Leben in Zeiten von Corona – Heute: Danke, Corona!

 

In der Pandemie in die Zukunft investieren

Heute vor einem Jahr war meine letzte Taxischicht. Seitdem bin ich ein Trockener Taxifahrer, dem man die Fahrgäste genommen hat. Taxifahren war nicht nur irgendein Job für mich, sondern Taxifahren war mein Leben. Das ist keine Übertreibung, das ist die Wahrheit. Dementsprechend groß war die Trauer über das verlorene Leben. Auch weil mir von Anfang klar war, dass es das Ende ist, weil ich mir von Anfang an nicht vorstellen konnte, mich noch einmal ins Taxi zu setzen. Warum ich mir das nicht vorstellen konnte, lag auch mit daran (aber nicht nur), dass ich lange genug im Taxi saß. Am Ende waren es 25 Jahre, ein Vierteljahrhundert, die ich im Taxi verbracht habe. Trauer über diese lange Zeit und über ihr Ende ist ganz normal. Ich erwähne das, weil trauern heute nicht mehr selbstverständlich ist. Die Menschen habe keine Zeit mehr zum Trauern, oder glauben keine Zeit mehr zu haben. Im letzten Jahr wurde einem das Abschied nehmen und damit auch das Trauern nicht gerade leicht gemacht. Manch einer hatte nichts besseres zu tun, als gleich in die Zukunft zu investieren. Es gibt solche Menschen, die ihr Humankapital, oder was sie dafür halten, sofort wieder auf den Markt werfen, werfen müssen. Ich gehöre nicht zu ihnen. Auch ein Jahr nach meiner letzten Schicht weiß ich noch nicht wirklich, was ich machen will, machen werde. Was ich weiß, ist, was ich nicht will, wie zum Beispiel kein Taxi mehr zu fahren, und noch vieles andere. So gesehen hat die Pandemie einiges bei mir bewirkt, im Gegensatz zu vielen anderen. Um ehrlich zu sein, muss ich Corona dankbar sein, für die vielen Perspektiven und Sichtweisen, die mir das Virus eröffnet hat. Wer hätte das gedacht, dass ein klitzekleiner Erreger, vor allem aber Aufreger, solche Resultate zeitigt. Diese und der steinige Weg zu ihnen lassen sich am besten in den Worten Zarathustras von Freund Nietzsche zusammenfassen “Ich bin allein!” und “Alles ist falsch!”, um mit diesen abzuschließen: “Mit meinen Tränen gehe in deine Vereinsamung, mein Bruder.”          –           Also sprach TaxiBerlin, kannste glauben.

Foto&Text TaxiBerlin

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