Von Esel-Verrückten und Esel-Narren

„Eselflüsterer im Einsatz“

Gäbe es kein Corona, würde ich jetzt Eselwanderungen für Touristen im Gebirge begleiten. Freunde hatten mir dies angeboten, deswegen bin ich im Mai nach Bulgarien gekommen. Michele und Oksana, deren Seite HappyDonkeys ich kürzlich ins Deutsche übersetzt habe, hatten drei tolle Eseltouren für dieses Jahr geplant gehabt. Eine im Rilagebirge, eine zweite in den Schluchten des Balkans und eine dritte durch die Rhodopen ganz im Süden des Landes. Michele und Oksana sind nicht nur ineinander wie verrückt verliebt, sondern auch in ihre Esel. Esel-Leute sind verrückte Leute, allerdings  im positiven Sinne – versteht sich.

Bulgarien hat mich auf den Esel gebracht, und das schon vor vielen Jahren. Mein Onkel Marko hatte, wie fast alle früher im Dorf, einen Esel. Auch der hieß Marko – genauso wie mein Onkel. Nicht alle Esel in Bulgarien heißen Marko, aber so gut wie alle. Mein Onkel Marko hat seinen Esel Marko immer angespannt, wenn ich nach Bulgarien kam. Mit dem Eselwagen sind wir dann durchs Dorf gefahren und manchmal auch raus aufs Feld.

Es ist noch nicht so lange her, da hatte ich selbst einen Esel. Mit dem bin ich einmal quer durch Bulgarien gezogen, nur meine Eselin Raina Velitshka und ich, 750 Kilometer in 40 Tagen, vom Berg Kom nahe der serbischen Grenze zum Kap Emine am Schwarzen Meer. „Kom – Emine“ – Ein „Camino“ der besonderen Art und eines der letzten Abenteuer in Europa. Ein Teil dieser Strecke hatte auch HappyDonkey als Eselwanderung geplant.

Beim Dorf Banichan nahe der Stadt Goce Deltshev gibt es das „Tal der Esel“, vermutlich das einzige Esel-Asyl in Bulgarien, zumindest kenne ich kein anderes. Das Esel-Asyl wird von der Stiftung „Tierärzte im Einsatz“ in der Schweiz finanziert. Dort habe ich vor Jahren schon mal ein Praktikum gemacht, und ich kann jederzeit wiederkommen. „Die Türen stehen immer offen“, meinte der leitende Tierarzt, der auch mein Freund ist, beim Abschied. Auch er ein Esel-Verrückter, ein Esel-Narr.

Als ich diesen Sommer im „Tal der Esel“ war, sind wir mit einer Schulkasse und den Eseln losgezogen und haben gemeinsam mit ihnen Müll gesammelt. Dafür die beiden Körbe. Für die Kinder war das ein ganz besonderes Erlebnis, denn der Esel ist rar geworden in Bulgarien. Und selbst manch Altem kommen beim Anblick eines Esels Tränen in die Augen.

Auch in Deutschland gibt es Esel-Verrückte. Auch hier verrückt im positiven Sinne. Leute mit Esel sind in den allermeisten Fällen gute Leute. Das ist zumindest meine Erfahrung. Beispielsweise Claudia vom Eselwerk in Derenburg im Harz und auch die Eselfreunde im Havelland bei Paaren im Glien vor den Toren Berlins. Die Eselfreunde bieten regelmäßige „Grundlagenkurse Eselhaltung“, fürs Frühjahr ist ein spezieller Kurs „Esel-Hufpflege“ geplant, zu dem ich eingeladen bin. Ob ich hingehen kann? Ungewiss!

Im Moment warte ich auf einen Deutschen, der mit seinem Esel auf dem Weg nach China oder zumindest bis in die Türkei ist. So genau weiß man das nicht, wenn man mit einem Esel unterwegs ist. Den letzten Kontakt zu ihm hatte ich vor zwei Monaten. Da war er gerade in der Slowakei. Er sagte mir, dass er in 90 bis 100 Tagen bei mir sein würde. Das wäre Ende Januar. Auch er will mit seinem Esel „Kom – Emine“ machen. Ob das wirklich möglich ist zu dieser Jahreszeit? Wir werden sehen. Wenn nicht, müssen auch Michel und sein Esel Vailant hier in Bulgarien überwintern.

