Bericht aus Bulgarien (211) – “Das wie für mich gemacht Stipendium”

Ordnung muss sein
Nachdem ich das Stipendium sicher habe, kann ich auch darüber schreiben. Vorgestern (26. Juli) wurde es von der amerikanischen Botschaft in Sofia ausgelobt, gestern (27. Juli) war ich deswegen im Parlament und heute (28. Juli) habe ich es in der Tasche. Die Amerikaner zahlen demjenigen 150.000 Dollar cash, der “pro russische” Propaganda oder auch nur Gesinnung in Bulgarien aufspürt. Da ich aus der DDR komme, wo auch Putin einst als Agent des KGB arbeitete, und ich darüber hinaus russisch kann (zumindest habe ich das behauptet), bringe ich beste Voraussetzungen für das Stipendium der Amerikaner mit. Ich konnte jetzt aber nicht einfach und schon gar nicht direkt in die amerikanische Botschaft gehen, so einfach funktioniert Korruption nicht, selbst in Bulgarien nicht. Nein, ich musste deswegen ins bulgarische Parlament gehen, wo es eine eigens dafür eingerichtete “American Corner” gibt – Ordnung muss sein, auch beim Bulgaren. Um die Menschen zu verwirren, ist die Ecke fälschlicherweise mit “Amerikanisches Zentrum” übersetzt ist, aber das nur nebenbei. Der bulgarische Politiker, den ich gestern angeblich im Parlament interviewt habe, hat das Stipendium von der amerikanischen Botschaft, zu der er beste Beziehungen hat, für mich klar gemacht. Der Deal ist, dass er 50.000 Dollar von den 150.000 Dollar bekommt – 100.000 Dollar bleiben für mich. Ein Drittel der Beute abzugeben, hört sich erstmal viel an, ist es aber nicht, wenn man berücksichtigt, wie leicht meine Aufgabe ist. Denn alles, was nicht “pro westlich” ist, ist automatisch “pro russisch”, obwohl es logischerweise “pro östlich” sein müsste. Die Logik ist aber seit einiger Zeit komplett ausgeschaltet, und daraus ziehe ich jetzt meinen Profit, zumindest den größeren Teil des von Uncle Sam gezahlten.   –   Es läuft gerade sehr gut für mich.
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Bericht aus Bulgarien (210) – “Zu Besuch im bulgarischen Parlament”

USA-Muskel-Shirt und französische Gelbe Weste vereint
vor dem bulgarischen Parlament in Sofia
Gestern war ich im bulgarischen Parlament, um ein Interview mit einem Politiker zu führen, den ich am Freitag zufällig in dem neben dem Parlamentsgebäude gelegenen Park “Kliment von Ochrid” getroffen habe. Bevor ich das Parlament durch den Hintereingang betreten durfte, musste ich mich in dem eigens dafür vorgesehenen blauen Pavillon davor anmelden. Da mein Name im System war, war das kein Problem. Zum Problem wurden meine Sandaletten. Männer dürfen normalerweise nicht mit Sandaletten das bulgarische Parlament betreten. Die Frau, die am Einlass für die Sicherheit zuständig war, musste erst irgendwo anrufen, ich vermute ihren Chef, um sich abzusichern, dass sie mich trotz Sandaletten herein lassen darf. Auf den Straßen von Sofia war gestern wieder ein Protest der Transportbranche im Gange, der in dem Moment lautstark am Hintereingang des Parlamentes vorbeizog. Ein merkwürdiger Zufall, denn auch ich war einst als Taxifahrer Teil der Transportbranche. Jetzt bin ich Journalist, dessen Business sich ganz offiziell “Desillusionist” nennt. Der “Desillusionist” wurde am Ende auch mit Sandaletten ins Parlament gelassen, um eine gute Stunde den Politiker zu interviewen, den er am Freitag zufällig im Park getroffen hat. Ich sage jetzt mit Absicht nicht, um welchen Politiker es sich handelt, da ich noch über das Interview schreiben will, und es ein schlechtes Omen ist, wenn man vorher schon alles verrät. Ich will nur sagen, dass die Wege in Bulgarien kurz sind, und wenn man hier einen Politiker interviewen will, das im Gegensatz zu Deutschland mitunter ganz einfach ist. Nach dem Interview fand der “Desillusionist” plötzlich seine Chip-Karte nicht mehr, die man ihm gegeben hatte, um ins Parlament zu gelangen. Da er kurz zuvor von den Knast-Erfahrungen des Politikers erfahren hatte, die dieser gemacht hat, nachdem er anfing sich politisch zu betätigen, gab der “Desillusionist” seiner Befürchtung Ausdruck, jetzt vielleicht nicht mehr das Gebäude verlassen zu können und sich möglicherweise im Keller oder gar im Knast wiederzufinden. Dieser Fall ist zum Glück nicht eingetreten, sonst hätte ich wohl kaum diesen Beitrag schreiben können. Die Mitarbeiterin des Politikers, die ebenfalls Sandaletten trug, bei Frauen offensichtlich kein Problem, brachte mich höchstpersönlich zum Ausgang. Die Chip-Karte ist bis jetzt unauffindbar. Ich muss sie irgendwo im Parlament verloren haben, das mit roten Teppichen ausgelegt ist, auf denen es sich auch mit Sandaletten gut laufen lässt. Später machte ich noch obiges Foto von zwei gemeinsam die Straße vor dem Parlament aufreißenden Arbeitern, der eine im USA-Muskel-Shirt, der andere mit französischer Gelber Weste. Beides Themen, die auch im Interview eine Rolle gespielt haben. Ob es veröffentlich wird, ist alles andere als gewiss. Die Berliner Zeitung beispielsweise, der ich als “Desillusionist” vor zehn Tagen einen aktuellen Artikel zu den “Uber Files” angeboten habe, hat sich auch auf Nachfrage bisher nicht bei mir gemeldet. Fest steht dagegen, dass es vorerst keine Proteste direkt vor dem Parlament in der bulgarischen Hauptstadt geben wird. Es kann sie nicht geben, weil die beiden netten Herren dort die Straße aufreißen. Da die beiden jungen Männer auch über Muskeln verfügen, stelle ich mir gerade vor, wie es wohl aussieht, wenn diese gegen friedliche, möglicherweise ausgezehrte Demonstranten zum Einsatz kämen. Wahrscheinlich wird man das demnächst erleben können, nicht nur in Bulgarien, sondern auch in Deutschland.

