Leben in Zeiten von Corona – Heute: Wie es sich einfühlt, ein Trockener Taxifahrer zu sein

 

Fotografierte Gefühle

Ein Trockener Taxifahrer ist ein Taxifahrer, dem sowohl die Fahrgäste als auch sein Taxi abhanden gekommen sind, und der deswegen vorzugsweise mit dem Rad oder zu Fuß auf unseren Straßen und Plätzen unterwegs ist. Weg von der Straße ist ein Trockener Taxifahrer nicht, und wenn er dort unterwegs ist, am besten zu Fuß, weil man dann nicht nur mehr sieht, sondern auch besser fotografieren kann, und ein weißer Toyota (Foto), der für den selbsternannte Feind aller ehrlichen Taxifahrer (Stichwort: “Ein Arschloch namens Taxi”) aus dem Amerika Obamas, Trumps und demnächst wohl auch Bidens arbeitet, der kein eigenes Geschäftsmodell hat, außer etwas Funkionierendes mit viel Geld kaputt zu machen, und hier auch keine Steuern bezahlt, mit seinen Taxi-Fahrgästen an Bord an ihm vorbei fährt, dann stellt sich dieses Gefühl ein, so eine Art Phantom-Schmerz, dass da mal etwas war, was jetzt nicht mehr ist. Daran ändert auch nichts, dass am Steuer des Uber-Fahrzeuges ein Fahrer sitzt, der nie auch nur eine Straße gelernt hat. Ganz im Gegenteil! Dass Nicht-Wissen plötzlich geil sein soll, wäre eigentlich ein Grund, wieder mit dem Trinken anzufangen. Ob es mit dem Nicht-Wissen genauso kommt wie mit dem Geiz, der vor Jahren geil war, und der irgendwann dann plötzlich doch nicht mehr geil war, weil da war ja noch was, genau: “Das Gute Gewissen” (wo ist das eigentlich abgeblieben?), ist nicht ausgeschlossen, aber eher unwahrscheinlich. Daran ändert auch nichts, dass das Nicht-Wissen nur eine Unterform des Geizes ist, sozusagen der Wissens-Geiz. Dass wenig Hoffnung besteht, dass Nicht-Wissen irgendwann nicht mehr geil ist, dürfte daran liegen, dass der, der nichts weiß, alles glauben muss, und so auch dies hier: Nicht-Wissen ist geil!

Foto&Text TaxiBerlin

Leben in Zeiten von Corona – Heute: Verschwörung der Vögel

 

Der Himmel über Berlin

Als Taxifahrer sieht man selten in den Himmel sondern meistens auf die Straße. Als Trockener Taxifahrer, der vorzugsweise mit dem Fahrrad und zu Fuß unterwegs ist, sieht das schon anders aus. Insbesondere als Fußgänger sehe ich nun regelmäßig nach oben, auch weil ich es, solange ich noch Taxi gefahren bin, kaum konnte. Ich bin also, was das in den Himmel sehen angeht, ein Corona-Profiteur. Möglicherweise wäre mir, wäre ich jetzt kein Trockener Taxifahrer, obiger Vogelschwarm am Himmel über Friedrichshain entgangen. Meine erste Frage bei seinem Anblick war, ob es nicht ein bisschen spät ist Richtung Süden zu ziehen. Dann fragte ich mich, ob die Vögel sich abgesprochen oder gar verschwören hätten, um gemeinsame Sache zu machen. Was die mögliche Verschwörung der Vögel angeht, die im Schwarm zusammen fliegen, sprechen wir Menschen von der Schwarmintelligenz. Die Schwarmintelligenz ist also keine Verschwörungstheorie, weswegen ich mich als nächstes fragte, ob es eine solche Schwarmintelligenz auch beim Menschen gibt. Der Mensch ist bekanntlich das klügste Tier! Oder war er nur das perfekteste Haustier? Jedenfalls gab es im letzten Jahr noch ganz viele Menschen, ich würde so weit gehen und von einem ganzen Schwarm sprechen, die Corona geil fanden, weil sie von der Corona-Hilfe schnell und reibungslos profitiert haben. Dass das nicht auf Dauer funktioniert, nicht funktionieren kann, so weit haben sie damals nicht gedacht. Das ändert sich gerade, auch wenn die meisten von ihnen bis heute im Schwarm von “Corona ist geil” mitfliegen. Es ist nicht leicht, aus einem Schwarm auszubrechen, denn es setzt zum einen voraus anzuerkennen, dass man bisher in die verkehrte Richtung geflogen ist. Und als wenn dieses Eingeständnis nicht schwer genug ist, ist die Wahrscheinlichkeit extrem groß, dass man nach dem eigenen Richtungswechsel erstmal alleine weiterfliegen muss. Warum das bei Vögeln sehr selten passiert, dürfte daran liegen, dass die Vögel ihrem Instinkt folgen. Also etwas, was uns Menschen regelrecht abtrainiert wurde, und was Kollege Nietzsche “den gesunden Tierverstand” nannte. Kollege Nietzsche, der noch mit einer Pferdedroschke unterwegs war, hatte noch etwas mehr Zeit als wir heute trotz Corona haben, sowohl zum Nachdenken als auch zum in den Himmel gucken. Und so konnte er sich sogar darüber Gedanken machen, was wohl die Tiere über uns Menschen denken könnten: “Ich fürchte, die Tiere betrachten den Menschen als ein Wesen ihresgleichen, das auf höchst gefährlicher Weise den gesunden Tierverstand verloren hat, – als das wahnwitzige Tier, als das lachende Tier, als das weinende Tier, als das unglückselige Tier.”

