Bericht aus Bulgarien (541) – „Che über Stalin“

Im Antiquariat „Ortograph“ in Sofia
Unweit des Slawejkow Platzes im Herzen Sofias befindet sich das Antiquariat „Ortograph“, das Konstantin leitet. Man muss nur bei McDonald’s in die kleine Straße abbiegen, dann findet man nach nur hundert Metern auf der linken Seite das beste Buch-Antiquariat nicht nur der bulgarischen Hauptstadt, sondern möglicherweise sogar ganz Bulgariens. Lange hielt ich die Postkarten von Che und Stalin am Fensterrahmen des Geschäftes für eine politische Provokation. Lediglich der Umstand, dass Konstantin kein politischer Mensch sondern Buchverkäufer ist, wollte nicht so recht dazu passen. Vorige Woche war ich mit Layne, meiner Partnerin und Kollegin aus Kalifornien, bei Konstantin im Geschäft. Während ich nach Büchern stöberte, hat Layne sich im Rahmen ihrer Recherche zu dem Buch über Bulgarien, an dem sie schreibt, mit Konstantin auf spanisch unterhalten. Warum auf spanisch, aber vor allem warum Che und Stalin, das erfährst Du in Laynes aktuellem Beitrag, der auf englisch ist, über das Gespräch mit Konstantin.
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Bericht aus Bulgarien (540) – „Last Book Stand“

Im Schatten des Hotel „Rila“

Einst gab es in der bulgarischen Hauptstadt Sofia den großen und bekannten Buchbasar auf dem Slawejkow Platz – bis dieser vor einigen Jahren saniert wurde. Danach haben die zahlreichen überdachten Bücher-Stände nicht wieder eröffnen dürfen, sind sie verbannt von dem zentralen Platz. Lediglich das Denkmal für Petko und Pentcho Slawejkow, Schriftstellervater und Schriftstellersohn, erinnern daran, dass der Platz etwas mit Büchern und Schreiben zu tun hat. Ich selbst habe viele Bücher auf diesem Markt gekauft und kannte einige Verkäufer auch persönlich. Mit einem, sein Name ist Wasko, war ich sogar befreundet. Er hat mir viele Bücher besorgt, beispielsweise Bergführer für das Balkangebirge für meine Esel-Wanderung quer durch Bulgarien. Dass der Buchbasar nicht wieder öffnen durfte auf dem Slawejkow Platz, hat meinem Freund Wasko das Herz gebrochen und bald darauf ist er verstorben. Ein einziger Stand konnte sich damals in den kleinen Park vor dem Hotel „Rila“ retten, der vielleicht 400 Meter entfernt vom Slawejkow Platz ist. Der Ort ist traurig und lädt eher zum Weinen als zum Kaufen ein. Trotzdem gehe ich immer bei ihm vorbei, wenn ich in Sofia bin. Es ist ein Ritual, das schmerzhaft ist. Da jetzt auch der gleichnamige Park „Rila“ saniert wird, ist es möglicherweise nur eine Frage der Zeit, bis auch diesem Ritual ein Ende gesetzt wird, bis auch der letzte Buchstand der bulgarischen Hauptstadt verschwunden ist.

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Bericht aus Bulgarien (539) – „Aleko Konstantinow“

