Zurück in Bulgarien (033) – “Musik hilft”

Man muss in Bulgarien wirklich aufpassen, sich nicht zu sehr runterziehen zu lassen, insbesondere nicht im Nordwesten, der ärmsten Region nicht nur des Landes, sondern des gesamten Kontinents. Zweifellos macht es etwas mit einem, wenn man praktisch nur von Tod und Verfall umgeben ist. Anderseits ist man aber auch eine Art Vorhut, denn der Niedergang hat nun auch in der Heimat begonnen und scheint kaum noch aufzuhalten zu sein. Mir hilft in solchen Momenten Musik, die der von der Sonne gesungen wird, auch wenn es die in Kalifornien ist, das sich auch im Abstieg befindet. Geschrieben wurde das Lied übrigens in New York als Antwort auf das, was einen in Big Appel runterziehen kann: Braune Blätter und grauer Himmel. – Ein Klacks, wenn man berücksichtigt, was aktuell bevorsteht.
Video TheMamas&ThePapas
Text TaxiBerlin

Zurück in Bulgarien (032) – “Auf dem Friedhof”

Eingang zum Friedhof

Gestern war ich in dem Heimatdorf meines Vaters auf dem Friedhof. Das Heimatdorf meines Vaters liegt etwa 80 km entfernt von mir auf dem platten Land. Das Dorf, aus dem mein Vater einst erst nach Sofia zum Studium und später nach Deutschland zum Leben und Arbeiten aufbrach, hatte einmal ein eigenes Gymnasium und über 3.000 Einwohner, von denen die meisten die heimische Scholle verlassen haben. Auch meine Verwandten, sieht man von den Toten ab, sind weggegangen. Sie kommen auch nicht mehr zurück, nicht mal zum Friedhof. Dementsprechend sieht es auf ihm aus. Er gleicht eher einem Jungle, weswegen ich neben Hacke und Spaten auch wieder meine Machete dabei hatte. Gestern ist mir zum ersten Mal klar geworden, dass dies das Kommende ist. Das hat auch mit meiner Amerika-Reise im Juni/Juli zu tun. In den USA haben immer mehr Menschen kein Grab auf dem Friedhof. Ihre Asche haben die Angehörigen bei sich zu Hause oder sie verstreuen sie, wenn dies der letzte Wunsch des Verstorbenen war. Nicht wenige Amerikaner habe immer etwas Asche ihrer Vorfahren dabei, auch auf Reisen. In Zukunft werden wohl immer weniger Menschen wissen, was ein Friedhof ist. Dieser Gedanke hat gestern beim Kampf mit dem Jungle in mir eine tiefe Verbundenheit mit der Erde ausgelöst, unter der meine Vorfahren liegen. Und das, obwohl Bulgarien nur meine zweite Heimat ist. – Vielleicht gerade deswegen.
Im Friedhofs-Jungle

Fotos&Text TaxiBerlin

Zurück in Bulgarien (031) – “Besser als Nutella”

Nutella aus eigener Herstellung – lecker!

Nutella hat wie viel Prozent Haselnüsse? Genau – 13 Prozent. Mein Nutella aus eigener Produktion dürfte mindestens 60 Prozent haben, wenn nicht gar 70, und ist garantiert frei von Palmöl. Deutsche Technologie stieß auf bulgarische Kreativität, als ich gestern Haselnusspaste mit Honig und Kakao mischte. Preislich liege ich auch unter dem bekannten Nestle-Produkt, das es auch in Bulgarien gibt. Obwohl Nutella hier nur halb so teuer ist wie in Deutschland, ist mein selbsthergestelltes, das fünfmal soviel Haselnüsse enthält, immer noch billiger. 300 Gramm Haselnusscreme mit Haselnussstücken kosten sechs Lewa (drei Euro), 900 Gramm bulgarischer Natur-Honig zehn (fünf Euro) und 100 Gramm Premium-Kakao von Dr. Oetger 3,60 (1,80 Euro). Nachdem 50 Prozent der Deutschen den Absturz der eigenen Wirtschaft befürchten, gilt Nestle jetzt auch beim Spiegel als “umstrittener Lebenmittelmulti, bei dem die Angst umgeht”. Vielleicht musst auch du bald dein eigenes Nutella herstellen, weswegen du dir aber keine Sorgen machen musst. Selbstgemachtes Nutella mit fünfmal soviel Haselnüssen schmeckt zehnmal besser als das Original. Es ist wie in dem Film “Schwarze Karte Weisser Kater”, in dem ein bekannter Whiskey nachgemacht wird. Die Kopie war auch besser als das Original.
Diese drei Zutaten brauchst du

Fotos&Text TaxiBerlin

Zurück in Bulgarien (030) – “Mein Tag im Bett”

“Die Katastrophe fängt damit an, dass man aus dem Bett steigt.” Als mir dieser Satz von Thomas Bernhard heute morgen einfiel, war ich mir nicht mehr sicher, ob ich wirklich aufstehen, mir das Beil nehmen soll, um damit Holz zu machen. Ich bin dann besser im Bett geblieben. Erst habe ich mir bestimmt tausendmal den Song “Spent the Day in Bed” von Morrissey angehört und danach noch “Holzfällen” von Thomas Bernhard. Da es zum Holzmachen nun zu spät ist, bleibe ich einfach liegen.
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Text TaxiBerlin

Zurück in Bulgarien (029) – “Vor dem Krieg ist nach dem Krieg – So you better start swimming”

Hatte ich neulich noch von den Preisen vor dem Krieg geschrieben, Eier waren da nur halb so teuer, ist die Situation selbst in Bulgarien eher die nach einem Krieg. Hielten früher die Busse noch hinter dem Busbahnhof, wo es dafür sogar eine Art Bahnsteige gab (unten), hält der eine Bus, der noch fährt – es ist der orange Schulbus, jetzt vor dem durch fast 40 Jahre Nichtstun zerstörten Gebäude (oben). Ich komme drauf, weil in der Heimat jetzt schon die Hälfte einen Absturz der Wirtschaft befürchtet. Welche Wirtschaft?, fragt sich der Bulgare. – Nur wer hoch fliegt, kann tief fallen. Was auf Englisch heißt: What goes up, must come down. 

 

PS: Dem Spiegel geht es nur um die nächste Horrormeldung. Horrormeldungen verkaufen sich. So denkt man beim Spiegel. Dass die nächste Meldung lauten könnte: “Spiegel abgestürzt/untergegangen” – daran denkt man in Hamburg nicht.
Fotos&Text TaxiBerlin