Bericht aus Bulgarien (284) – “After The Schwab Fall”

“Kloschüsseln zu Blumenschalen”
Gestern sind wir mir meinem englischen Freund Jerry, der am liebsten Deutscher wäre, und seinem Allradbetriebenen Lada “Niva” in die Berge gefahren. Die Frage, ob man ein solch russisches Auto noch fahren darf, konnte Jerry nicht abschließend beantworten, aber immerhin insoweit, dass er bisher keine Schwierigkeiten gehabt habe deswegen in Bulgarien. Später kamen wir auf diesen Artikel im englischen Guardian zu sprechen, aus dem wir erfahren hatten, wie sich Milliardäre auf die bevorstehende Apokalypse, also “After The Schwab Fall”, vorbereiten. Da saßen wir schon im “Fish&Chips”, einem Geheimtip-Restaurant Jerrys in den Schluchten des Balkans. Auf dem Gang zur Toilette bemerkte ich obige mit Blumen bepflanzte Kloschüssel, bei deren Anblick ich erst zu mir und dann später zu Jerry sagte, dass genau so “After The Schwab Fall” für den kleinen Mann aussehen könnte. Praktisch das “Stahlhelme zu Kochtöpfen” des 21. Jahrhunderts. Mit “After The Schwab Fall” ist die Zeit nach dem Great Reset gemeint. Eine Ära, in der, geht es nach dem größten Denker nach Karl Marx Klaus Schwab niemand mehr etwas besitzen wird, nicht einmal eine eigene Kloschüssel, weil alles allen gehört, auch die Frauen, so wie die Kommunisten das am Anfang geplant hatten, und trotzdem glücklich sind. Geht es nach meinem englischen Freund Jerry, heißt das Motto auf englisch: “I own nothing, I know nothing and I’m happy”. Übrigens auch ein Grund für unseren gestrigen Ausflug, denn Gefahr für den privaten Besitz eines Lada “Nivas” könnte nun auch von Schwabs Jüngern drohen und nicht nur von der für den Frieden frierenden weil Russland ruinieren wollenden Annalena B.. Nicht nur Lada “Niva” werden dann weniger gebraucht, sondern auch Kloschüsseln. Zu einem Bunker für alle, wie Klaus Schab ihn wie die eingangs erwähnten Milliardäre für sich alleine hat, wird es wohl nicht reichen. Für uns gibt es keine privaten Bunker, wir müssen uns mit gemeinsamen Wärmestuben zufrieden geben, dafür aber mit Maske und gemeinsamem Klo, weswegen keiner von uns mehr seine heimische Toilette braucht. In Anlehnung an “Stahlhelme zu Kochtöpfen” wird später, also nach “After The Schwab Fall”, dies mit “Kloschüsseln zu Blumenschalen” umschrieben werden.

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Bericht aus Bulgarien (283) – “Kommst du nach Spa”

