„Wir impfen euch alle!“ – diesmal gegen den Krieg

In der Heimat scheinen gerade einige aufzuwachen. So deute ich zumindest obiges Plakat gegen den heutigen Veteranentag. Ich wusste gar nicht, dass es ihn gibt, aber man lernt bekanntlich nie aus. Unter den Aufwachenden ist auch die sogenannte Antifa. Also die, die neulich noch „Wir impfen euch alle!“ gebrüllt hat. Wie wollten die das damals eigentlich bewerkstelligen, alle zu impfen? Wäre das, wenn es so weit gekommen wäre, nicht auch irgendwie mit Gewalt verbunden gewesen? Immerhin, jetzt will man Abrüsten. Entwaffnen will man das Militär, Vergewaltiger, Nazis und Fundamentalisten. Schön und gut, aber was ist eigentlich mit den eigenen Schlägertrupps?

Unterwegs in Bulgarien

Eine Woche war ich mit meinem Freund und Filmemacher Holger in Bulgarien unterwegs, um deutsche Auswanderer zu interviewen. Das Foto oben zeigt ihn bei der Arbeit am Schwarzen Meer oberhalb von Varna. Gerade ist ein neuer Teil unseres Podcast „Bacillus Bulgaricus“ online gegangen. In ihm ich unterhalte ich mich mit meinem Freund Achim über unseren Road Trip durch Bulgarien. Wer wissen will, was es für deutsche Auswanderer in Bulgarien gibt, sollte ihn sich anhören. Darüber hinaus alle, die sich mit dem Gedanken tragen auszuwandern. Überhaupt ist die Sendung für alle und keinen. Über unsere Reise selbst möchte ich soviel verraten, dass sie ohne Übertreibung episch war, und dass ich mich oft gefragt habe, ob wir gerade in einem Film sind.

Das Land der Aufgespritzten

Bulgarien ist, ich habe es mehrfach erwähnt, das Land der Ungeimpften. Manche nennen sie auch Ungespritzte. Gleichzeitig ist Bulgarien das Land der Aufgespritzten, also der aufgespritzten Lippen. 30 Prozent, so wie die offizielle Impfquote, wären sicherlich zu hoch gegriffen. Selbst 20 bis 25 Prozent, die inoffizielle Impfquote in Bulgarien, erscheinen mir zu viel. Sicher ist, dass mehr Frauen als Männer davon betroffen sind. Praktisch habe ich noch keinen Mann mit aufgespritzten Lippen gesehen, weder in Bulgarien, noch in Deutschland. Warum bulgarische Frauen sich öfters die Lippen aufspritzen lassen als deutsche Frauen, darüber kann man trefflich spekulieren.

Der Bulgare lernt jetzt Deutsch

U-Bahn-Werbung in Sofia

Schon lange rede und schreibe ich davon, dass das Thema Auswandern in Deutschland am Explodieren ist. In der Heimat selbst ist das noch nicht angekommen, dafür aber in Bulgarien. Ein Beispiel dafür ist obige Werbung in der U-Bahn in Sofia, die den Bulgaren dazu auffordert, doch mal was Neues auszuprobieren, nämlich Deutsch zu lernen. Das Deutsch der Anzeige ist nicht ganz korrekt, aber wie sollte es auch anders sein, wenn jeder dritte Bulgare im Ausland lebt. Vielleicht pflegt bereits eine bulgarische Krankenschwester deine Liebsten oder ein bulgarischer Handwerker gräbt dir gerade ein Loch für deinen Pool für drei Euro die Stunde. Schwarz – versteht sich! Demnächst könnte es andersrum sein, wie beim Bulgaren vieles andersrum ist. Vielleicht gehörst bald auch Du zu denen, die beim Bulgaren an die Tür klopfen, weil Du deinen Job verloren hast, in den Krieg ziehen sollst oder Du dir Deutschland einfach nicht mehr leisten kannst. Der Bulgare kann nicht jeden aufnehmen, dafür ist sein Land zu klein. Auch wenn er dem Deutschen die Aufnahme nicht garantieren kann (wer Garantie will, soll nach Frankreich gehen, so sagt es ein bulgarisches Sprichwort), sind die Deutschen doch Bulgariens Favoriten – daran hat sich nichts geändert. Deutschland und Bulgarien vereint, da geht praktisch nichts drüber. (Vielleicht noch Deutschland und Russland, aber das ist geheim.) Apropos Russe: In Bulgarien ist der Deutsche sicher vor ihm – eine Garantie gibt es aber auch hier nicht. Aber es ist sicherlich nicht die schlechteste Idee, in Bulgarien zu sein, wenn der Russe (mal wieder) gen Berlin zieht oder Putin eine seiner Hyperschallrakete auf den Weg in die Bundeshauptstadt bringt. Da ist man besser in den Schluchten des Balkans aufgehoben als zuhause. Untergehen tut man aber (mal wieder) gemeinsam, also der Deutsche zusammen mit dem Bulgaren. Es wäre dann das dritte Mal in Folge. An der Stelle muss ich an Brecht denken, der nach dem letzten großen Krieg sagte, dass das große Karthago drei Kriege führte. Nach dem ersten war es noch mächtig. Nach dem zweiten war es noch bewohnbar. Nach dem dritten war es nicht mehr auffindbar. Brecht dürfte eher Deutschland und nicht Bulgarien mit dem „großen Karthago“ gemeint habene, denn Deutschland führte den Krieg – nicht Bulgarien. Verloren haben ihn am Ende beide, so viel steht fest. Das Brecht-Zitat kennt man übrigens auch in Bulgarien, denn der Bulgare lernt jetzt – in Vorbereitung auch auf Dich – Deutsch.

Der ersten 50 Jahre

„Die ersten 50 Jahre der Kindheit sind die schwersten“ steht auf dem T-Shirt. Es steht dort auf bulgarisch, wird aber von einem Deutschen in Bulgarien getragen. Das ist der Grund, dass ich an meine Landsleute in der Heimat denken musste. Ihre Infantilisierung scheint irgendwie kein Ende zu nehmen. Eher das Gegenteil: sie nimmt jeden Tag mehr an Fahrt auf. Bleibt die Frage, ob sie in voller Fahrt auf dem Boden aufschlagen, ob sie vorher vielleicht noch aufwachen oder erst beim Aufschlag. Ich tippe auf letzteres, allerdings ohne Aufwachgarantie.

„Der Kampf geht weiter“

Bin gerade unterwegs auf der Suche nach deutschen Auswanderern. Es gibt sie, und dass nicht zu knapp. Sie haben Interessantes zu berichten, möchten aber unerkannt bleiben. Ein Phänomen, das auch in der Heimat immer mehr um sich greift. Wer noch eine eigene Meinung hat, möchte nicht erkannt werden, wenn er sie äußert. Was ich sagen kann: Die Landsleute in den Schluchten des Balkans sind topfit, sowohl körperlich als auch im Kopf, obwohl sie oft nicht mehr die Jüngsten sind. Die Jüngeren, also die Mitte 20 bis Mitte 40jährigen, stecken mehrheitlich noch im deutschen Hamsterrad fest. Da keiner vor die Kamera wollte, musste ich auf obiges Foto zurückgreifen, aufgenommen irgendwo im bulgarischen Nirgendwo. Ein Denkmal aus sozialistischen Zeiten mit dem Titel „Der Kampf geht weiter“. Auf ihm ein Storchennest, an dem sich kleinere Vogelnester befinden. Auch wenn der Storch keine Kinder bringt, steht er trotzdem für Fruchtbarkeit – auch bei geistigen Tätigkeiten.