Ungekreuzigte

Immer, wenn ich in Sofia bin, gehe ich zum Friseur, genauer zur Friseurin. Es ist, wenn man so will, ein Ritual. Meine Friseurin hat neulich den Preis erhöht. Kostete ein Männerhaarschnitt bisher 5,99 Lewa (drei Euro), kostet er jetzt 7,99 Lewa (vier Euro). Es ist aber nicht nur der immer noch günstige Preis, der denen auf dem Land entspricht, der mich immer zur selben Friseurin gehen lässt. Sie versteht einfach ihr Handwerk, was in Bulgarien nicht selbstverständlich ist. Die Fachkräfte sind alle im Ausland. Darüber hinaus ist sie witzig. Ein Hinweis darauf sind ihre Arbeitszeiten auf dem Schild unten rechts neben dem Fussball-Plakat. “Arbeitszeiten: von bis ich komme bis dass ich gehe, Pause: wenn ich nicht da bin.” Dazu ist die Frau Christin. Wie ich bereits erwähnte, ist es so eine Zeit, dass sich immer mehr Menschen dem Glauben zuwenden. Praktisch so wie nach 1989, zumindest in Bulgarien. Und da sind zwei Schilder ebenfalls rechts interessant. Auf dem einen steht “Christ ohne Kreuz”, was aber nicht ganz ernst gemeint ist. Denn auf dem anderen steht, dass es im Himmel keine Ungekreuzigte gibt. Den Begriff Ungekreuzigte kannte ich bisher nicht. Sogleich muss ich an Ungeimpfte denken, von denen es in Bulgarien genauso viele wie Geimpfte in Deutschland gibt (wenn nicht gar mehr), aber das ist schon wieder eine andere Geschichte.