Bericht aus Bulgarien (363) – “9 zu 7 1/2”

Der heutige 21. Dezember ist der kürzeste Tag im Jahr, auch Wintersonnenwende und kalendarischer Winteranfang genannt. In Bulgarien ging die Sonne heute um 7:54 Uhr auf und um 16:55 Uhr wird sie untergehen. Wenn der Himmel klar ist, so wie gerade, bedeutet das ziemlich genau neun Stunden Sonnenschein. In Berlin ging die Sonne heute um 8:15 Uhr auf, und um 15:53 Uhr wird sie untergehen, was gerade mal sieben Stunden und 37 Minuten Sonnenschein bedeuten würden, vorausgesetzt, es ist nicht bedeckt. Bulgarien ist Berlin also nicht nur in der Zeit voraus, da um genau eine Stunde, sondern auch was die Sonnenstunden angeht. Hier sogar um fast eineinhalb Stunden. Gleich ist, dass es ab sofort bergauf geht, die Tage länger werden, damit auch die möglichen Sonnenscheinstunden, und das sowohl in Berlin, als auch in Bulgarien.

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Bericht aus Bulgarien (362) – “The Balkan is my Base”

Den Aufstieg immer vor Augen
Früher fand ich es immer ziemlich bescheuert, wenn Leute sagten: “Berlin is my Base” oder “I’m based in Berlin”, und wenn ich ganz ehrlich sein soll, finde ich es immer noch bescheuert – vielleicht sogar noch bescheuerter, als ich es früher fand. Das liegt nicht an den Leuten, die das sagen, sondern daran, dass Berlin immer bescheuerter geworden ist in den letzten Jahren. Mittlerweile kann ich mir nicht mehr vorstellen, in Berlin zu leben. Jetzt ist der Balkan mein Pflaster. Das ist nicht neu, aber gerade fiel mir “The Balkan is my Base” ein, womit die Schluchten des Balkans gemeint sind, was ich gar nicht schlecht finde. OK, viel besser wie “Berlin is my Base” oder “I’m based in Berlin” hört sich “The Balkan is my Base” im ersten Moment nicht an. Aber es geht auch nicht darum, wie sich etwas anhört, sondern wie ich es sich anfühlt. Und da fühlt sich der Balkan, fühlen sich die Schluchten des Balkans für mich echter, authentischer und auch richtiger für mich an. Sie sind aber nicht irgendeine “Base” für mich, wobei mir bis heute nicht klar ist, was die Leute mit “Base” genau meinen. Mein Eindruck ist, dass es vor allem ein Ausdruck von Heimatlosigkeit und Wurzellosigkeit, wenn nicht gar Hoffnungslosigkeit ist, wenn sie den Begriff “Base” verwenden. Vielleicht verwenden sie den Begriff “Base” auch im Sinne von “Basislager” bzw. “Biwak”, weil sie sich im Aufstieg auf einen Gipfel wähnen, obwohl sie sich doch nur in einem Hamsterrad von täglicher Arbeit und monatlichen Miet- und anderen Zahlungen befinden. All das sind die Schluchten des Balkans für mich nicht. Ich habe zwar eine so genannte Inversionsbank, mit der ich mich auf den Kopf stellen kann, um meinen Rücken zu trainieren. – Es ist nicht ganz unwichtig in diesen Tagen, seinen Rücken zu trainieren, “denn Leute ohne Rückgrat haben wir schon zu viel!” – Ein Hamsterrad ist diese Inversionsbank aber nicht. Meine “Base”, die Schluchten des Balkans, sie sind wirklich mein “Basislager” bzw. “Biwak”, von dem aus ich jeden Tag aufs Neue auf den Gipfel steigen kann, der sich direkt vor meiner Haustür befindet, und wozu mir Flugzeuge den Weg weisen.
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Bericht aus Bulgarien (361) – “Wer hält dagegen?”

