Alltagsmasken wurden sie bisher genannt. Zu meinem Alltag gehören sie nicht, haben sie nie gehört und werden sie nicht gehören – auch die medizinische Maske nicht. Ich mache diese Maskerade nicht mit, zumindest war es bis vor kurzem so. Jetzt ziehe auch ich mir trotz offiziellem ärztlichen Masken-Attest immer öfter eine auf, aber immer nur kurz, damit ich nicht umkippe. Dass ich mich gezwungen sehe, trotz Attest eine Maske aufzusetzen, liegt daran, dass ich nicht unvermittelt eine auf’s Maul bekommen möchte, nur weil ich keine Maske trage. Die Stimmung in der Maskenfrage hat sich in der Hauptstadt in den letzten Tagen weiter verschärft. Die Leute sind nach Wochen des mittelalterlichen Einschließens verständlicherweise aggressiv. Hinzu kommen bei immer mehr Menschen finanzielle Sorgen und ganz reale Ängste um den Job bis hin zur Existenz. Als Trockener Taxifahrer weiß ich, wovon ich rede, denn ich bin auch selbst Betroffener. Ich verstehe also durchaus, dass diese absolut berechtigten Aggressionen raus wollen. Aber sie an den Schwächsten auszulassen, denn das sind Menschen, die aus medizinischen Gründen keine Maske tragen können (Selbst den Verkäuferinnen in deinem Supermarkt ist dies nicht zuzumuten! Haust du denen deswegen auch einfach mal so eine auf’s Maul?), da hört bei mir das Verständnis dann doch auf. Auch wenn die Menschen, die aggressiv auf Menschen ohne Maske reagieren, selbst daran glauben mögen, eine gute Tat zu vollbringen. Sie sind und bleiben Böse. Dass Gute an der Sache ist, dass jetzt auch dem allerletzten klar werden muss, dass niemand ausschließlich Gut ist. Nicht einmal der Gutmensch, der gerade dabei ist seine Maske der Wohlanständigkeit und Toleranz fallen zu lassen.
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Auch im Winter bei leichtem Nieselregen und Minusgraden komme ich als Trockener Taxifahrer, dem mittels staatlich organisierter Kriminalität (Danke liebe Bundesregierung dafür!) die Fahrgäste abhanden gekommen sind, und dessen Chef wegen dem Lockdown, der das bereits miese Geschäft praktisch zum Erliegen brachte, seine Wagen verkaufen muss und mich damit seit März arbeitslos gemacht hat (auch hierfür vielen Dank!), einfach nicht weg von der Straße. Heute bin ich auf den Straßen und Plätzen nicht mehr mit meinem Taxi, sondern mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs. Als Fußgänger traf ich gestern einen ganz alten Kollegen, der mit mir vor mehr als 25 Jahren den Taxischein gemacht hat, und der auch zu Fuß unterwegs war. Im Gegensatz zu mir fährt der Kollege noch Taxi, aber nur um seinem Chef einen Gefallen zu tun. Bisher war es nämlich so, dass sein Chef ihm, der nur fünf Schichten im Monat für seinen Lebensunterhalt brauchte, immer sehr entgegengekommen ist. Damit dieser seine Taxifirma jetzt nicht dichtmachen muss, wie mein Chef und viele andere Taxiunternehmer es mussten, fährt er auch jetzt in der Plan-Demi für ihn, und zwar doppelt so viel wie vor der Krise, also zehn Schichten pro Monat. In einer Schicht, das sind zehn bis zwölf Stunden im Taxi, macht er manchmal nur 30 (dreißig!) Euro Umsatz. Eine knappe Stunde unterhielt ich mich mit dem alten und guten Kollegen bei leichtem Nieselregen auf dem Bürgersteig vor seinem Mietshauses in unserem gemeinsamen Kiez über Gott und die Welt. Das schöne daran war, dass wir über wirklich alle Themen sprechen konnten, eben über Gott und die Welt. Das ist ja heutzutage nicht mehr selbstverständlich. Viele Menschen sagen bei bestimmten Themen, dass sie über die nicht mehr reden würden, weil sie es nicht mehr hören könnten. Das ist einerseits verständlich, andererseits aber auch irgendwie lächerlich, weil es meist dieselben sind, die behaupten, dass alle Themen breit und öffentlich diskutiert werden würden. Dass dies nicht der Fall ist, das ist nun ja schon beim Spiegel angekommen, und dann wird es wohl auch stimmen. Mit meinem guten und alten Kollegen sprach ich gestern, bevor ich den Artikel gelesen und kommentiert hatte. Unser Gespräch hat also damit nichts zu tun. Der Kollege bestätigte aber das, was dann später in dem Spiegel-Artikel stand. Aber nicht nur das. Der gute alte Kollege ist auch ein gutes Beispiel dafür, dass es viele Menschen gibt, die eine breite und öffentliche Diskussion wünschen, weil genau diese bisher eben nicht stattgefunden hat. Keiner ist also mit seinen Zweifeln alleine, ganz im Gegenteil. Und wer bisher keine Zweifel hatte an der Politik unserer Regierung, an den Maßnahmen und an dem, was in den Medien steht, dem ist sowieso nicht mehr zu helfen. So würde ich es jetzt mal ganz, ganz, ganz vorsichtig formulieren.