Foto&Text TaxiBerlin

Leben in Zeiten von Corona – Heute: “Mit dem Rad zur Arbeit schützt vor Infektion”

 

Stralauer Allee
früher Friedrichshain / heute Friedrichshain-Kreuzberg

Frank Schöbel, ein bekannter Schlagersänger von früher, wollte “Für einen Kuss von Dir” vom Nordpol zum Südpol zu Fuß laufen. Ich würde für einen Fahrgast dieselbe Strecke mit dem Fahrrad fahren. Das dürfte schwierig werden, denn sowohl Nord- als auch Südpol liegen mehr als 15 Kilometer von Berlin entfernt, und mehr ist gerade nicht erlaubt. Immerhin kann ich weiterhin meine Bücher als Erster Berliner Bücher Bote ausfahren, aber auch da muss ich vorsichtig sein. Ich messe die Entfernung bis zum Empfänger des Buches aus meinem Bauchladen vorsichtshalber vorher immer mit einem Zirkel in meinem Stadtplan ab. Das geht, man braucht dazu kein Navi, setzt allerdings voraus, dass man Karten lesen kann. Und selbst wenn man keine Karte lesen kann, so kann man es doch lernen, was ich jedem auch nur empfehlen kann. Denn gerade lese ich ein Buch eines renommierten Hirnforschers, der noch einmal bestätigt, was ich bereits wusste, und zwar dass das Gehirn von Londoner Taxifahrern aufgrund ihres Wissens und ihrer täglichen Praxis wächst. Im Gegensatz zu dem Gehirn von Menschen, die nur Befehle befolgen, beispielsweise die eines Navis. Bei diesen Menschen schrumpft das Gehirn, der Fachbegriff dafür ist “Demenz”. Wenn ich also mit meinem Fahrrad weiterhin auf den Straßen und Plätzen unterwegs bin, dann tue ich damit nicht nur etwas für meinen Körper, und da insbesondere für meine Abwehr, sondern auch etwas für meinen Geist, also für mein Gehirn. Auch als Erster Berliner Bücher Bote benutze ich kein Navi, aber das ist ja klar. Die Bücher von dem erwähnten Hirnforscher, es sind ihrer drei, die sich nicht nur mit dem wachsenden Hirnen Londoner Taxi-Kollegen beschäftigen, sondern auch mit der Smartphone- und Internetsucht, werde ich, nachdem ich sie gelesen habe, allesamt hier auf meiner Seite vorstellen und möglicherweise auch in meinem Bauchladen zum Verkauf anbieten. Dranbleiben lohnt sich also mal wieder, aber das ist ja sowieso klar.

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Leben in Zeiten von Corona – Heute: “Solche Leute wie sie müssen eliminiert werden!”

