnitt vom Freitag den 1. Juli 2022, also vor nur wenigen Tagen. Die Show trug den Titel THINGS AREN’T WHAT THEY WERE …, wir hören davon den Titel “Key West”. Ich war noch nie in Key West, aber mein jüngerer Bruder, den ich im Juni, als ich in Deutschland war, besucht habe. Bobby singt meinem jüngeren Bruder aus dem Herzen, dass Key West “The Place To Be” ist. Ich kann dazu nichts sagen, da ich wie gesagt noch nie in Key West war. Möglicherweise meint Bobby das auch nur, weil er seinerseits noch nie in Bulgarien war. Ich halte das für absolut möglich und wenn ich ganz ehrlich sein soll, sogar für sehr wahrscheinlich. Für mich trifft es auf jeden Fall zu. War einst Berlin für mich “The Place To Be”, so ist es heute Bulgarien für mich. Im Moment ist noch nichts darüber bekannt, ob Bobbys “Never Ending Tour” ihn auch in die Schluchten des Balkans verschlagen wird. Bob Dylan ist für Überraschungen bekannt, also warum nicht der Balkan?! Vielleicht wird er dann sogar auf irgendeiner Balkan-Bühne einfach tot umfallen. Ich will es nicht beschreien oder gar herbeischreiben, sondern es im Gegenteil positiv sehen, und da ist es so, dass man sich auf dem Balkan mit dem Sterben sehr gut auskennt.
Höre gerade zum ersten Mal vom Philanthrokapitalismus. Wenn ich es richtig verstehe, kann man sich den Philanthrokapitalismus so vorstellen. Man nehme einen Philanthropen wie Bill Gates. Der verdient an Netzen, die gegen Malaria schützen sollen. Um sicher zu gehen, dass sie auch gebraucht werden, lässt er parallel Mücken, die Malaria verbreiten, gentechnisch so verändern, dass sie “robuster” werden, wie man herausgefunden hat. Was wie ein guter Plan klingt, ist in Wirklichkeit ein alter Hut. Schon Oscar Wilde war er bekannt, als er über Philanthropen wie Bill Gates sagte: “Philanthropen verlieren jedes Gefühl für Menschlichkeit. Das ist ihr hervorstechender Charakterzug.” Und weiter über Philanthropie meinte Oscar Wilde: “Die Philanthropie ist einfach die Zuflucht solcher Leute geworden, die ihre Mitmenschen zu belästigen wünschen.” – Gut, den Philanthrokapitalismus, den kannte Oscar Wilde noch nicht. Den Philanthrokapitalismus mittels Aphorismus zu beschreiben, das ist unsere Aufgabe.
Von Martins Kanal “Rationaler Widerstand”
Am Donnerstag war ich zusammen mit meinem besten bulgarischen Freund Martin zu einem Vortrag von Iwan Spirdonow zum Thema Transhumanismus. Iwan Spirdonow hat das erste Buch in Bulgarien zu dem Thema geschrieben, es ist 2021, also letztes Jahr, erschienen. Der von Martins “Ost-West” Verlag organisierte Vortrag fand in einer Art Künstler-Villa statt, dem “Haus Sofia”, und ungefähr 50 Menschen haben sich zu ihm eingefunden. Nach dem Vortrag wurden Fragen gestellt, eigentlich an den Autor, aber eine ist auch an mich herangetragen worden. Ich wurde gefragt, ob es derartige Vorträge und Veranstaltungen zu solchen oder ähnlichen Themen aktuell auch in Deutschland gibt. Ich tat mich schwer, die Frage zu beantworten, weil ich nicht in Deutschland lebe, und ich wollte auch nichts Falsches sagen. Deswegen möchte ich die Frage an meine Leser in der Heimat weitergeben. Damit diese eine Vorstellung davon bekommen, wie und worüber in Bulgarien diskutiert wird, veröffentliche ich obiges Interview, das mein Freund und Übersetzer Martin in dieser Woche mit seinem englischen Freund Joseph geführt hat, den ich neulich auf dem Jazz-Festival in Sofia kenngelernt habe. Dort war ich mit meinem englischen Freund Jerry, der auch Martins englischen Freund Joseph kennengelernt hat. Bei der Gelegenheit stellte sich heraus, dass beide aus demselben Vorort von London kommen. Die Welt ist ein Dorf, Bulgarien sowieso, das ist bekannt, man trifft sich aber mittlerweile nicht mehr in Berlin oder Prag, sondern in Sofia, was neu ist. Auch um ohne verschwörungstheoretischem Schaum vorm Mund ganz normale Themen zu diskutieren, erlaube ich mir hinzuzufügen.
Nach “Corona für alle” gibt es in den Schluchten des Balkans jetzt “Geld für jeden” (“пари за всеки”), beispielsweise beim Tanken. Seit wenigen Tagen bekommt man in dem kleinem Land am Rand, das Deutschland in der Zeit voraus ist, 25 Stotinki (13 Cent) pro Liter zurück. Offiziell ist es eine “Anti-Inflations-Maßnahme” der Regierung, die kürzlich ein Misstrauensvotum verloren hat. Sie wurde also nicht gestürzt, wie es in Deutschland zu lesen war, sondern demokratisch im Parlament abgewählt, ist aber übergangsweise noch im Amt. Und nachdem die pro-westliche, sprich neo-liberale, also im Sinne der USA Politik machende Regierung neulich noch 70 russische Diplomaten ausgewiesen hat, sollen nun auch noch die eigenen Leute besser überwacht werden. Denn der eigens fürs Zurückzahlen der 25 Stotinki ausgebildete Tankstellen-Mitarbeiter muss dabei die Daten der “Glücklichen” aufnehmen und speichern, selbst bei Barzahlung. Da man fürs Aufnehmen und Speichern der Daten eine spezielle Software benötigt, die über 3.000 Lewa (1.500 Euro) kostet, können dies nur große Tankstellen, darunter die der russischen Kette “Lukoil”, leisten. Das hat zur Folge, dass hierzulande derzeit keiner an den kleinen Tankstellen tankt, denn nicht wenige Bulgaren brauchen die 25 Cent pro Liter Benzin schlichtweg um zu Überleben. Die demokratisch abgewählte, aber übergangsweise noch amtierende pro-westliche, sprich neo-liberale, also im Sinne der USA Politik machende Regierung schlägt damit zwei Fliegen mit einer Klappe: Sie macht die kleinen kaputt und kontrolliert alle. – Schöne Neue Welt 2022.
Foto&Text TaxiBerlin
“Wenn wir Deutschland verlieren, verlieren wir Europa” – so steht es in den Uber Files. Dafür ist bisher wenig aus Deutschland über Uber zu hören, praktisch gar nichts. Der deutsche Tenor ist der, dass “die aggressiven Jahre des Fahrdienst-Vermittlers” vorbei seien, “man heute ein anderes Unternehmen sei”. – Wirklich? Ich halte mich an das, was der Mann in obigem Video auf deutsch sagt: “Jetzt fangen wir erst richtig an” (ab 11:10), und das kann ich auch nur jedem empfehlen.