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Lange, viel zu lange musste man nun schon so wie früher zwischen den Zeilen lesen, wollte man etwas erfahren. Das meiste erfuhr man noch von dem, was weggelassen wurde, über das erst gar nicht berichtet wurde. Auch das hatten wir schon mal. Es führte regelmäßig dazu, dass für viele diese Themen gar nicht existierten, weil es ja nicht in der Zeitung stand, oder eine breite Debatte doch bereits stattgefunden hätte. Deswegen wurde dann nicht mehr darüber berichtet, so die Logik. Manchmal fragte ich mich schon, ob mit meiner Wahrnehmung etwas nicht stimmt, ob ich vielleicht schon Halluzinationen habe, oder ob der andere schlichtweg in einem anderen Land lebt. Auch das hatten wir schon mal. Diese Situation ist gerade dabei zu kippen, zumindest ist das meine Beobachtung. So erfahre ich zum Beispiel gerade das aus dem ehemaligen Nachrichtenmagazin aus Hamburg, was die Spatzen schon lange von den Dächern pfeifen, für manche eben nur in einem anderen Land, dass bei den Expertenrunden unserer Regierung praktisch nur Experten (es sind ihrer genau acht!) eingeladen werden, die den Regierungskurs stützen (mit einer Ausnahme). Soziologen und Pädagogen sucht man in der Runde weiterhin vergebens. Immerhin gibt es eine Psychologin, die allerdings auch eine Verfechterin des Regierungskurses ist. Unsere Regierung, so die Zusammenfassung des Artikels im ehemaligen Nachrichtenmagazin aus Hamburg, traut den Bürgern (damit bist auch du gemeint) eine offene Debatte nicht zu. Nicht umsonst sagten wir früher, dass jedes Volk die Regierung hat, die es verdient. Was das ehemalige Nachrichtenmagazin aus Hamburg angeht, so würde ich schon sagen, dass das endlich mal ein Artikel ist, der in die richtige Richtung geht. Ob ich deswegen das ehemalige Nachrichtenmagazin aus Hamburg gleich als ehemals ehemaliges Nachrichtenmagazin bezeichne, da warte ich lieber erstmal noch ab.
