Leben in Zeiten von Corona – Heute: Meine letzte Taxifahrt

Stasi-Museum / Frankfurter Allee
früher Lichtenberg / heute Lichtenberg

Auch gestern am regnerischen Herrentag war ich draußen. Ich bin zwar nun schon über ein Jahr ein Trockener Taxifahrer, der auf dem Trockenen sitzt, aber von der Straße bin ich deswegen noch lange nicht weg. Obwohl auch ich seit Corona mehr wohne, zieht es mich immer noch praktisch täglich raus zu meinen früheren Tatorten. Gestern nun landete ich zufällig an der alten Stasi-Zentrale. Gut, so überraschend ist das nicht, denn sie befindet sich gleich bei mir um die Ecke. Wenn die frühere Zentrale vom Genossen Mielke nicht in Lichtenberg wäre, würde ich fast sagen, sie wäre in meinem Kiez. Fällt mir gerade ein, dass von Erich Mielke der Ausspruch “Ich liebe doch alle Menschen” stammt, der heute etwas in Vergessenheit geraten ist. Fast möchte ich fragen, ob der gute alte Erich vielleicht auch schon Philanthrop war, aber ich komme vom Thema ab. Als ich gestern nun auf dem riesigen Hof der gewesenen Stasi-Zentrale war, wo sich unter freiem Himmel eine sehenswerte Ausstellung befindet, die eigentliche Ausstellung “Feind ist, wer anders denkt” ist Coronabedingt geschlossen, da fiel mir ein, dass mich meine letzte Taxifahrt vor mehr als einem Jahr genau hierher führte. Meine allerletzten Fahrgäste waren zwei Männer aus dem Vereinigten Königreich, die sich die nun geschlossene Ausstellung angesehen haben. Daran musste ich denken, und dass das vielleicht etwas zu bedeuten hat. Ich meine, nichts geschieht wirklich zufällig im Leben. Alles will einem etwas sagen, nur allzuoft bemerkt man das nicht in dem Moment, sondern erst später. Ich komme darauf, weil sich für mich gerade viele Kreise schließen. Beispielsweise warum ich früher etwas mit Tieren gemacht habe und sogar fast ein halber Tierarzt geworden wäre, wie der Herr Wieler vom Robert-Koch-Institut einer ist. Ich kann das absolut bestätigen, was die Schauspielerin Nora Tschirner, die mir auch schon mal im Taxi saß, in dem hier erwähnten Interview gesagt hat, und zwar dass sie sich immer mit Tieren am wohlsten gefühlt hat. Aber auch der Umstand, dass es mich mit jedem Tag immer mehr raus in die Natur zieht, obwohl unsere Zukunft angeblich in der Stadt liegen soll, wo demnächst sogar unser Obst und Gemüse angebaut werden wird. Wer schon mal Obst und Gemüse in der Stadt angebaut hat, der weiß, was das für den Geschmack bedeutet. Dass das meiste angebotene Obst und Gemüse bereits heute ohne Geschmack ist, erklärt möglicherweise, warum wir immer mehr Geschmacklosigkeiten einfach so hinnehmen. Was die Natur angeht, habe ich aktuell etwas beim Kollege Nietzsche gefunden. Ja, man kann wirklich immer noch etwas Neues nicht nur bei Schauspielern lernen. Freund Nietzsche jedenfalls meinte, dass wir so gerne in der Natur seien, weil diese keine Meinung über uns hat. Und so denke auch ich.  Also sprach TaxiBerlin, kannste glauben.

Foto&Text TaxiBerlin

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