Anfang Mai ist “Angstgesellschaft” von Hans-Joachim Maaz auf Deutsch erschienen, jetzt, also nur fünf Monate später, erscheint es auf Bulgarisch, und zwar beim “Ost-West-Verlag” in Sofia. Mein Freund Martin Petrushev, den ich vor gut einem Jahr am letzten auf den Straßen der bulgarischen Hauptstadt verbliebenen Buchstand kennengelernt habe, hat es übersetzt. Martin plant auch ein Interview mit Hans-Joachim Maaz zu führen, das ich, wenn es so weit ist, auch auf meiner Seite veröffentlichen werde. Vor zehn Tagen hatte ich nun auch Gelegenheit, Martins Chef, den Inhaber des “Ost-West-Verlages”, bei einem gemeinsamen Abendessen kennenzulernen. Ich war etwas in Sorge um ihn, weil ich gehört hatte, dass er wegen der von ihm herausgegeben Bücher angefeindet wird in Bulgarien. Nachdem ich ihn persönlich kennenlernen durfte, bin ich beruhigt, denn der Verleger ist nicht nur ein Freigeist, sondern auch ein stabiler Typ und dementsprechend satisfaktionsfähig. Doch zurück zu Hans-Joachim Maaz, der vielleicht auch nach Bulgarien kommen wird, um sich den Fragen seiner bulgarischen Leser zu stellen, so wie neulich der Historiker David Engels. Dessen Veranstaltung vor zehn Tagen fand im Zentrum von Sofia statt, so dass ich davon ausgehe, dass die von Hans-Joachim Maaz auch genau dort stattfinden würde. Kann man sich momentan ähnliches in der deutschen Hauptstadt Berlin vorstellen? Ich kann es mir aufgrund des derzeitigen gesellschaftlichen und politischen Klimas in der Heimat ehrlich gesagt nicht, wobei die Frage bleibt, woran es liegt, was die beiden Autoren und ihre Bücher für Deutschland so gefährlich macht, und warum man ausgerechnet in Bulgarien alles sagen darf, und das sogar noch öffentlich?
* Gemeint ist die Partei “Wiedergeburt”, die die meisten Zugewinne bei dieser Wahl erzielen konnte, und deren Namen ich in den geschichtlich relevanten Kontext setze, auch weil dies von Haltungsjournalisten in aller Regel verabsäumt wird.
Foto&Text TaxiBerlin
We Are Lucky ist mein neues Mantra. Drauf gebracht hat mich mein englischer Freund Jerry, der auch glücklich ist – genauso wie ich. Heute zum Beispiel habe ich einen Spiegel gefunden. Der Spiegel ist rund und wie neu. Gefunden habe ich ihn auf der Straße, wo ich viele Jahre zu hause war. Ich musste den Spiegel nur nach hause tragen. Zwischendurch durfte es noch die ein oder andere Fotosession sein, beispielsweise mit dieser schönen Nymphe, die auch glücklich ist – We Are Lucky.
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In den Schluchten des Balkans befällt regelmäßig der Bacillus Bulgaricus die Milch von der Kuh, der Ziege und auch die vom Schaf, macht aus ihr den berühmten bulgarischen Joghurt. Den besten mit dem Bacillus Bulgaricus infizierten Schafjoghurt in unserer Region im Nordwesten gibt es im “Komplex Stalin” bei mir um die Ecke. Der Bacillus Bulgaricus macht die Milch besonders sauer, aber nicht nur das. Auch Menschen können sich mit dem Bacillus Bulgaricus anstecken. Das weiß ich aus eigener Erfahrung. Wer sich einmal den Bulgaricus Bulgaricus eingefangen hat, der wird ihn sein Leben lang nicht mehr los. Als Betroffener kann ich vor dem Bacillus Bulgaricus nur warnen. Der Bacillus Bulgaricus macht den Menschen nicht nur spontan, sondern sprunghaft, regelrecht unberechenbar und oft auch unkontrollierbar. – Das Schlimmste, was einem heute passieren kann.
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Nachdem ich meine Stimme abgegeben hatte, es gab diesmal keine Wahlautomaten bei uns im Dorf, hat mich Jerry, der gestern Geburtstag hatte, mit seinem Lada “Niva” russischer Bauart vom Wahllokal abgeholt und wir sind in die Natur gefahren. Stundenlang sind wir durch den Wald gelaufen, ohne dass wir auch nur einer Menschenseele begegnet wären. Am Ende kamen wir zu den Heiducken-Wasserfällen, was ich jetzt einfach mal mit Rebellen-Wasserfällen übersetze, auch wenn wir uns gar nicht wie Rebellen gefühlt haben, sondern eher wie die letzten Überlebenden oder so ähnlich. Weil wir Hunger hatten, und auch um doch noch unter Leute zu kommen, sind wir danach noch zum Genossen Stalin gefahren. Bevor Jerry für jeden von uns eine Forelle bestellt hat, für die der Genosse Stalin bekannt ist, hat sich Jerry bei Frau Stalinowa, das ist die Tochter vom alten Stalin, dafür entschuldigt, dass wir an einem Sonntag in ihrem Komplex, der früher einfach nur Grill hieß – “Grill Stalin”, aufgeschlagen waren, aber wir hatten einfach Hunger gehabt, wir zwei Überlebenden. Frau Stalinowa versteht auch Englisch, denn sie ist sehr serviceorientiert. Sie hat ihre Ausbildung bei den kalifornischen Genossen genossen. Dass sie mir irgendwann mal geraten hatte, nicht am Wochenende zu kommen, hatte den Hintergrund, dass man ihr am Wochenende die Forellen praktisch vom Kopf frisst. Das war zum Glück gestern nicht der Fall, obwohl der “Komplex Stalin”, wie der Grill jetzt heißt, sehr gut besucht war. Eine bestimmte Besucherzahl macht manche Küche noch besser, als sie eh schon ist. So weit meine gestrige Beobachtung als kleiner Gourmet. Zum Schluss gab’s Stalins berühmten Schafjoghurt mit von als Heiducken verkleideten Kommunisten gepflückten Blaubeeren vom Rebellen-Wasserfall, über den ich morgen berichte.
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