 

Heute ist ein Mann im Supermarkt regelrecht vor mir weggesprungen, es beim Wegspringen aber noch geschafft, irgendwas mit “Idiot” und “ohne Maske” in meine Richtung von sich zu geben. Vorher hatte mich schon ein anderer Mann im Antiquariat reichlich rüde darauf angesprochen, warum ich denn keine Maske tragen würde. Die Blockwartmentalität gibt es aber nicht nur hierzulande, sondern auch in Österreich, wo sie möglicherweise auch herkommt. Der gemeine Berliner Blockwart meint es natürlich nur gut, das ist klar. Aber was muss ich aus Wien vom Therapeuten Raphael Bonelli hören? Da wird eine Patientin des Autors von “SELBER SCHULD!” ganz übel in den Öffentlichen angegangen mit “Solche Leute wie sie müsste man eliminieren!” – So etwas gibt es zum Glück in Berlin (noch) nicht. Wir haben schließlich aus unserer Geschichte gelernt. Und wenn so etwas wirklich irgendwann hierzulande passieren würde, dann würdest du doch Zivilcourage zeigen und die Frau beschützen, oder etwa nicht?
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Leben in Zeiten von Corona – Heute: Die Dummheit der Guten

 

Werbeaufsteller in der Frankfurter Allee
früher Friedrichshain / jetzt Friedrichshain-Kreuzberg

“Gut gemeint ist nicht gut gemacht” – eine Weisheit, die ich auf der Straße kennengelernt habe. Nicht umsonst sage ich immer, dass meine Universität die Straße sei. Von der bin ich nun schon fast ein Jahr weg, zumindest mit meinem Taxi. Was das Taxifahren angeht, bin ich ein Trockener Taxifahrer. Aber nicht nur die Straße fehlt mir, sondern vor allem der Austausch mit ganz unterschiedlichen Leuten in meinem Taxi auf den Straßen und Plätzen Berlins. Und deswegen komme ich bei folgender Frage zu keinem richtigen Schluss, obwohl ich jetzt als Trockener Taxifahrer noch mehr Zeit zum Nachdenken habe als in meinem Taxi. Was ist eigentlich, wenn der Gute (den es ja nur gibt, weil es auch den Bösen gibt!) auch immer der Dumme ist?

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Leben in Zeiten von Corona – Heute: “… einer ehrlichen, kritisch-abwägenden, am Dienst und am Wohle des Menschen orientierten Wissenschaft nicht würdig”

 

Ich weiß, die Russen, das sind ganz böse Menschen, auch wenn die uns noch nie angegriffen haben, sondern im Gegenteil, als Befreier kamen, und jetzt sogar uns Angela mit dem Wladimir kuschelt, wenngleich nur um Frau Spahn zu ärgern. Möglicherweise kennt sie den Wladimir noch aus DDR-Zeiten, als er KGB-Agent in Dresden war. Dass wir ausgerechnet beim Impfen auf den Russen zurückgreifen müssen, wer hätte das gedacht. Ausgerechnet jetzt, wo die Pandemie wütet, dass sich keiner mehr zu sterben traut, ausgerechnet da muss jetzt auch noch ein Wissenschaftler in die gemeinsame Impfsuppe spucken. Der Herr wagt zu wiederholen, was ich schon lange sage, nämlich dass das, was uns da Tag für Tag als Wissenschaft verkauft wird, keine Wissenschaft sondern Bullshit ist. Dass ausgerechnet “RussiaToday” uns das sagen muss, ist bitter, aber nicht neu. Das hatten wir schon mal. “RussiaToday” war früher der “Sputnik”, die Schlagwörter hießen “Glasnost” und “Perestroika”, und “Gorbi hilf uns” sagte ganz richtig: “Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.”
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Leben in Zeiten von Corona – Heute: Ich mache mir Sorgen, Mama

 

Ausverkauf beim Bestatter

Bisher war zumindest der Tod sicher, aber das scheint sich gerade zu ändern. Auf jeden Fall gibt der Bestatter bei mir um die Ecke auf, und das macht mir Sorge. Ich meine, wo doch gerade eine Pandemie wütet, da müssten die Geschäfte von so einem Bestatter doch gerade gut laufen, würde man denken. Aber heute denken die Leute anders, habe ich den Eindruck. Heute denken die Leute glaube sich so: Die Kneipe ist dicht, also kann es beim Bestatter auch nicht laufen. Oder man denkt heute noch mal ganz anders, vielleicht so: Wenn alle zu hause bleiben, kann keiner sterben. Was aber auch sein kann, das ist jetzt aber nur eine Vermutung, ist, dass der Bestatter einfach unter der Normal-, in meiner Generation sogar Untersterblichkeit leidet. Das ist nicht gut für so einen Bestatter. Da kann die Pandemie noch so wüten. Wenn davon beim Bestatter nichts ankommt, dann kann der seinen Laden dicht machen. Und nur aus Solidarität mit so einem Bestatter jetzt einfach mal sterben, das macht ja auch keiner, oder?