Es ist noch nicht so lange her, da wurde all denen, die sich gegen die Impfung entschieden, der sichere Tod vorhergesagt. Obiger Beitrag mit seinem plakativen Titel “Leben | Tod” ist nur ein Beispiel von vielen. Ginge es nach ihm und ihrer Macherin, müsste ich längst tot sein. – Das Blatt ist gerade dabei sich zu drehen, und zwar zu “Tod durch Impfen”. Immer mehr Menschen sterben möglicherweise infolge der Impfung. Nun fordert sogar der Bundestags-Vizepräsident, dass jeder unerklärliche Todesfall, der innerhalb von 14 Tagen nach einer Impfung auftritt, automatisch als Verdachtsfall beim Paul-Ehrlich-Institut registriert wird. Es sollen sogar “regelhaft” Obduktionen bei allen Menschen vorgenommen werden, die innerhalb von zwei Wochen nach der Impfung verstorben sind. – Beim Wort “regelhaft” geht mir das Herz auf, denn ich liebe Regeln. Leider musste ich in letzter Zeit immer öfter die Erfahrung machen, dass sich nicht jeder an Regeln hält. Eher im Gegenteil: Regeln wurden regelmäßig regelrecht ignoriert. Dasselbe wird wohl auch mit der Forderung des Bundestags-Vizepräsident geschehen. Das ist sozusagen die neue Regel, auf die ich glatt zehn Euro wette! – Wer hält dagegen?
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Bericht aus Bulgarien (360) – “Gesund bleiben”

Gerade in meinem Ofen

Seit vor vier Wochen der erste Schnee gefallen und es kalt geworden ist, schlafe ich mit Pudelmütze. Das habe ich auch schon letzten Winter getan, denn in meinem Schlafzimmer gibt es keine Heizung. Die gibt es nur im Wohnzimmer, eine Art Wohnküche, wo ich gerade am Ess- und Schreibtisch bei einer Tasse Kaffee und einem Stück Stolle* diesen Bericht verfasse. Zuvor habe ich den Ofen sauber und ein Feuer aus bereitstehendem Holz gemacht, denn es waren nur noch 11 Grad im Raum. Mein Ziel sind mindestens zehn Grad mehr, was etwas dauert. Ich komme darauf, weil ich gehört habe, dass das in Deutschland schon zu warm ist. Das hat mich wiederum an einen meiner ersten Eindrücke im Westen erinnert, genau genommen war es in West-Berlin, wo ich viele Verwandte habe, und die ich nach dem Mauerfall sogleich aufsuchte. Die Mauer fiel im November, es war kalt, aber die Wohnung meines Onkels war nicht warm. Wäre ich jetzt in Deutschland, hätte ich gerade vermutlich genau dieses Déjà-vu an meinen ersten Besuch in West-Berlin. Alles kommt wieder, auch die kalten Wohnungen. In Bulgarien sind die Wohnungen im Normalfall auch nicht komplett geheizt. Der Unterschied zu Deutschland ist, dass es mindestens einen warmen Raum gibt. In der Regel ist das die Küche, bei mir die Wohnküche. Das ist wichtig, dass man einen richtig warmen Ort hat, wo man sich aufwärmen kann, und das kann ich auch nur jedem in Deutschland empfehlen. Deswegen werde ich nicht krank, wie gerade viele in der Heimat. Und deswegen kann ich auch kalt schlafen, wenngleich mit Pudelmütze.

* Die Stolle ist von meinem Bäcker aus meinem Heimatort. Ich werde ihn jetzt gleich mal anrufen, um ihm zu sagen, wie gut seine Stolle ist. Denn wir waren Klassenkameraden und haben zusammen Handball gespielt, wo er im Tor stand.

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Bericht aus Bulgarien (359) – “Proletopia Reaction”

Anonym hat diesen Kommentar über Ken Jebsen auf diesen Beitrag hinterlassen: “Jebsen ist einfach nur ein riesiges, narzisstisches Arschloch, unabhängig von dem, was er vertritt. Wer das nicht sieht, ist verloren.” – “Proletopia Reaction”, der die gesamte Sendung mit dem Gespräch mit Ken Jebsen auf 3Sat in obigem Video kommentiert, ist alles andere als ein Fan von Jebsen. Möglicherweise sieht er ihn sogar ganz genauso wie der anonyme Kommentator. Interessanter ist, so denke ich, wie er Mo Asumang, die Interviewpartnerin von Ken Jebsen, sieht. – Hörenswert!
Video Proletopia
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Bericht aus Bulgarien (358) – “Ombudsfrau warnt”