Auf dem Boulevard „Vitosha“
Als ich diese Woche in Sofia war, war ich auch auf dem Boulevard „Vitosha“, der vergleichbar ist mit dem Ku’damm in Berlin und dem Champs-Élysées in Paris, wo gerade eine Menge los zu sein scheint, weil der französische Präsident Macron am Parlament vorbei zu regieren versucht, was aber ein anderes Thema ist. Obwohl, vielleicht auch nicht. Vermutlich hätte sich Aleko Konstantinow, der in Bulgarien „Der Glückliche“ genannt wird, auch über ein solches Demokratieverständnis lustig gemacht. Der klassische bulgarische Autor, der nur 34 Jahre alt wurde, er fiel einem Attentat zum Opfer, und von dem ich zwei Bücher auf deutsch herausgebe, ist für seine satirischen und sozialkritischen Texte bekannt. Sein bekanntestes Werk heißt „Bai Ganju, der Rosenölhändler“, das er in seiner linken Hand hält. Der Koffer rechts neben ihm erinnert daran, dass Aleko, der an einen Wegweiser mit Schildern unter anderem nach Paris, er war auch in der französischen Hauptstadt, gelehnt ist, für seine Zeit viel gereist ist. Sogar über den großen Teich ist er geschippert, um die Weltausstellung 1893 in Chicago zu besuchen. Über diese Reise geht es in seinen Reisenotizen „Nach Chicago und zurück“. Dass er am Ende des Boulevards „Vitosha“ mit Blick auf das gleichnamige Gebirge steht, ist kein Zufall. Eine Wanderung, zu der er zuvor mittels Zeitungsanzeige aufgerufen hatte, vom Zentrum der bulgarischen Hauptstadt hoch auf den höchsten Berg des Vitosha-Gebirges, den „Tscherni Wrach“ (2292m), nahm er zum Anlass, den ersten und bis heute einzigen bulgarischen Wanderverein zu gründen. Dass das Wandern und das Schreiben in Bulgarien traditionell miteinander verbandelt sind, darauf weise ich auch in der Beschreibung meines Non-Profit-Projektes eines „Donkey Sanctuary & Writers Retreat“ hin. Das Denkmal Aleko Konstantinows am Ende des Boulevards „Vitosha“ wurde nur kurz vor der Veröffentlichung seiner Bücher beim Wieser-Verlag in Klagenfurt eingeweiht. Es ist in Bulgarien auf eine ausgesprochen positive Resonanz gestoßen, und auch mir gefällt es gut, weswegen ich es jedem Besucher der bulgarischen Hauptstadt ans Herz lege – und natürlich auch Alekos Bücher.
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Bericht aus Bulgarien (538) – „… was man in Bulgarien lernen kann“

Georgi Alexejew im Gespräch mit jungen Demonstrationsteilnehmern
Es ist jetzt gut ein Jahr her, dass ich Georgi Alexejew, den obersten für die bulgarische Regierung zuständigen Polizisten, zum ersten Mal gesehen und fotografiert habe. Obige Aufnahme ist direkt neben dem bulgarischen Parlament in Sofia und am Rande einer Demonstration entstanden, über die ich auf Multipolar berichtet habe. Später habe ich Georgi Alexejew immer wieder gesehen, irgendwann kamen wir ins Gespräch. Beim letzten Protest im Dezember in Sofia haben wir uns per Handschlag begrüßt und uns nach der Befindlichkeit des anderen erkundigt. Ein Foto, das ich im März von Georgi Alexejew vor dem Sitz der bulgarischen Regierung in Sofia gemacht habe, ist nun das Titelfoto meines aktuellen Artikels in der Online Zeitung „schwarz auf weiß“ von Paul Brandenburg. Ausgangspunkt meines Beitrags ist, dass heute vor 175 Jahren in Berlin Bürger für die Freiheit auf die Straße gingen, für Meinungsfreiheit, Redefreiheit und Versammlungsfreiheit. Glaubt man der BZ, wird der 18. März in Berlin in diesem Jahr „gefeiert wie noch nie“. Was dies mit Georgi Alexejew zu tun hat, das erfährt man in meinem Beitrag mit dem Titel „Waren die Märzgefallenen Patrioten?“.
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Bericht aus Bulgarien (537) – „Geschändet von Geschichtsvergessenen“

Denkmal für die Sowjetischen Armee in Sofia

Während es in Berlin drei große Denkmäler für die Sowjetische Armee gibt, das bekannteste im Tiergarten, ein weiteres in Treptow und dann noch eins in Pankow, gibt es in der bulgarischen Hauptstadt Sofia nur eins. Aktuell sieht es so aus, die Aufnahme entstand am Dienstag. Das merkwürdige an der Schändung des Denkmals war, dass die abgebrochenen Teile immer noch herumlagen. Nicht merkwürdig, sondern geschichtsvergessen ist, dass es wegen dem Krieg in der Ukraine entfernt werden soll, obwohl in der Sowjetischen Armee aka Rote Armee auch Ukrainer gekämpft haben. Wäre es nicht logischer, rein russische Denkmäler zu entfernen? Mit dieser Frage beschäftigt sich mein neuer Beitrag „Aus den Augen aus dem Sinn?“ in der Online Zeitung „schwarz auf weiß“ von Paul Brandenburg.

