Bericht aus Bulgarien (511) – “Werde reich”

Hinter den Kulissen

Im Januar war ich zur Sendung “Werde reich”, der bulgarischen Variante von “Werde Millionär”, bei der man zwar keine Million, aber immerhin 100.000 Lewa, also 50.000 Euro gewinnen kann, nach Sofia eingeladen. Genau war mein Freund und Übersetzer Martin in die Show eingeladen. Zusammen mit einer Bulgarin, die in Deutschland aufgewachsen ist, viele Jahre in England gelebt hat, und die wie ich im Zuge von Corona nach Bulgarien zurückgekehrt ist, saß ich als Martins Freunde im Publikum. Kennengelernt habe ich sie genauso wie Martin auf der Straße in der bulgarischen Hauptstadt. Sie war praktisch auf allen Protesten, auf denen ich auch war, und über die ich berichtet habe. Martin habe ich am letzten Buchstand im Schatten des Hotels “Rila” kennengelernt, nachdem man zuvor den legendären Buchmarkt auf dem “Slawejkow” platt gemacht hat. Während der Aufzeichnung der Sendung in einem kalten Studio, das früher einmal eine Turnhalle war, tauchte plötzlich seitens des Moderators, der auch etwas deutsch sprach, die Frage auf, was “Vitamin B” bedeutet. Da Martin es nicht wusste, obwohl er einige Semester in Deutschland studiert hat, wurde die Frage an seine Gäste, also an uns, weitergegeben. Mir wollte in dem Moment nicht einfallen, was “Vitamin B” bedeutet. Zum Glück wusste es die Freundin, die ich auf der Straße kennengelernt habe, und die nun neben mir saß. Sie, für die deutsch erste Sprache ist, obwohl beide Elternteile Bulgaren sind, hatte noch im Kopf, dass das B in “Vitamin B” für “Beziehungen” steht. Also eigentlich etwas, was in Bulgarien wichtig ist, aber auch in der Heimat immer wichtiger wird. Meine guten Beziehungen zu meinem Bürgermeister haben mitgeholfen, dass rasch Leute von “Wasser und Kanalisation” (W&K) kamen, als ich letzte Woche plötzlich kein Wasser hatte. Der W&K-Maistor wusste wiederum, dass ich in der Show “Werde reich” war, er hatte mich zusammen mit seiner Familie im Fernsehen gesehen. Dank ihm hatte ich nicht nur wieder Wasser, sondern wusste nun auch, dass die Sendung ausgestrahlt wurde. Ich hatte es schon fast vergessen, dass ich im Januar dort war. Und das, obwohl sich die bulgarische Freundin dort schlimm erkältet und mein Freund und Übersetzer Martin sogar etwas gewonnen hat, wenngleich nur 500 Lewa, also 250 Euro. Dass er nicht mehr gewonnen hat, lag daran, dass er früh an einer Fussball-Frage gescheitert ist, die niemand im Studio richtig beantworten konnte. Weder der Moderator, noch Martin, auch nicht das Publikum – und ich schon gleich gar nicht.

Foto&Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (510) – “We Are Lucky”

In den Schluchten des Balkans
Die Frage “How do you really feel?” ist bei uns ein “running gag”, der immer dann zum Einsatz kommt, wenn das Verhalten nicht zur Situation passt, also wenn man beispielsweise “gute Miene zum schlechten Spiel” macht. Was in Deutschland Alltag ist, gibt es auch in Bulgarien – so ist es nicht, aber doch um einiges weniger. Auch wenn unser “running gag” nun nicht mehr funktioniert, haben wir deswegen nicht weniger zu lachen – im Gegenteil! Unser englischer Freund bringt es mit seinem “running gag”, der kein “running gag” sondern einfach die Wahrheit ist, auf den Punkt. Jerry sagt oft und gerne und aus vollem Herzen: “We are lucky!” – Mein deutsches Fotomodell hat neulich “We are lucky!” in den Schluchten des Balkans “performed”, also getanzt – auch das geht, und zwar vor unberührten Wasserfällen.
Foto&Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (509) – “Desinformation ist Information”