Ein Express-Bus aus Montana bei mir im Dorf

Ein Viertel, also 25 Prozent, der Kinder in Bulgarien wächst ohne elterliche Fürsorge auf oder lebt in einer Familie, in der ein Elternteil im Ausland arbeitet. Darüber informierte aktuell die bulgarische Ombudsfrau Diana Kovatcheva, die in dem Zusammenhang darauf hinwies, dass dieser Zustand bei Roma-Kindern sogar auf 40 Prozent zutrifft. Am schwerwiegendsten sei das Problem in der ärmsten Region des Landes, beispielsweise in der bei mir um die Ecke gelegenen Stadt Montana. Die genaue Anzahl der Kinder, die mit ihren Eltern nur per Viber, einer in Bulgarien viel benutzten Applikation ähnlich WhatsApp, kommunizieren, ist nicht bekannt. Maßnahmen und wirksame institutionelle Mechanismen sind für sie nicht vorgesehen, weswegen dies Konsequenzen haben werde, warnte die bulgarische Ombudsfrau. Worin diese Konsequenzen genau bestehen, blieb unklar.

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Bericht aus Bulgarien (357) – “Zensur”

“Zensur” von Hannes Hofbauer wird demnächst auch auf bulgarisch erscheinen. Mein Freund Martin Petrushev übersetzt es gerade. Zuvor hatte er mir das Buch zum Lesen zu geben, um meine Meinung zu erfahren. Man merkt, dass das Buch in der Schweiz erschienen ist, auch wenn der Autor Österreicher ist. Die Schweizer haben es einfach drauf. Ein Kapitel im Buch habe ich mehrfach gelesen, und zwar das über Ken Jebsen alias Kayvan Soufi-Siavas, der in obigem Video im Gespräch mit Mo Asumang ist. Das Kapitel über Ken Jebsen habe ich nicht nur deswegen mehrfach gelesen, weil es gut geschrieben ist – das ist das gesamt Buch. Ich habe das Kapitel über Ken Jebsen deswegen mehrfach gelesen, weil ich Ken Jebsen gesehen habe, wie er im Frühjahr 2020 auf einer Demonstration auf dem Rosa-Luxemburg-Platz erschien und sogleich von der Polizei verhaftet wurde. Dazu muss man wissen, dass Ken Jebsen damals in Berlin-Mitte um die Ecke wohnte, der Rosa-Luxemburg-Platz sozusagen sein Kiez war. Es war, wenn ich mich recht erinnere, der Spiegel, der seine Wohnanschrift bekannt gab, woraufhin Ken Jebsen und seine Familie bedroht wurden. Da war dann komischerweise keine Polizei da und auch keine woken Berlin-Mitte-Hipster-Gutmenschen. Die fanden die Bedrohung von Ken Jebsen und seiner Familie wahrscheinlich ganz OK. Davon gehe ich aus. Obiges Gespräch, das ich mir genauso anhöre, wie ich mir meine Fahrgäste im Taxi angehört habe, und zwar ohne sie sogleich beurteilen oder gar verurteilen zu müssen, beginnt mit “4G”. Ich hatte noch nie von “4G” gehört, immer nur von “2G” und “3G”. “4G” bedeutet “gesund”. Das bin ich auch. Ich bin aber nicht einfach nur gesund, sondern ich erfreue mich bester Gesundheit. Möglicherweise bin ich gesünder als je zuvor, zumindest fühle ich mich so. Und das, obwohl ich, ginge es nach unserem Gesundheitsminister, längst tot sein müsste.
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Bericht aus Bulgarien (356) – “Hinterm Mond leben”