Auch wenn heute noch keiner weiß, was als nächstes passiert oder gar, was im nächsten Jahr sein wird, kann ich nur empfehlen, den Esel im Hinterkopf zu behalten. Denn der Esel ist nicht stur und schon gar nicht dumm. Ganz im Gegenteil. Nicht umsonst ist der Esel Benjamin in Orwells „Farm der Tiere“ neben Napoleon, dem „Ober-Schwein“, das klügste Tier, das sogar lesen kann. Wir können viel vom Esel lernen, davon bin ich überzeugt. Der Esel kann uns auch heilen, wenn wir es zulassen.

In Bulgarien, wo es einst 350.000 Tiere gab, ist der Esel nahezu ausgestorben. In meinem Dorf gibt es schon keinen mehr. Neulich habe ich die Bekanntschaft mit einem Esel-Verrückten in der Nähe gemacht. Er hat 18 Esel, darunter zwei junge, einer davon kein Jahr alt. Das ist so selten geworden, dass man einen so jungen Esel sieht. Darauf mussten mein neuer Freund und ich sogleich anstoßen, und zwar mit einem Glas Eselmilch. Zum Abschied meinte mein neuer Freund, dass ich auch zum ihm jederzeit kommen und mir einen Esel ausleihen könne.

Es stimmt wirklich! Esel-Leute sind Verrückte – im guten Sinne.

Foto Mira – auch eine Esel-Verrückte
Text TaxiBerlin

Mein Beitrag auf Multipolar

Ein bisschen Mut gehört dazu

Ich möchte noch etwas zu meinem Beitrag „Bulgarien – die große Freiheit“ nachtragen, weil mir sowohl mein Text als auch sein Erscheinen wichtig war und ist. Dass er auf Multipolar veröffentlicht wurde, ist für mich eine große Ehre. Das sind gute Leute dort, die neulich auch „Ich kann nicht mehr“ eines Mitarbeiters von Öffentlich/Rechtlich veröffentlicht haben. Ein mutiger Text mit vielen Details aus dem Alltag bei ARD, ZDF & Co von einem Insider, der daraufhin entlassen wurde und nun arbeitslos ist.

Ich hatte meinen Text auch der Berliner Zeitung und dem Berliner Tagesspiegel angeboten. Bei beiden Zeitungen habe ich eine Kontaktperson. Vor Jahren ist auch schon einmal ein Artikel von mir beim Tagesspiegel erschienen. Die Berliner Zeitung hat mehrfach über mich berichtet. Weder von der Berliner Zeitung, noch vom Berliner Zeitung habe ich eine Antwort auf mein Textangebot erhalten. Bis heute nicht.

Multipolar hat sich zwei Tage, nachdem ich sie kontaktiert hatte, bei mir gemeldet und mitgeteilt, dass sie den Text gerne veröffentlichen möchten, auch wenn er nicht die Art von Text ist, die sie normalerweise auf ihrer Seite veröffentlichen. Man bat mich um Ergänzungen, was auch in meinem Interesse war. Wann interessiert sich schon mal jemand für Bulgarien? Ansonsten ging es nur um Details, Kleinigkeiten. Es war eine gute und professionelle Zusammenarbeit. Am Ende durfte ich noch eigene Bilder beisteuern.

Das passiert so selten, dass man eine Antwort bekommt, geschweige denn dass man veröffentlicht wird, ohne dass man eine Kontaktperson hat, ohne dass man jemanden kennt. Und wenn dann darüber hinaus ein Text veröffentlicht wird, obwohl man eigentlich sonst andere Texte veröffentlicht – das ist wie ein Sechser im Lotto.

In der Vergangenheit habe ich hin und wieder Lotto gespielt, und ich glaube mich an einen Dreier zu erinnern. Jetzt glaube ich, brauche ich kein Lotto mehr spielen. Ich sollte mich hinsetzen und schreiben.