Hintereingang des Parlaments – Eintritt nur mit ohne Sandaletten

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Bericht aus Bulgarien (209) – “Der Himmel über Bulgarien”

So sieht es gerade am Himmel nicht nur über meinem Dorf in den Schluchten des Balkans, sondern über ganz Bulgarien aus. Störche über Störche – Bulgarien ist ein wahres Storchen-Paradies. Ob sie “nur” auf Nahrungssuche sind, oder die Jungen bereits die ersten Flugstunden bekommen, das kann ich nicht sagen. So tief bin ich noch nicht in die Storchologie eingestiegen.

Was ich gelesen habe, ist, dass man sich Storchennester in Bulgarien mittels dort installierter Kameras weltweit im Internet ansehen kann. Mein erster Gedanke war daraufhin, eine von ihnen zu verlinken, wovon ich aber sogleich wieder abgekommen bin. Ich werde wohl noch den Storch Big Brother unterstützen. Oder gar die Storch Porno Industrie. Die Spanner und Kontroller sollen selbst herkommen, oder es bleiben lassen – vielleicht das Beste.

Nicht alle Storchennester sind auf Licht- oder Strommasten. Viele befinden sich auch auf Schornsteinen, vorzugsweise von verlassenen oder verfallenden Häusern, wovon es in Bulgarien viele gibt, genau genommen zu viele. Ein solches Storchennest, das ich bereits im letzten Jahr fotografiert habe, hat es in meinen Artikel “Bulgarien – die große Freiheit” auf Multipolar geschafft, auf den ich noch einmal aufmerksam machen möchte, auch weil er immer noch aktuell ist, beziehungsweise bald wieder sein wird.
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Bericht aus Bulgarien (208) – “Was tun mit all diesen nutzlosen Menschen?” – Vielleicht ein Buch lesen?