Informationstafel in den Schluchten des Balkans
Man kann nicht nur in den Schluchten des Balkans hinterm Mond leben, sondern auch in der deutschen Hauptstadt. Das meint zumindest ein Leser meines Blogs in einer e-mail an mich über meinen Berliner Bekannten, der erst von meiner Seite über Impfschäden in der Heimat erfuhr. Das wiederum fand der Bekannte aus meinem früheren Leben nicht gut, was verständlich ist. Wer lebt schon gerne hinterm Mond. Er hatte sich zum wiederholten Male bei mir gemeldet, diesmal um einen Witz zu machen, und zwar dass wenn man Eins und Eins zusammenzieht, 11 herauskommt. Der Witz daran soll sein, dass ich “zusammenziehen” und nicht “zusammenrechnen” geschrieben habe. Obwohl der Bekannte hier gar nicht mal so unrecht hat, konnte ich nicht über seinen Witz lachen. Das liegt daran, dass der Kontext eine Impfung ist, die als absolut nebenwirkungsfrei angepriesen wurde, deren zahlreiche Nebenwirkungen nun aber nicht mehr verheimlicht werden können. Selbst Öffentlich-Rechtlich berichtet darüber, beispielsweise der MDR, und das schon seit Monaten, nur bei meinem Bekannten aus Berlin ist das noch nicht angekommen. Er erfuhr wie gesagt erst von meiner Seite davon, also aus den Schluchten des Balkans. Und wohl auch darüber, dass nicht nur ich als Maskenbefreiter in Berlin Beleidigungen und Bedrohungen ausgesetzt war, weswegen ich mich in den Schluchten des Balkans in Sicherheit gebracht habe. Damit bin ich den Diskriminierungen, die es in Bulgarien zu keiner Zeit gab, denen nicht Geimpfte in Deutschland aber ausgesetzt waren, zuvorgekommen. Mein  Berliner Bekannter ist nach eigenen Angaben nicht sicher, ob er all dies ernst bzw. für bare Münze nehmen kann. Seine Begründung diesmal ist aber nicht, dass er noch nie etwas davon gehört hat. Ich hatte bereits vor einem Jahr genau darüber geschrieben. Seine Begründung diesmal ist, dass ich mich angeblich “freischaffender Journalist” nenne, aber meine Beiträge auf meinem Blog nicht immer “1:1 Geschichten” sind. Letzteres stimmt, darauf habe ich meinen Berliner Bekannten auch schon mehrfach hingewiesen, und der Untertitel “Unwahre Geschichten aus dem wahren Leben eines Taxifahrers” sagt es bereits. Ich nenne mich aber nicht wie behauptet “freischaffender Journalist”, sondern “freier Autor und Journalist”, so steht es auch in meinem gestrigen Beitrag. Darüber hinaus veröffentliche ich auch journalistische Texte, auf die ich ihn auch schon mehrfach hingewiesen habe. Ob der Berliner Bekannte aus meinem früheren Leben die erwähnten Beleidigungen, Bedrohungen und Diskriminierungen ernst bzw. für bare Münze nimmt, das liegt nicht in meinem Ermessen. Es ist einzig und allein seine Entscheidung. Mein Eindruck ist, dass er sie am liebsten ignorieren würde, weil sie nicht in sein Weltbild passen. Was man auf jeden Fall sagen kann, ist, dass er von ihnen gehört hat, und zwar von meiner Seite. Er kann also später nicht sagen, er hätte von nichts gewusst. Mehr kann man, so denke ich, nicht machen. Der Bekannte hat nun zum wiederholten Male den Kontakt, der erneut von ihm ausging, abgebrochen, weswegen ich sagen würde, dass es sich dabei um ein Schema handelt. Dieses Schema sieht meiner Meinung nach so aus: Man kontaktiert jemanden aktiv und gibt damit vor, den Austausch zu suchen, bricht ihn aber dann bald wieder ab, und zwar wenn einem die Argumente fehlen bzw. dann, wenn man etwas nicht weiß, was bei ihm offensichtlich so einiges ist, und gibt dem anderen aber die Schuld dafür, z.B. indem man falsche Tatsachenbehauptungen wie “freischaffender Journalist” aufstellt. All dies habe ich meinem Berliner Bekannten geschrieben, und auch den Zusatz, dass mein Angebot eines Austausches weiterhin besteht, wobei ich mir da jetzt gar nicht mehr sicher bin. Ich bin mir deswegen nicht mehr sicher, weil unser Austausch zum wiederholten Male wie beschrieben ausgegangen ist. Und da ich nunmehr das Schema des Bekannten durchschaut habe, weiß ich ehrlich gesagt nicht, ob ich mich erneut an ihm abarbeiten möchte.
PS: Der Unterschied zwischen “freischaffender Journalist” und “freier Autor und Journalist” ist nicht der zwischen “freischaffend” und “freier”, sondern zwischen “Journalist” und “Autor und Journalist”. Der “Journalist” ist an bestimmte Kriterien der journalistischen Berichterstattung gebunden – der “Autor” nicht.
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Bericht aus Bulgarien (355) – “Meine Bulgarisierung”