Foto&Text TaxiBerlin 

The Ministry Of Silly Signs

Am Freitag in Sofia

Im bulgarischen Gesundheitsministerium in Sofia hat man andere Sorgen als Corona. Wo einem in Deutschland vermutlich ein Schild mit der Aufschrift „Zutritt für Ungeimpfte untersagt“ erwartet, darf man hier nur nicht rauchen. Und das, obwohl die neue Regierung der Impfung gegen Corona nicht nur oberste Priorität einräumen wollte, sondern sogar den Grünen Pass für alle Parlamentarier und sämtliche Ministerien verpflichtend einzuführen beabsichtigte. Das scheint beim Gesundheitsministerium noch nicht angekommen zu sein, wenn es an der Eingangstür nur den Hinweis auf das Rauchverbot im Ministerium gibt. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass einige Parlamentarier bereits wissen ließen, dass sie Mittel und Wege finden werden, auch ohne Grünen Pass ins Parlament zu gelangen. Dafür wurden sie gewählt. Damit sie im Parlament sitzen und nicht vor der Tür stehen.

Foto&Text TaxiBerlin

Alles für den Erhalt der Volksgesundheit

Sperrmüll in Sofia
Am Freitag habe ich einem Freund in der bulgarischen Hauptstadt Sofia geholfen, der eigentlich jetzt in Deutschland studieren wollte. Er hatte vor Corona schon einmal in Deutschland studiert und wollte nun sein Studium dort fortsetzen. Da er wie fast alle in Bulgarien nicht geimpft ist und auch nicht die Absicht hat, sich impfen zu lassen, hat sich das mit dem Studieren im Land der Dichter und Denker, deren Sprache er perfekt beherrscht, zerschlagen. Demnächst dürfen in unserem schönen Land wohl nur noch Geimpfte studieren. Erste Universitätsrektoren haben ihre Studierenden schon darüber in Kenntnis gesetzt. Deswegen hat mein Freund aktuell alle seine Koffer zum Sperrmüll gebracht und sich von dem Geld, das eigentlich fürs Studieren in Deutschland gedacht war, eine neue Kloschüssel gekauft. Gemeinsam haben wir diese angeschlossen, was schwieriger war als erwartet. Der Freund richtet sich aber nicht darauf ein, den Winter über zu hause auf seiner Toilette zu verbringen. Im Gegenteil. Er geht davon aus, dass er die meiste Zeit auf der Straße sein wird, so wie er es bereits im letzten Jahr war. Damals gab es über Monate andauernde Proteste gegen die damalige Regierung in Bulgarien, der dies aber genauso wie das Impfen – immerhin – am Arsch vorbeiging.
Die neue Regierung, die erst seit wenigen Tagen im Amt ist, hat nun erklärt, dass das Große Impfen für sie oberste Priorität hat. Alles könnte so gut sein, allen voran das Verhältnis Bulgariens zur Europäischen Union, gäbe es da nicht die wenigen, noch im Land verbliebenen blöden Bulgaren. Eine aktuelle Umfrage des großen und bekannten Privatsenders „Nova“ hat ergeben, dass nur 18 Prozent der Bulgaren für die Einführung des Grünen Passes sind. Die übergroße Mehrheit, 82 Prozent, ist dagegen. Und trotzdem hält die neue Regierung an ihrem Plan fest, das „Grüne Zertifikat“ verpflichtend einzuführen. Ihre Argumentation wird dabei immer perfider, und zwar erklärt sie ihrem eigenen Volk, das sie gewählt hat, wenn auch nur eine Minderheit, dass es dumm sei. Wenn der Grüne Pass im Westen eingeführt wird, dann wird das wohl richtig sein, denn die Menschen dort sind schließlich klüger als die dummen Bulgaren. Ich glaube diesen Unsinn schon lange nicht mehr und mein Freund, dem ich geholfen habe, auch nicht. Es ist ein alter Hut, dass sich besonders intelligent und gut informiert wähnende, oftmals die schnellsten Mitläufer sind. Ich weiß, dass viele in Deutschland das anders sehen. In der Regel sind es die, die auch lange oder noch nie auf dem Balkan waren.
Auch für sie hat mein Freund nun seine alte europäische Sitztoilette herausgerissen. Gemeinsam haben wir ihm am Freitag eine neue orientalische Stehtoilette eingebaut. In der Berliner Ausländerbehörde, die mein Freund gut kennt, wenngleich er sie nicht in guter Erinnerung hat, hat man dies schon vor einiger Zeit getan hat. Dass er die Berliner Ausländerbehörde nicht in guter Erinnerung hat, liegt daran, dass man ihm dort das Leben nicht gerade leicht gemacht hat. Leichter wäre es für ihn gewesen, wenn er nicht so gut deutsch sprechen würde, und er darüber hinaus jemand wäre, der seine Rechte nicht kennt, am besten eine Person, die sich nicht zu helfen weiß. Das ist mein Freund aber nicht, weswegen der Einbau seiner neuen Toilette letztendlich von Erfolg gekrönt war. Dazu muss man wissen, dass eine orientalische Stehtoilette einen anderen Standard hat als eine europäische Toilette zum Sitzen. Das machte den Einbau nicht gerade einfach. Am Ende haben wir es aber geschafft. Die schöne neue Stehtoilette ist auch schon eingeweiht. Das Scheißen im Stehen ist zweifellos gewöhnungsbedürftig – keine Frage. Am Ende ist es aber nicht nur gesünder, sondern vor allem hygienischer.
Deswegen haben mein Freund und ich der neuen bulgarischen Regierung vorgeschlagen, nicht nur den Grünen Pass und den Euro – ausschließlich bargeldlos – versteht sich, sondern auch die orientalischen Stehtoiletten verpflichtend einzuführen. Alles natürlich nur der Hygiene wegen. Ein klein wenig haben wir auch an die Hersteller von orientalischen Stehtoiletten im Land und ihren unermüdlichen Einsatz bei der Überwindung der gegenwärtigen Krise gedacht. Zusammen mit ihnen fordern wir zum Erhalt der Volksgesundheit den Einbau der hygienischeren Stehtoiletten nicht nur in Bulgarien, sondern in der gesamten Europäischen Union. Die Berliner Ausländerbehörde ist bereits mit gutem Beispiel vorangegangen. Und nun auch wir.
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Mein „Bericht aus Bulgarien“ auf Multipolar

