Früher sagte man, dass es ein guter Schnitt sei, ein Drittel für die Miete auszugeben. Heute bleibt vielen oft nur noch ein Drittel, nachdem sie die Miete bezahlt haben – wenn überhaupt. Wer sich die Miete nicht mehr leisten kann, lebt auf der Straße. „Noch mehr sparen“ geht wirklich nicht.
Seit ich zurück in Berlin bin, fällt es mir wieder auf. Ich verstehe die Zeichen der Zeit nicht mehr, aber es liegt gar nicht an mir. Ich weiß oft nicht, ob ich ihre Botschaften Ernst nehmen soll oder nicht, aber die Menschen wissen es selber auch nicht. Im besten Fall sind die Menschen von heute wie die Kunst von heute: Sie kann alles und nichts bedeuten – in der Regel bedeutet sie nichts.
Stephen Emmett schreibt in „Zehn Milliarden“, dass wir irgendetwas Radikales tun müssten, um eine globale Katastrophe zu verhindern. Bei „irgendetwas“ haben die meisten vermutlich immer noch „igendwas mit Medien“ im Kopf. Radikal ist heute immer Rechtsradikal und somit schlecht. Wenn Linke, besser linke Linke, anderen Menschen mit dem Hammer auf den Kopf hauen, dann ist das nicht radikal, und schon gar nicht linksradikal, sondern gut. Oder würde man sich sonst um die Täter im ungarischen Gefängnis sorgen? Radikal ist, was ’89 in der DDR geschah. Ich meine jetzt nicht die Wiedervereinigung, die war auch erst ’90, sondern die Massendemonstrationen. Obwohl, es gab auch da jede Menge Menschen, die lieber zuhause blieben, weil sie Angst vor radikalen Veränderungen hatten. Und heute ist es genauso. Die meisten bleiben lieber in ihrer Komfortzone, wollen sich nicht selber waschen, sondern gewaschen werden, und dabei aber bitte sehr nicht nass gemacht werden. Ich weiß nicht, wie es Dir geht, aber ich glaube nicht, dass das funktioniert.
Zurück aus Ostdeutschland war es heute in meinem Berliner Briefkasten: Das „Gegendruck“ Heft Nummer Fünf „Zukunft? Machen!“. Auf Seite 14 findet sich mein Artikel „Egal wohin, Hauptsache raus aus Deutschland“. In ihm zitiere ich unter anderem aus einen Beitrag mit dem Titel „Tausende Menschen wollen Deutschland den Rücken kehren: Das sind ihre Gründe“ der Schwäbischen Zeitung. Dass die Schwäbische Zeitung darüber berichtet, ist interessant, denn es ist noch nicht so lange her, dass Schwaben aus dem Ländle nach Berlin gezogen sind. Jetzt soll es aus Deutschland raus gehen, und es bleibt spannend zu erfahren, ob die Schwaben wieder vorneweg marschieren.
Gestern war ich auf einem Campusfest, also dem Fest einer Hochschule im Osten. Dazu musste ich an diesen beiden LKWs vorbei. Es gab vier Zugänge zum Campusfest, die insgesamt durch sechs LKWs und einem Bus „verkehrsabgesichert“ waren, was mich an Bulgarien erinnerte. Nicht weil dort Feste mittels LKW und Busse „verkehrsabgesichert“ werden. Das habe ich in Bulgarien noch nie gesehen. So ist es also nicht, vielleicht sollte ich besser noch nicht sagen. Sondern weil dort immer mindestens sieben Leute (meistens sind es zehn) rumstehen, während einer arbeitet.
Ostdeutschland erinnert mich immer mehr an Bulgarien. Verfallende Häuser oder gar Häuser ohne Dach wohin das Auge blickt. Blühende Landschaften sehen definitiv anders aus. Obwohl, jetzt wo ich darüber schreibe, würde ich sagen, dass ich mir bei manchen Ruinen gar nicht so sicher bin: