Es ist so eine Zeit …

Es ist so eine Zeit, wo Menschen ganz verrückte Sache machen. In der Heimat beispielsweise sind viele für Krieg, an die Front wollen sie aber nicht. Andere wiederum wenden sich Gott zu. Ich gehöre in gewisser Weise zu ihnen, denn bei den Anonymen Alkoholikern spielt Gott eine nicht ganz unbedeutende Rolle, auch wenn er dort gerne eine “eine höhere Macht” genannt wird. Mich erinnert unsere Zeit an 1989. In der Heimat sind viele damals dem Mammon hinterhergerannt. Nicht so auf dem Balkan. Hier hat man sich eher Gott zugewandt. Man hatte ja auch nichts anderes. Manche hatten nicht mal genug zu essen. So ist es keine Überraschung für mich, dass sich aktuell in Rumänien ähnliches wiederholt. In der Heimat erfährt man darüber kaum etwas, obwohl das ZDF genau wie ich letzten Dienstag in Bukarest war. Deswegen mein neuer Beitrag “Kein Politiker-Sprech” auf Medien+ von Michael Meyens “Freier Akademie für Medien & Journalismus”.

Hölle Paradies

Gestern war ich im Paradies. Genauer im Paradise Center in Sofia. Das Paradise Center ist eine Einkaufshölle, die auch Paradise Mall genannt wird. Die Einkaufshölle war gestern gut besucht, was alles nur noch schlimmer machte, zumindest für mich als Landei. Lange habe ich mich nicht so unverbunden mit anderen Menschen gefühlt. In die Hölle begeben habe ich mich, weil es dort auch ein Kino gibt. In dem Film, den ich mich mir angesehen habe, geht es um das Thema Sterben. Der gerade angelaufene Streifen heißt “Плът” (Plüt), was mit “Fleisch” übersetzt wird. Der Film war bestenfalls OK. Schlimmer als die Hölle, in dem er gezeigt wurde, konnte er auch nicht sein. Das Highlight war die Schaufensterauslage im Buchladen nebenan, in dem die Biografie von Bill Gates neben der von Angela Merkel stand. Das war sozusagen die Krönung meines Besuches in der Hölle.

Fünf Jahre Corona

Der Bulgare hustet vom Rauchen (ganz genau vom Tabak), nicht von Covid-19.

Vor fünf Jahren ist der Corona-Wahnsinn unter den Menschen ausgebrochen. Dieses zweifelhafte Jubiläum habe ich zum Anlass genommen, die wichtigsten Unterschiede im Umgang mit dem Wahnsinn zwischen Bulgarien und Deutschland in einem Beitrag zusammenzufassen. Du kannst mir glauben, auch ich kann Corona nicht mehr hören. Nur ist es so, dass der Corona-Wahnsinn bis heute anhält – zumindest in der Heimat. In Bulgarien ist auch in Sachen Corona alles ganz anders. Du glaubst mir nicht? Dann solltest Du unbedingt meinen neuen Beitrag “Nach Osten!” lesen.

“I talk to people!” (Fortsetzung)

Nicht nur ich spreche mit Menschen, sondern auch andere Berichterstatter. In dem Fall mit einem rumänischen Schäfer, oder mit anderen Worten: dem Schäfer im Schafpelz, letzten Dienstag vor dem Parlamentspalast in Bukarest. Der Parlamentspalast ist nicht das Gebäude im Hintergrund. Das ist eine Kirche. Der Parlamentspalast, der sich rechts befindet und nicht mit auf dem Bild ist, ist eines der größten Gebäude der Welt. Der neoklassizistische Palast wurde 1984 noch von Nicolae Ceaușescu in Auftrag gegeben, aber erst 1997 vollendet. Das Gebäude beherbergt das rumänische Parlament und mehrere Museen, darüber hinaus auch das Verfassungsgericht, das am Dienstag bekannt gab, dass der aussichtsreichste Kandidat auf das Amt des Präsidenten nicht mehr zur Wahl antreten darf. Zunächst übrigens ohne Begründung, aber das nur nebenbei. Jedenfalls hatten sich wegen dem Verfassungsgericht im Laufe des Nachmittags mehrere tausend Menschen vor dem Parlamentspalast eingefunden, um gegen das erwartete Urteil zu protestieren. Unter ihnen auch dieser Schäfer im Schafpelz. Der Pelz war übrigens echt. Das wurde von mir überprüft.

“I talk to people!”

Am Dienstag war ich erneut in Bukarest, wo obige Aufnahme entstanden ist. Warum ich in der rumänischen Hauptstadt war, kann man in Kurzform hier nachlesen. Die freundlichen Damen und der nette Herr an meiner Seite sind Volontäre des Kandidaten, der jetzt nicht zur Wahl antreten darf, obwohl er die besten Aussichten hätte, neuer rumänischer Präsident zu werden. Volontär bedeutet in dem Fall, dass sie ohne Bezahlung Werbung gemacht haben sollen. Wobei Werbung nach Meinung der Volontäre der verkehrte Begriff ist, denn es war keine Kampagne, sondern ein Aufruf, oder vielleicht besser ein Weckruf für Freiheit, Frieden, Würde und Einheit. Călin Georgescu, so heißt der Kandidat, der in gewisser Weise gar kein Politiker ist, denn er kommt nicht aus dem System, wird vorgeworfen, bei seinem Wahlkampf kein Geld ausgegeben zu haben. Berücksichtigt man, dass man sich in Rumänien laut den Volontären dieses Geld vom Staat zurückerstatten lassen kann, ist dies ein merkwürdiger Vorwurf. Immerhin spart der Staat Geld, aber Geld scheint keine Rolle mehr zu spielen, zumindest in der Heimat, wo gerade neue Schulden gemacht werden, als gäbe es kein Morgen. Nach Abgaben der Volontäre soll es in Rumänien 600.000 von ihnen geben, die kostenlos für Georgescu Werbung gemacht haben. Auch wenn ich sie nicht selbst gezählt habe, vertraue ich den Aussagen von Volontären mehr als denen von Politikern. Martha Gellhorn, eine bekannte US-amerikanische Journalistin und Kriegsberichterstatterin, muss es ähnlich gegangen sein. Von ihr stammt der Ausspruch: All politicians are bores and liars and fakes. I talk to people.

Im Vorhof zur Hölle

Auf dem Rückweg von Bukarest bin ich im Heimatdorf meines Vaters vorbeigefahren, das mehr oder weniger auf dem Weg lag. Das Haus der Familie meines Vaters steht leer. Meine Vorfahren liegen alle auf dem Friedhof, auch mein Vater. Der Rest ist weggezogen. Der Friedhof ist der Vorhof zur Hölle. Wenn ich nicht wüsste, wo ich suchen muss, würde ich das Familiengrab nicht finden.

Gestern verbrannte jemand direkt neben dem Friedhof eine Mischung aus Laub und Plastik. Es stank erbärmlich. Der Himmel war bedeckt. Die Szenerie erinnerte an einen Endzeitfilm. Trotzdem hat sich der kleine Umweg gelohnt. Denn ich konnte mit meinem Vater reden, ihm Fragen stellen. Natürlich habe ich keine Antworten bekommen von ihm. Die Antworten finde ich in mir.

Hatte Hitler nicht auch einen Hund?

Gestern war ich in Bukarest, um mir ein eigenes Bild zu machen, wer da für den unabhängigen Kandidaten für das Präsidentenamt Călin Georgescu auf die Straße geht. Wie man sehen kann, sind es Menschen wie Du und ich. Und dabei soll dieser Călin Georgescu ein ganz schlimmer Nazi sein. Aber gut, spätestens seit ich selbst in Berlin als Nazi bezeichnet wurde, weiß ich, was es heißt, als Nazi bezeichnet zu werden: Nichts! Oder meinst Du im Ernst, dieser nette Herr würde mit einem Nazi sympathisieren? Bei dem Hund bin ich mir nicht sicher. Hatte Hitler nicht auch einen Hund?