Lange habe ich nach der Verbindung zwischen Bulgarien, George Orwell und mir nachgedacht. Heute ist sie mir nun endlich klar geworden. Aber nicht nur das. Mittlerweile kann ich mir sogar vorstellen, dass Orwell sich beim Bulgaren bedient hat, er vielleicht sogar ein Undercover-Bulgare war, der sich als Brite getarnt hat. Denn, ich erwähnte das schon mehrfach, beim Bulgaren gilt folgendes: “Ja ist Nein” und “Nein ist Ja”. Orwell hat daraus, der ein oder andere erinnert sich, “Krieg ist Frieden, Freiheit ist Sklaverei und Unwissenheit ist Stärke” gemacht. Dem möchte ich nun “Desinformation ist Information” hinzufügen. Wie es funktioniert, erklärt Marc Friedrich in obigem Video anhand der Twitter Files. Marc Friedrich ist nicht der erste, der über die Twitter Files berichtet. Ich hatte an dieser Stelle bereits ein Aufklärungsvideo veröffentlicht. Was “Desinformation ist Information” angeht, würde ich soweit gehen, dass der Hinweis, irgendetwas sei Desinformation, sozusagen die Garantie ist, dass die Information richtig ist. Das ist wie dieses Ding mit “Made in Germany”. Der Hinweis “Made in Germany” ist ursprünglich eine Warnung auf die schlechte Qualität des Produktes gewesen, bis es zum Markenzeichen und zum Gütesiegel für gute Qualität wurde, worauf ich jetzt aber keine Garantie mehr geben würde. Mit  “Desinformation ist Information” ist das (noch) anders. Jetzt, wo ich darüber schreibe, bin ich mir gar nicht mehr so sicher, dass “Desinformation ist Information” wirklich auf die Bulgaren zurückgehen soll. Ich meine, wenn es dasselbe Ding ist wie “Made in Germany”, geht es dann nicht auf die Deutschen zurück? Oder wer hat jetzt gleich nochmal “Made in Germany” erfunden? Waren das nicht die Briten, also Orwell? Aber war der nicht Bulgare?
Video MarcFriedrich
Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (508) – “Ohne Orientierung”

Wie in Berlin nach dem Zweiten Weltkrieg

Bei solchen Verkehrszeichen kann man schon mal die Orientierung verlieren. Mich erinnern die Schilder immer auch an Berlin nach dem letzten großen Krieg. Auf ihnen standen die Ortsangaben ebenfalls in kyrillischen Lettern. Viele scheinen das in der Heimat vergessen zu haben. Nicht wenige komme mir völlig orientierungslos vor. Und das trotz Smartphone und GPS. Oder vielleicht gerade deswegen. Ihnen rate ich aus den Schluchten des Balkans, wo die Orientierung trotz obiger Schilder (oder gerade wegen ihnen) noch funktioniert, und auch der innere Kompass, nicht nur Waffen und Munition in die Ukraine zu schicken, sondern selbst an vorderster Front mitzukämpfen. Wenn es dort um unsere Freiheit geht, dann ist das nicht nur nicht zu viel verlangt, sondern nur folgerichtig. Mit Sicherheit denken auch ganz viele Ukrainer so. Und du willst doch nicht, dass dort nur Ukrainer sterben, oder?

Foto&Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (507) – “Alles kommt wieder”

Schöne Aussichten statt schreckliche Zeiten

Ein Freund in der Heimat, der gestern bei der großen Friedensdemonstration am Brandenburger Tor war, schreibt mir gerade folgendes dazu: Ich bin über die Demo gewandert, mehrfach hoch und runter, in beide Teile des Tiergartens … Es waren mit Sicherheit deutlich mehr als 13.000 Teilnehmer, ich war schon auf mehreren Großveranstaltungen mit ähnlicher Teilnehmerzahl, glaube bloß nicht die kolportierten Zahlen vom Brandenburger Tor, es waren mindestens 50.000 … Luftaufnahmen gibt es mit Sicherheit, werden halt nicht publiziert. Und dann noch dies: Schreckliche Zeiten in Deutschland, Kündigungen von nicht genehmen Wissenschaftlern sind an der Tagesordnung. Über die Berlinale schreibt er folgendes: Erst Selenskyj Propaganda, dann Uber, und dann alle Filme gecancelt mit russischer Beteiligung … Und dann hat es auch noch einen norwegischen Zeichentrickfilm erwischt. Zum Schluss fügt er noch diese Aussage der bekannten DDR-Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley hinzu:

All diese Untersuchungen, die gründliche Erforschung der Stasi-Strukturen, der Methoden, mit denen sie gearbeitet haben, all das wird in die falschen Hände geraten. – Man wird diese Strukturen genauestens untersuchen – um sie dann zu übernehmen. Man wird sie ein wenig adaptieren, damit sie zu einer freien westlichen Gesellschaft passen. – Man wird die Störer auch nicht unbedingt verhaften. Es gibt feinere Möglichkeiten, jemanden unschädlich zu machen. Aber die geheimen Verbote, das Beobachten, der Argwohn, die Angst, das Isolieren und Ausgrenzen, das Brandmarken und Mundtotmachen derer, die sich nicht anpassen, das wird wiederkommen – glaubt mir. – Man wird Einrichtungen schaffen, die viel effektiver arbeiten, viel feiner als die Stasi. Auch das ständige Lügen wird wiederkommen, die Desinformation, der Nebel, in dem alles seine Kontur verliert.