Vorm Müll einsammeln – meditierend

Heute vor einem Jahr ist mein Beitrag “Bulgarien – die große Freiheit” auf Multipolar erschienen, bei dem sich sogar der Spiegel bedient hat, und mit dem alles begann. Inspiriert zu diesem Text hat mich der Beitrag “Ich kann nicht mehr” von Ole Skambraks, ebenfalls auf Multipolar. Meinen Beitrag haben viele Menschen gelesen und einige haben sich sogar bei mir gemeldet, die meisten aus Deutschland, aber auch aus Paraguay erhielt ich eine e-mail. Seither habe ich nicht nur Unterstützer meiner Arbeit, sondern auch neue Freunde. Einer von ihnen hat mich bereits zweimal hier in den Schluchten des Balkans besucht, einmal davon sogar zusammen mit seiner Frau. Beide hatten zuvor mit Bulgarien und dem Balkan nichts am Hut, waren noch nie hier gewesen. Und, das schönste vielleicht, er will nächstes Jahr wiederkommen. In dem vergangenen Jahr ist also einiges passiert, auch mit mir. Seit dem Sommer bin ich freier Autor und Journalist, was ich schon immer werden wollte, mich aber nicht getraut habe. Dafür bin ich auch Corona dankbar. Anlässlich des Jubiläums meines ersten Artikels “Bulgarien – die große Freiheit” habe ich folgenden Beitrag mit dem Titel “Liebes Corona, danke!” verfasst, den ich auch der Berliner Zeitung angeboten habe, die im September den Artikel “Taxifahren war mein Leben” von mir veröffentlicht hat. Die Berliner hat diesmal abgesagt, man habe sehr viele Textangebote, weswegen nicht jeder Text berücksichtigt werden kann. Das ganze ist natürlich auch eine Frage des Geldes, weil die Zeitung dafür bezahlen muss, wenn sie Texte veröffentlicht. Mir ist mein Text wichtig, ich habe lange an ihm gearbeitet, und ein bulgarisches Sprichwort besagt auch, dass nicht alles Geld ist.

Liebes Corona, danke!

Seit eineinhalb Jahr lebe ich jetzt in Bulgarien, dem Herkunftsland meines Vaters. Zuvor habe ich knapp 30 Jahre in Berlin gewohnt, der Geburtsstadt meiner Mutter. 25 davon, ein halbes Leben, war ich als Taxifahrer auf ihren Straßen unterwegs gewesen. Als mein Chef seine Taxifirma Ende 2020 Corona-bedingt dicht machte, saß ich plötzlich auf ihnen. Das Geschäft, das schon vorher eher schlecht als recht lief, rechnete sich nun nicht mehr. Bereits seit März 2020 war ich auf Kurzarbeit Null.

Im Mai 2020 hatte mir meine Hausärztin eine Maskenbefreiung ausgestellt, weil ich unter einer Maske nicht genug Luft bekomme. Im Mai 2021 konnte sie mir nicht mehr sagen, ob diese noch gültig ist. Sie stellte zu diesem Zeitpunkt schon lange keine Maskenbefreiungen mehr aus. Vor den Beleidigungen und Bedrohungen, die mir als Maskenbefreiter in Berlin beispielsweise in öffentlichen Verkehrsmitteln und in Supermärkten zuteil wurden, habe ich mich in den Schluchten des Balkans in Sicherheit gebracht. Geflohen bin ich auch vor der Impfpflicht, die für mich als gelernter Krankenpfleger in Form der „Einrichtungsbezogenen“ immer noch ein Berufsverbot darstellt. Und auch vor den Diskriminierungen und Schikanen als nicht Geimpfter, die es in der Form wie in Deutschland in Bulgarien zu keiner Zeit gab.