Dr. Yuval Noah Harari ist ein Vordenker von Klaus Schwab, wobei nicht klar ist, ob Klaus wie zuvor all seine “Young Global Leader” auch den Doktor penetriert hat, oder der Doktor den Klaus. Fakt ist, dass Klaus älter ist, was aber nicht heißt, dass der Doktor ihn automatisch überlebt. Geht es nach dem Doktor, werden in Zukunft Reiche wie Klaus ewig leben, im Gegensatz zu den Armen wie du und ich. Das ist das größte Problem der Zukunft, so der Doktor. Größer ist nur noch das, was man “mit all diesen nutzlosen Menschen” wie du und ich tun soll. Der Doktor schlägt Drogen und Computerspiele vor. Ich weiß nicht, wie es bei dir aussieht, aber da bin ich raus. Ich zocke nicht am Computer und Drogen nehme ich gleich gar nicht. Meine Hoffnung ist, dass ich bis zu meinem Ableben, das hoffentlich friedlich sein wird, noch das ein oder andere Buch lesen darf, nach Möglichkeit hier in Bulgarien und zwar als richtiges Buch und nicht als E-Book – wenn es nicht zu viel verlangt ist.
PS: Erfahre gerade vom ehemaligen Nachrichtenmagazin aus Hamburg, dass während der Corona-Panik-Plandämie die Lebenserwartung für mich als Mann um 0,6 gesunken ist, für die deutsche Frau, die sowieso länger lebt, aber nur um 0,4. Überlege einen kurzen Moment, ob ich mich darüber erregen soll, was glaube ich das Anliegen des Artikels ist. “Sagen, was ist!”, was zu Augsteins Zeiten galt, kann es nicht sein, denn es handelt sich dabei nur um eine “Momentaufnahme”, kann also in dem Moment, wo ich das schreibe, schon wieder ganz anders sein und ist es mit Sicherheit auch. – Armer Spiegel, du tust mir leid, was ist nur aus dir geworden?
Video DrYuvalNoahHarari
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Bericht aus Bulgarien (207) – “Geimpfte und Ungeimpfte – Vereinigt euch!”

Auch vom Balkan aus schaue ich immer, was in der Heimat los ist. Die Lutherstadt Wittenberg ist 30 Kilometer von der Kleinstadt an der Elbe entfernt, wo ich groß geworden bin. Geboren bin ich auf einem Dorf, das noch näher an Eisleben dran ist, wo Luther geboren wurde. Nach Wittenberg sind wir früher gerne mal gefahren, weil es dort Dinge zu kaufen gab, die es anderswo nicht oder nur selten gab. In Wittenberg habe ich mir mein Vergrößerungsgerät für meine Dunkelkammer gekauft, in der ich meine schwarz/weiß Bilder entwickelt habe. Heute, genauer gestern, spazierten Menschen friedlich durch die Straßen der Lutherstadt. Begleitet wurden sie dabei von Polizisten in schwarzen Uniformen. Wann ging das eigentlich los mit den schwarzen Uniformen? Ich kann mich ehrlich gesagt nicht erinnern. Der Film ist ohne O-Töne, so dass man nicht erfährt, was die Menschen bewegt, was sie auf die Straße treibt. Ein Schild hat die Aufschrift “Ami go home”, was mir bekannt vorkommt. Ich habe ähnlich Schilder auf Protesten in Sofia gesehen. In Bulgarien sind diese Menschen deswegen keine Nazis, Neonanis oder was auch immer. Auch in Deutschland sollte man endlich mit diesem Quatsch aufhören, sondern auf diese Menschen zugehen und mit ihnen reden. Genauso wie ich es bereits vor zwei Jahren einem Berliner Autor, den ich persönlich kenne und schätze, vorgeschlagen habe. Damals habe ich mich sogar als sein persönlicher Personenschützer angeboten. Er hat trotzdem abgelehnt. Keine Ahnung, wie solche Menschen heute tickt. Ich persönlich denke, es ist an der Zeit, endlich die Blockade aufzugeben. Neulich habe ich in dem aktuellen Buch “Angstgesellschaft” von Hans-Joachim Maaz, das mein bester bulgarischer Freund Martin gerade ins Bulgarische übersetzt, und das im September in Bulgarien erscheinen soll, diesen Satz gelesen, den ich nur unterschreiben kann: “Geimpfte und Ungeimpfte – Vereinigt euch!”
PS: In Bulgarien, wo die Impfquote immer noch bei 30 Prozent liegt, muss man sich in dem Sinne nicht vereinigen, weil es diese Spaltung wie in Deutschland nicht gibt und nie gegeben hat.
PPS: Über Krieg habe ich auch gestern einen klugen Satz gelesen, von dem mir aber gerade der Autor nicht einfällt. Sinngemäß sagt er, dass ein Krieg nicht erst mit den ersten Schüssen beginnt.
Video FrankHellwig
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Bericht aus Bulgarien (206) – “Mit der Metro nach Mösia”