Foto&Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (506) – “Von Putinfotzen und Putinschwanzlutschern”

Besser in Bulgarien begraben als in Deutschland totgeschlagen

Für Christian Kreil, dessen Texte unter anderem im Wiener “Standard” erscheinen, ist Sahra Wagenkecht eine “Putinfotze”, weswegen ich davon ausgehe, dass ich für ihn ein “Putinschwanzlutscher” bin. Wenn es dem Österreicher weiter hilft, seine offensichtlich gerade in Hass umschlagende Angst an uns abzureagieren, dann ist dagegen nichts einzuwenden. Denn schon eine alte Taxi-Weisheit besagt: Was A über B sagt, sagt mehr über A als über B. Apropos B: Da gebe ich zu bedenken, was Brecht in seinen “Nachgeborenen” dazu geschrieben hat: “Schlafen legte ich mich unter die Mörder”, dem ich aus aktuellem Anlass “und die Hassprediger” hinzufügen möchte. Ich halte mich angesichts solcher verbalen Entgleisungen wie die von Christian Kreil an das, was Nietzsche gesagt hat: “Wer unter Menschen rein bleiben will, muß verstehn, sich auch mit schmutzigem Wasser zu waschen.” – Ich gehe davon aus, dass nicht nur Seitens des Österreichers eine weitere Eskalation zu erwarten ist. Auch weil es das schonmal gab in der deutschen Geschichte. Es ist sehr wahrscheinlich, dass nach “Putinfotzen” und “Putinschwanzlutschern” Taten folgen werden, nicht nur in Österreich, sondern auch und gerade in Deutschland.

Foto&Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (505) – “180 Grad”

Kurve in den Schluchten des Balkans
In Bulgarien, wo JA NEIN ist und NEIN JA, können 180 Grad auch schon mal 360 sein. Dass dies nun auch in Deutschland so ist, ist für mich keine Überraschung. Schon lange schreibe ich über die Balkanisierung der deutschen Hauptstadt, die nun das ganze Land erreicht hat. Problematisch wird es meiner Meinung nach, wenn in Kriegszeiten die Außenministerin 180 und 360 Grad nicht auseinanderhalten kann. “Friendly fire” kommt mir da eher verharmlosend vor. Denn Baerbock ist nicht nur peinlich, sondern sie ist ein Sicherheitsrisiko. Und das nicht nur für unser Land, sondern für die ganze Welt. Deswegen meine Forderung: Frau Ministerin, treten Sie zurück, besser heute als morgen! Kommen sie nach Bulgarien, nehmen Sie Nachhilfeunterricht in Geometrie. Ich helfe Ihnen gerne.
Foto&Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (504) – “Grand Canyon”

in den Schluchten des Balkans
Es ist jetzt schon einige Zeit her, dass ich am Grand Canyon war. Aber einmal gesehen, brennt sich die markante Felsformation ein ins Gehirn. So wie alles anders ist in Bulgarien, so gibt es hier auch alles, was es anderswo auch gibt, nur eben anders. Was sich wie ein Widerspruch anhört, ist keiner. Genauso wie 180 Grad auch mal 360 und Doppelmoral besser als keine Moral sein kann. Zugegeben, das bulgarische Grand Canyon ist ‘ne Nummer kleiner als das Original. Aber müssen wir nicht alle kleinere Brötchen backen in diesen Tagen? In Bulgarien tut man das schon seit langem. “Small is beautiful” ist praktisch eine bulgarische Erfindung. Beim Bulgaren muss es nicht immer das größte und auch nicht die ganze Welt sein.
Foto&Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (503) – “Der Himmel über … “

Heute waren wir wieder im Balkangebirge unterwegs. Wir meint meinen englischen Freund Jerry und meine Frau aus Amerika. Ausser uns wandert niemand mehr in Bulgarien, denn der Rest ist ausgewandert. Wären wir nicht, wäre Bulgarien nicht nur ein von Gott, sondern auch ein von Wanderern verlassenes Land. Immerhin sind wir ein paar Pferden begegnet. Ist der Mensch erst verschwunden, geht es schnell, dass es auch wieder Tiere und Pflanzen gibt. Der Himmel ist für alle da.

Video,Foto&Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (502) – “Live aus Berlin”

Da, wo ich früher mit meinem Taxi unterwegs war, wird heute für den Frieden demonstriert. Dank moderner Technik kann ich auch in den Schluchten des Balkans live dabei sein. Ich kenne den Berichterstatter nicht, aber was ich bis jetzt sehe, gefällt mir. Er spricht mit den Leuten, so wie ich mit meinen Fahrgästen gesprochen habe. Das Wetter ist mal wieder bescheiden in der deutschen Hauptstadt, aber man kommt auch nicht wegen dem Wetter nach Berlin, genauso wie man nicht wegen der Toiletten nach Bulgarien kommt. Thomas Bernhard behauptet in “Alte Meister”, dass die Toiletten in Wien schlimmer wären als die auf dem Balkan. Da ich lange nicht in Wien war, kann ich dazu nichts sagen. Das Wetter in Bulgarien ist auf jeden Fall besser als in Berlin. Es ist ein wenig diesig, dafür aber trocken. Darüber hinaus scheint die Sonne, das ganze bei 14 Grad plus.
Video HerrAber
Text TaxiBerlin