Mit dem Taxifahren habe ich nicht einfach nur meinen Job verloren, sondern mein ganzes bisheriges Leben. Zu diesem gehört auch, dass ich trockener Alkoholiker bin. Mit Corona geriet ich in eine schwere persönliche Krise. Auch wenn ich seit Juni 2018 abstinent lebe, war ein Rückfall in die Sucht nun nicht mehr ausgeschlossen, sondern wahrscheinlich. Hinzu kam die permanent geschürte Corona-Angst, welche Ur-Ängste in mir antriggerte, die ich zuvor mit dem Alkohol betäubt hatte. Die von mir besuchten Demonstrationen auf dem Berliner Rosa-Luxemburg-Platz verdeutlichten das Problem, das sich beim Besuch der Demonstrationen in Leipzig im Herbst ’89 für mich zu keinem Zeitpunkt gestellt hatte, genauso wie es sich aktuell in Bulgarien nicht stellt, wo ich ebenfalls Demonstrationen besuche und darüber berichte.

Seit Corona konnte ich nur schwerlich zwischen der Angst vor dem Virus, die mit jedem Tag nachließ, der Angst vor Polizeigewalt, die absolut real war, und meinen Ur-Ängsten aus der Kindheit unterscheiden. Die Meetings der Anonymen Alkoholiker (AA), die ich in dieser Situation zu besuchen begann, wurden mein Rettungsanker. Von einem Tag auf den anderen ging ich so selbstverständlich zu ihnen, als hätte ich in meinem Leben nichts anderes getan. Ich traf dort die offenen, ehrlichen und wahrheitssuchenden Menschen, nach denen ich so lange gesucht hatte. Sie bewahrten mich nicht nur vor einem Rückfall, sondern sie hielten mich auch am Leben, in dem ich immer weniger Sinn sah. Sie waren wie Sauerstoff für mich. Für jeden AA-Freund und für jede einzelne Aussage von ihm empfinde ich bis heute tiefe Demut und echte Dankbarkeit.

Anfangs dachte ich mir nichts dabei, bei den AA-Meetings meine Kontaktdaten zu hinterlassen. Grund dafür war auch nicht AA selbst, sondern die Räumlichkeiten, die man für die Treffen nutzte. Nur, die Anonymität ist ein fundamentales Prinzip der Anonymen Alkoholiker, und Prinzipien gehen über Personen, so hatte ich gehört. Mehr störte mich aber, dass Corona nie wirklich Thema war, weil Corona politisch sei und AA nicht politisch ist. Damit wurden aber auch die mit Corona verbundenen Ängste tabuisiert, womit ich bis heute ein Problem habe. Denn das treibt Menschen dazu, wieder zur Flasche zu greifen. Später im Jahr, ich war schon in Bulgarien, sollte bei den Meetings der AA auch der Impfstatus abgefragt werden, wie ich erfuhr.

Meinen Impfstatus wollte hier in Bulgarien, wo die Impfquote bis heute bei 30 Prozent liegt, noch nie jemand wissen. Auch testen lassen habe ich mich seit ich hier bin nicht einmal. Dafür gibt es mehrere Gründe, allen voran den, dass ich auf dem Land und nicht in der Stadt lebe. Für mich persönlich liegt es vor allem am gesunden Menschenverstand der Bulgaren und an ihrer Herzensbildung. Davon bin ich zutiefst überzeugt. Ihre Gastfreundschaft ist echt und bis heute sprichwörtlich.

Vor allem auf sie führe ich meine bald einsetzende wunderbare „Bulgarisierung“ zurück. Sie ist ein Geschenk, für das ich auch Corona dankbar bin, und das mich meine deutsche Besserwisserei und Rechthaberei ablegen ließ. Auch meine Ängste sind praktisch verschwunden. Mein Leben hat sich auf das Wesentliche reduziert, seitdem ich raus aus meiner Berliner Komfort-Zone bin, die immer weniger eine Komfort-Zone war. Die Bulgaren sind für ihre Duldsamkeit bekannt und für ihre Toleranz. Zugegeben, die meisten Menschen sind einfach hier, aber nicht dumm. Vor allem sind sie authentisch.