Metro-Station “Mösia / Neue Bulgarische Universität”
Als ich kürzlich in Sofia war, bin ich auch mit der U-Bahn gefahren. Das ist nicht selbstverständlich, denn meistens bewege ich mich zu Fuß, also per Pedes, durch die bulgarische Hauptstadt. Mein Auto parke ich immer bei Martin um die Ecke im Stadtbezirk “Geo Milev”, ein bekannter bulgarischer Schriftsteller, wo man keine Parkgebühren bezahlen muss. Von dort aus sind es keine zehn Minuten bis “Orlow Most”, der “Adlerbrücke”, wo sich ein wichtiger Umsteigebahnhof der Sofioter U-Bahn befindet, und von wo aus ich neulich zur Haltestelle “Mösia / Neue Bulgarische Universität” gefahren bin. Die gibt es wirklich.

Die Metro-Stationen in Sofia sind das Gegenstück zum Rest des Landes. Sie sind sauber und gepflegt und alles andere als kurz vor dem Zusammenfallen. Man fühlt sich wie in eine andere Welt versetzt, in eine Märchenwelt. Ein klein wenig fühle ich mich immer an meine ersten Ausflüge in den Westen erinnert. Die heutigen U-Bahn Stationen in New York und auch in Berlin sind ein Scheißdreck dagegen. Das ist keine Übertreibung. Ich weiß, wovon ich rede.

Aber nicht nur optisch und pflegetechnisch sind die Metro-Stationen in der bulgarischen Hauptstadt besser, sondern auch technisch. Am Bahnsteigrand gibt es eine Art Glaszaun mit Türen, die sich erst öffnen, wenn die U-Bahn eingefahren und zum Halten gekommen ist. Es kann also in Sofia nicht passieren, dass jemand auf die Gleise fällt und überfahren wird, auch nicht unbeabsichtigt. Die U-Bahn wurde übrigens vom Russen, also von Putin gebaut. Die einzelne Fahrt kostet 1,60 Lewa (80 Cent), die Tageskarte 4 Lewa (2 Euro).

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Bericht aus Bulgarien (205) – “Die Goldenen Zwanziger”

Die zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts werden gerne die Goldenen Zwanziger genannt, obwohl sie für viele gar nicht so Golden waren, sondern eher das Gegenteil, denn durch die Inflation haben ganz viele alles verloren. Die zwanziger Jahre jetzt, die für einige wenige auch Golden sind, haben das Potenzial, dass sich für die allermeisten das Szenario von vor hundert Jahren wiederholen könnte. Ich schreibe das nicht, um irgendjemandem Angst zu machen. Das Angst und Panik machen haben schon andere übernommen. Nein, ich schreibe das, weil dieser geschichtliche Rückblick heute bei den Überlegungen einer meiner Sponsoren eine Rolle gespielt hat. Bei den Anonymen Alkoholikern hatte ich keinen Sponsor, obwohl diese dort durchaus üblich sind, aber in den Schluchten des Balkans. Mein Sponsor ist in Deutschland und erwähnte Überlegungen ließen ihn zu dem Schluss kommen, mir prompt das Geld für die Reparatur meines Autos zukommen zu lassen. Den Besuch der Werkstatt, zu der mich am gestrigen Sonntag mein Bürgermeister begleitet hat, und die Diagnose des Maistors, habe ich hier beschrieben. Ich habe den Wagen in der Werkstatt gelassen und heute den ganzen auf den Anruf des Maistors gewartet, was zu zahlreichen Beiträgen hier auf meiner Seite geführt hat.Da mein Bürgermeister nach Montana gefahren ist heute, musste ich zur Fuß zur Werkstatt gehen und meinen Wagen abholen. Wäre er im Dorf gewesen, hätte er mich mit Sicherheit gefahren. Ein Taxi kann ich mir nicht leisten, und zu mir den Berg hoch würde auch keines kommen. Obiges Foto, auf dem gleich drei Taxis zu sehen sind, ist vor wenigen Tagen in Sofia entstanden – im Hintergrund das Vitosha-Gebirge. Mein Wagen, er wird demnächst 20 Jahre alt, steht jetzt wieder vor meiner Hütte. Die Kohle meines Sponsors, bei dem ich mich an dieser Stelle noch einmal bedanken möchte, muss ich morgen noch umtauschen. Der Maistor hat gesagt, das wäre kein Problem. Euro wollte er nicht haben.

Foto&Text TaxiBerlin