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Mein bisheriges Leben als Taxifahrer ist über Nacht vorbei, perdu, übern Jordan, finito, krai, konetz, the End! – Das wünsche ich niemandem, nicht mal meinem schlimmsten Feind. Seit März bin ich Uber-Corona-bedingt aus dem Verkehr gezogen. Das ist wichtig zu wissen: Corona ist nicht an allem Schuld. Nicht umsonst wird bei Scheidungen vor Gericht nicht mehr die Schuldfrage gestellt. Auch in der Geschichtsschreibung unterscheidet man zwischen Anlass und Ursache. Corona ist der Anlass, aber nicht die Ursache, die ist Uber & Co. Sie sind dafür verantwortlich, dass ich die Straße, auf denen ich einst mit meinem Taxi zu hause war, “nur” noch als Fußgänger und Radfahrer kenne. Was aus mir als Trockenen Taxifahrer noch werden soll, das weiß ich knapp ein Jahr nach meiner letzten Schicht immer noch nicht, oder wusste es zumindest bis gestern nicht. Dazu muss man wissen, dass ich nach mehr als zwanzig Jahren “on the road” auf den Straßen und Plätzen Berlins auch Straßendoktor bin, auch wenn es sich dabei um eine Ehrendoktorwürde handelt, “honoris causa” sozusagen. Aber immer noch besser, als durch “Kopieren&Einfügen” erworben. Im Moment frage ich mich, ob der Verkehrsdetektiv meine Zukunft als Straßendoktor ist. Detektiv ist auf jeden Fall etwas für mich, weil ich neugierig bin und wie Inspektor Columbo immer noch Fragen habe. In meinem Taxi habe ich zum Beispiel meine Fahrgäste, nachdem diese ihr Fahrziel genannt hatten, immer sogleich gefragt: “Und warum?” – Bei den meisten kam das extrem gut an, aber eben nicht bei allen. Das ist leider auch die Wahrheit. Jedenfalls habe ich jetzt schon wieder Zweifel, ob meine Fragen für einen Verkehrsdetektiven nicht die verkehrten sein oder werden könnten. Auch weil ich denke, dass ich durchaus das Zeug zu einem investigativen Verkehrsdetektiven habe. Aber ist das auch wirklich Willkommen? Vielleicht mache ich erstmal ein Praktikum oder sowas. Also wer einen investigativen Detektiven oder auch Journalisten braucht, oder einen kennt der einen braucht, oder einen kennt der einen kennt der einen braucht, der soll sich bitte bei mir melden. Die Gelbe Weste für den Verkehrsdetektiven, die ich gestern auf der Straße gefunden habe, habe ich schon mal, aber vielleicht ziehe ich die am Anfang gar nicht an. Das werden die alten Hasen im Geschäft mir bestimmt sagen beim Praktikum. Ob man als investigativer Detektiv oder auch Journalist heute eine solche Schutzweste braucht oder besser nicht. Ich bin gespannt. Davon hängt schließlich meine Zukunft ab. Aber gut, vielleicht sollte ich meine Zukunft nicht von einer so einer Kleinigkeit abhängig machen. Vielleicht sollte ich froh sein, dass ich überhaupt eine Zukunft habe, ganz egal was für eine. Und überhaupt: Vielleicht mache ich erstmal alles, was man mir sagt. Das erscheint mir in meiner derzeitigen Position das sicherste zu sein.
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Die Gretchenfrage ist nicht von mir, sondern aus dem Faust. Bei der Gretchenfrage geht es um des Pudels Kern, so hat es Goethe formuliert, von dem der Faust ist. Heute würde man sagen um das, was wirklich wichtig ist im Leben. Die Gretchenfrage in dem Stück von Goethe ist, wenn ich mich recht erinnere, wie es Faust mit der Religion hält. Die Gretchenfrage heute ist, so denke ich, wie man es mit dem Impfen hält. Aktuell sind in Norwegen 23 Menschen, unmittelbar nachdem sie geimpft worden waren, verstorben. Allesamt alte Menschen um die Achtzig, weswegen hierzulande der Tenor ist: In diesem Alter stirbt man schon mal (auch ganz ohne Impfung). Dumm ist nur, dass derjenige, der dasselbe über Achtzigjährige und Corona gesagt hat, vor kurzem noch als Menschenverachtend bezeichnet wurde. In Norwegen wird daraufhin jetzt ganz aktuell und auch ganz offiziell (also von Seiten der Regierung) älteren Menschen vom Impfen abgeraten, auch weil die Wirkung der Impfung (nicht nur bei älteren Menschen) noch gar nicht erforscht ist. Das bringt mich zurück zur Gretchenfrage von heute: Wie hältst du’s mit dem Impfen? Drei Antworten gibt es zur Auswahl:
Impfen? – Find’ ich gut!
Impfen? – Nein Danke!
Impfen? – Ich bin doch nicht blöd!
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