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Leben in Zeiten von Corona – Heute: Ich kann mir demonstrieren gehen nicht mehr leisten

Voigt- Ecke Schreinerstraße
früher Friedrichshain / jetzt Friedrichshain-Kreuzberg

Das ist ganz normal bei einer Eskalation, dass die nächste Phase immer die entscheidendste ist, und so ist es auch jetzt. Keine Ahnung, wie die aktuelle Phase gerade heißt. Wichtig ist einzig, dass sie die entscheidendste ist, und zwar genau so lange, bis entschieden wird, dass doch erst die nächste Phase die entscheidendste sei. Damit dem Einzelnen zwischen den verschiedenen Phasen nicht langweilig wird, muss Programm geboten werden. Brot und Spiele sozusagen. Angefangen mit den täglich neuen Fallzahlen, die natürlich immer schlimmer sein müssen, als die von gestern, das ist klar. Sind sie einmal weniger dramatisch, dann gibt es dafür immer einer guten Grund, auch das ist klar. Vor allem müssen die Zahlen immer neu sein, deswegen “Zahl der Neuinfektionen”, auch wenn das gar nicht stimmt. Aber es muss uns schon, auch das gehört zum Programm, jeden Tag eine neue Wahrheit verkauft werden, und weil das stimmt, stimmt auch die verkaufte Wahrheit. Wahr ist auf jeden Fall, dass am Wochenende die Polizei schon Menschen im Freien von ihren Schlitten holen musste. Stelle mir gerade vor, wie die Polizei versucht beim Rodeln den Verkehr zu regeln, mit schwarz/weißem Polizeistock oder wegen mir auch Handzeichen. Das ist ein Spaß. Sorge habe ich aber auch, und zwar um unsere Fußballprofis. Ich meine, was sagt da eigentlich deren Versicherung dazu, dass die weiter Fußball spielen müssen? Stell dir vor, da steckt sich einer auf dem Fußballfeld an, direkt vor dir auf der Glotze, du bist also live dabei, und morgen stirbt der. Der Profi, der so viel Geld gekostet hat. Das ist doch nicht auszudenken. Und du bist dran Schuld, weil du den unbedingt spielen sehen wolltest, obwohl doch gerade eine schlimme Pandemie wütet. Also wenn du mich fragst, ich finde das nicht unbedingt sehr emphatisch von dir. Wenn ich könnte, würde ich sogar für unsere Fußball-Profis auf die Straße gehen und dort für den Erhalt ihrer wertvollen Gesundheit demonstrieren. Aber auch da leben wir gerade in einer ganz speziellen und vielleicht auch entscheidendsten Phase. Denn die Strafen fürs Demonstrieren sind ebenfalls eskaliert, und das schon vor langer langer Zeit. Ich weiß nicht, wie es bei dir aussieht, aber ich kann mir demonstrieren gehen einfach nicht mehr leisten.

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Leben in Zeiten von Corona – Heute: “Ausgerechnet viele Pflegekräfte wollen sich nicht impfen lassen”

 

Graffito in der Hausburgstraße
früher Friedrichshain / jetzt Friedrichshain-Kreuzberg

“Ausgerechnet viele Pflegekräfte wollen sich nicht impfen lassen”, so der Titel eines aktuellen Beitrags bei Spiegel-Online. Und während man sich beim ehemaligen Nachrichtenmagazin aus Hamburg noch darüber wundert, warum das so ist, also warum viele Pflegekräfte, die jetzt schon einen Anspruch auf eine Corona-Impfung hätten, genau dieses Angebot ablehnen, wollte ich nur kurz bescheid sagen, dass ich vielleicht nicht alle Menschen liebe, das funktioniert nicht, wie auch die jüngere Geschichte wieder bewiesen hat, aber ich zumindest meine Liebe nicht davon abhängig mache, ob jemand sich hat impfen lassen oder nicht, und dass ich auch keine Angst habe, weder vor Geimpften noch vor Ungeimpften, weil Angst bekanntlich ein schlechter Ratgeber ist, und ich das auch nur jedem empfehlen kann, sich nicht in Angst und Panik versetzen zu auch lassen, auch wenn einem das nicht gerade leicht gemacht wird in diesen Tagen.

Foto&Text TaxiBerlin