Natürlich gibt es auch Schattenseiten in Bulgarien, die ich nicht verschweigen möchte. Für mich persönlich ist es das illegale Schlagen von Holz und das Vermüllen der Natur. Das ist oft schwer auszuhalten. Regelmäßig gehe ich los und sammle Müll ein, manchmal auch mit einem Esel. Was das Abholzen angeht, halte ich mich zurück. Nicht nur, weil mein eigenes Holzlager noch halbwegs gefüllt ist. Sondern auch, weil wir vielleicht bald auch in Berlin erleben werden, wozu hungernde und verarmte Frierende in der Lage sind.

Bis heute hilft mir, was ich in meinem Berliner Taxi von meinen Fahrgästen gelernt habe. Anderen Menschen zuzuhören und sie nicht gleich beurteilen oder gar verurteilen zu müssen, sondern verstehen zu wollen, warum sie so ticken, wie sie eben ticken. Auch den Gelassenheitsspruch der Anonymen Alkoholiker habe ich nicht vergessen in Bulgarien. Er besagt, zwischen Dingen zu unterscheiden, die man ändern und die man nicht ändern kann, und dass man um Mut bittet, Dinge zu verändern, die man ändern kann. Und auch, dass es immer nur um heute und die nächsten 24 Stunden geht.

Obwohl der Alkohol und da insbesondere der Selbstgebrannte, der „Rakija“, eine nicht unbedeutende Rolle im Alltag der Bulgaren spielt, bin ich weiterhin trocken. Ich verstehe meine Sucht nunmehr als Teil einer insgesamt süchtigen Gesellschaft, die dabei ist, eine seelenlose und kriegerische zu werden. In Bulgarien ertappe ich mich immer öfter dabei, wie auch ich jetzt beim Zuhören den Kopf hin und her wiege, was beim Bulgaren Zustimmung bedeutet. Im Gegensatz zum Deutschen, wo es ein Nicken ist, bedeutet es hier aber nicht „Ja, du hast Recht!“, sondern ist eher ein „Du, ich versteh’ dich!“.

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Bericht aus Bulgarien (354) – “Nicht ganz umsonst”

“How do you really feel?”
Modersohnbrücke im Friedrichshain im Juni

Vorgestern hat sich ein Bekannter aus meinem früheren Leben in Berlin bei mir gemeldet. Der Anlass war mein Beitrag über die aktuelle Übersterblichkeit. Genau genommen waren es zwei Beiträge, dieser und dieser. Aus seiner e-mail erfuhr ich, dass er über Impfschäden zum ersten Mal bei mir gelesen hat, ansonsten noch nie etwas davon gehört hatte. Für mich war das eine gute Nachricht, meine Arbeit ist also nicht ganz umsonst. Ich erfuhr von dem Bekannten weiter, dass alle Menschen, die er kennt, und das sind nach eigenen Angaben nicht gerade wenige, mehrfach geimpft sind, und dass ich der einzige in seinem Freundes- und Bekanntenkreis bin, der sich gegen die Impfung entschieden hat, die diesen Namen nicht verdient. Auf Nachfrage erfuhr ich von ihm, dass er trotz Impfung an Corona erkrankt ist, es aber ein milder Verlauf war. Allerdings habe er zu früh wieder mit dem Arbeiten begonnen und nach dem ersten Arbeitstag eine ziemlich schlimme Nacht gehabt, mit Atemnot. Danach ließ er sich vier Wochen Zeit, bis er wieder zu arbeiten begann. In meiner Antwort hatte ich vergessen zu erwähnen, was ich hiermit nachholen möchte, dass ich nicht ein einziges Mal an Corona erkrankt bin, und dass ich eigentlich schon tot sein müsste, ginge es nach unserem Gesundheitsminister. Apropos Tod: Da gibt es ja jetzt diese aktuelle, angeblich unerklärliche Übersterblichkeit, weswegen sich der Bekannte aus meinem früheren Leben bei mir gemeldet hat. Und zwar mit einem Witz, der sich auf den letztes Satz dieses Beitrags bezog, wo ich empfahl, einfach Eins und Eins zusammenzuziehen. Die Rechnung meines Berliner Bekannten sieht so aus: “Wenn man 1 und 1 zusammen zieht, müsste es doch 11 ergeben, oder?” Er fügte hinzu, dass dies ein “Kleiner Spaß” sei. – Auch wenn ich gar nicht lachen konnte, geht mein Dank raus nach Berlin dafür!

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