Der „Eselflüsterer“

Seit Mai dieses Jahres bin ich nun in Bulgarien. Anfangs war ich auf „Arbeitssuche im Europäischen Ausland“. Von meiner „Leistungsmitnahme“ habe ich meine Miete in Berlin bezahlt. Arbeit gibt es auch in Bulgarien nicht. Das Angebot, Eselwanderungen für Touristen im Gebirge zu begleiten, hat sich wegen Corona zerschlagen. …  Mehr erfährst du auf Multipolar.

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Wenn die Welt Kopf steht

Gerät ohne Namen

Wenn die Welt Kopf steht, kann es hilfreich sein, es ihr gleich zu tun. Ich habe neuerdings ein Gerät, mit dem ich mich auf den Kopf stellen kann. Wie es genau heißt, weiß ich nicht. Es ist eine Leihgabe eines Freundes, eines „Englishman in Bulgaria“, der viele Jahre in der „Armee Ihrer Majestät“ gedient hat. Das Gerät ist am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig, weil wir es nicht gewohnt sind, die Dinge richtig herum zu sehen. Obwohl es einfach zu bedienen ist. Man muss nur seine Füße in dafür vorgesehene gepolsterten Halterungen fixieren. Danach dreht man sich selbst mit den Händen an den seitlichen Bügeln ganz einfach auf den Kopf. Man hängt dann an seinen Fußgelenken, was aber Dank der Polsterung kein Problem ist, und was auch sehr gut für den Rücken und die Wirbelsäule ist. Anfangen sollte man mit dreimal fünf Minuten am Tag – maximal! Denn es ist nicht nur ungewohnt, sondern kann sogar regelrecht gefährlich werden, die Dinge plötzlich richtig herum zu sehen.

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Olaf Scholz als Karl-Eduard von Schnitzler

 

Wir leben wahrlich in verrückten, fast wahnsinnigen Zeiten, in denen man mehr Wahrheiten bei BILD als im Spiegel und auch bei Öffentlich/Rechtlich findet, und wo der Bundeskanzler in seinem eigenen Schwarzen Kanal den wiederauferstandenen Karl-Eduard von Schnitzler spielt, in dem es keine Spaltung der Gesellschaft gibt, „weil nicht sein kann, was nicht sein darf“. – Ich würde sagen: Wir sehen uns auf der Straße, Herr Scholz, Verzeihung, Karl Eduard.

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