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Bericht aus Bulgarien (536) – „Rückkehr aufs Land“

Früher sind die Menschen in BG gewandert, danach ausgewandert, seit einiger Zeit kehren sie zurück, manche von ihnen auch aufs Land, so wie ich. Neuerdings sind nicht nur eine Familie, die zuvor in Sofia lebte, mit ihren Schafen meine Nachbarn, sondern jemand weidet auch seine Pferde nebenan. Damit ich diese neue Entwicklung nicht vergesse, tragen die Pferde Glocken am Hals. Aber eigentlich haben sie diese, damit der Besitzer sie auch wiederfindet. Auch wenn sie Hobbles tragen und damit weniger mobil sind, grasen sie mal hier aber manchmal auch dort.

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Bericht aus Bulgarien (535) – „schwarz auf weiß“

„Unabhängigkeit und Neutralität für Bulgarien“

Mehrfach habe ich alteingesessenen Medien wie beispielsweise dem Spiegel, der Süddeutschen und auch der Neuen Zürcher Artikel über Bulgarien angeboten. Immer war die Antwort, dass man nur Beiträge der eigenen Journalisten veröffentlichen würde. Diese waren und sind bis heute Mangelware, und die eigenen Journalisten sind oft gar nicht in Bulgarien, sondern berichten aus Istanbul, Belgrad oder Bukarest über Bulgarien. Zum Glück gibt es jetzt die neue Online Zeitung „schwarz auf weiß“ von Paul Brandenburg, die heute einen ersten Artikel von mir mit dem Titel „Bulgarien als Zone des Friedens“ veröffentlicht hat. Jeder hat nun die Möglichkeit zu vergleichen zwischen alteingesessenen Medien, die zwar über Geld verfügen, deren Journalisten aber oft gar nicht am Ort des Geschehens sind, und einer Online Zeitung, die sich über Spenden finanziert und deren Berichterstatter am Puls der Zeit sind. Ich beispielsweise war auf praktisch jeder Friedensdemo im letzten Jahr in der bulgarischen Hauptstadt Sofia. Obige Aufnahme entstand zum Beispiel am 6. April vor dem bulgarischen Parlament, im Hintergrund sieht man die Kuppeln der Alexander-Newski-Kathedrale, einem Wahrzeichen der bulgarischen Hauptstadt. Friedensdemonstrationen sind nichts Neues in Bulgarien. Neu ist, dass sie nicht von der Partei „Wiedergeburt“ organisiert werden, sondern von Bürgerinitiativen. Die letzte gab es am vergangenen Sonntag, nicht nur in Sofia, sondern darüber hinaus zeitgleich in sechs anderen bulgarischen Städten, darunter in der zweitgrößten Stadt Plowdiw und auch in Varna am Schwarzen Meer. Für mich als in Deutschland sozialisierter ist es, unabhängig davon wer die Demonstration organisiert, immer wieder aufs Neue eine tolle Erfahrung zu sehen, dass die Berichterstattung in Bulgarien selbst weitestgehend neutral ist. Dementsprechend kommen die Demonstranten auch ungefiltert zu Wort, so wie es sich in einer Demokratie gehört. Sie werden auch nicht von Journalisten vorgeführt, wie dies in der Heimat an der Tagesordnung ist. Die Arbeit dieser Journalisten, besser „Journalisten“, bereitet mir körperliche Schmerzen. Mit meiner Arbeit setze ich mich zur Wehr gegen ihre falsche und verlogene Berichterstattung. Ich freue mich, wenn meine Berichte auch in Zukunft ungefiltert erscheinen, beispielsweise bei Paul Brandenburgs „schwarz auf weiß“.

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