Ein intaktes Dach überm Kopf und Holz vor der Hütte
Prioritäten in Bulgarien

Gestern hatte mein Nachbar Geburtstag, und wir waren eingeladen, auch mein Besuch aus Deutschland: Joachim aus Bremen (sein Spitzname ist Achim), gerade unser Gast. Seit meinem ersten Artikel “Bulgarien – die große Freiheit” auf “Multipolar” ist er nicht nur ein Unterstützer meiner Arbeit, sondern sind wir auch Freunde. Mein Bürgermeister Emil (sein Spitzname ist Emu) war auch eingeladen und ein Paar aus Sofia, das auch englisch sprach. Natürlich wollte man wissen, was Joachim macht. Joachim ist Professor, der andere Professoren ausbildet. Zumindest habe ich das so erzählt. Das mit dem Professor macht man so in Bulgarien. Jeder, der lehrt, ist Professor hier, so wie jeder, der einem Handwerk nachgeht, ein Maistor ist. Der Unterschied zu Deutschland ist, dass Joachim nicht lehrt, sondern lernen lässt. Das ist sozusagen die höhere Schule des Lehrens, und das probierte er auch gleich bei meinem Bürgermeister aus. Er erzählte ihm, dass es irgendwo in Italien einen Ort gibt, in den wurzellose Städter kommen und für ein halbes Jahr zum Nulltarif Leben und Arbeiten können, mit dem Ziel, dass sie vielleicht dort bleiben und Wurzeln schlagen. Meinem Bürgermeister hat die Idee sogleich sehr gut gefallen. Auch er fände es gut, wenn mehr Menschen in unser Dorf kämen. Er tut auch schon viel, beispielsweise ein Fussballfeld anlegen oder einen Malnachmittag mit hiesigen Künstlern organisieren, damit insbesondere die Kinder sich nicht langweilen, wenn sie für ein paar Tage aus Sofia oder gar aus dem Ausland in das Dorf zurückkehren, in dem ihre Eltern einst geboren und groß geworden sind. Die kommen auch, weil sie noch Häuser im Dorf haben, um die sie sich kümmern müssen, wenn nicht auch sie verfallen sollen wie viele Häuser im Land. Bei unserem gemeinsamen Rundgang später durchs Dorf haben Joachim und ich beispielsweise ein leer stehendes Haus mit nagelneuen Fenstern gesehen, von dem jetzt das Dach in Auflösung begriffen ist. Bei vielen Häusern liegt Brennholz vor der Tür, dessen Preis sich im Vergleich zum letzten Jahr verdoppelt hat, und das klein gemacht werden muss, will man damit im bevorstehenden Winter sein Haus beheizen. Leer stehende Häuser ohne Holz vor der Tür gibt es auch genug in unserem Dorf. Die meisten von ihnen verfallen oder sind bereits in sich zusammengefallen. Und das ist genau das Problem meines Bürgermeisters, der sich wie erwähnt freuen würde, wenn mehr Leute in unser Dorf kämen, denen er auch freie Kost und Logie anbieten würde, zumindest für die ersten sechs Monate, wenn er es könnte. Im Moment hat er einfach nicht die Möglichkeit dafür. Aber vielleicht findet er sie, nachdem mein deutscher Freund und Professor Joachim gestern angefangen hat, auch ihn lernen zu lassen. Eine Idee hat mein Bürgermeister von mir gratis bekommen, die er heute schon umsetzen will. Und zwar ist mir als Comercial-Guy aufgefallen, dass unser Dorf mit Spa beginnt. Wenn man diese drei Buchstaben groß, also S P A, beispielsweise auf ein T-Shirt schreibt und darunter klein chevtsi, dann ist das nicht nur eine tolle Reklame für unser Dorf, sondern auch eine geniale Geschäftsidee. Mein Bürgermeister wollte sich wie gesagt gleich um die T-Shirts kümmern, und vielleicht kann er von den Einnahmen auch bald Leute für ein halbes Jahr zu uns aufs Dorf einladen. Das war zumindest sein Plan nach der ersten “Lernen lassen Lektion” meines Freundes und Professors aus Bremen auf der gestrigen Geburtstagsparty meiner Nachbarn. Dass mit dem SPA-Dorf ist auch nicht übertrieben, sondern im Gegenteil. Unser Dorf Spanchevtsi mit seiner eigenen Mineralquelle, an der täglich viele Menschen halt machen und ihre oft unzähligen mitgebrachten Flaschen mit Mineralwasser aus Spancevtsi auffüllen, ist landesweit bekannt, unter Insidern auch als Kurort vom offiziell anerkannten Kurort Varshets mit seiner über 170-jährigen Tradition nicht nur zu Füßen des Balkangebirges, sondern auch zu Füßen unseres Dorfes. Da ich meinen Bürgermeister jetzt viele Jahre kenne, halte ich es sogar für sehr wahrscheinlich, dass er sich noch heute um die die SPA-T-Shirts kümmert. Wer Interesse an dem Angebot hat, für sechs Monate in unser Dorf zu kommen, auch weil die Situation in der Heimat sich immer mehr zuspitzt, sollte nicht lange überlegen und mich möglichst umgehend kontaktieren, bevor alle Plätze gleich wieder vergeben sind.

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Bericht aus Bulgarien (282) – “Gestern auf dem ‘Blasenmusikfestival'”

Ein Student meines Teams
(rückwärtige Ansicht)
Gestern war ich mit meinen Studenten auf dem “Blasenmusikfestival” im Nachbarstädtchen. Die Amerikanerin (auf Bulgarisch: “Amerikanka”) in meinem Team machte aus der Blasmusik, für die unsere Region im Nordwesten Bulgariens bekannt ist, “Blasenmusik”. Es gibt, wie du siehst, noch viel Arbeit für mich. Der nächste Fehler lag aber bei mir, und zwar dass ich – typisch deutsch – dachte, das “Blasenmusikfestival” ginge auch wirklich und genau um 17 Uhr los, nur weil auf dem Plakat 17 Uhr stand. Da hatte ich die Rechnung ohne den Bulgaren gemacht, der die Stunde, die er Deutschland voraus ist, ungenutzt verstreichen ließ. Oder, wenn man es positiv sehen will, der bei der Zeitangabe einfach die deutsche Zeit angibt. Nach bulgarischer Zeit begann das “Blasenmusikfestival” jedenfalls um 18 Uhr, das dann wiederum sogar nach deutschem Maßstab ausgesprochen pünktlich.

Der Solo-Eintänzer
(beim Warmtanzen der Tanzfläche)
Sogleich begann ich wegen der bulgarischen Zeit und meinem Verständnis, besser Unverständnis, für sie die Fehlersuche. Als halber Deutscher suchte ich den Fehler als erstes bei mir selbst, so wie ich die Schuld auch immer als erstes bei mir suche. Mein englischer Freund Jerry, der am liebsten ganzer Deutscher wäre, versuchte mich zu beruhigen, indem er auf meine Frage, was ich verkehrt gemacht habe, liebevoll auf Deutsch antwortete: “Du hast Recht!” – Ich muss, denke ich, nicht erklären, warum Jerry zu meinen Lieblingsschülern gehört, der mir gelegentlich sogar mit “Jawohl, mein Führer!” antwortet, was aber unter uns bleiben muss.
Filmische Dokumentation des bulgarischen Gewimmels
(durch einen Deutschen)
Joachim, der Deutsche in meinem Team, brachte sein Missfallen für die hiesige “Blasenmusik” mit der Bemerkung “Ich habe ausgehört” auf den Punkt. Das erinnerte nicht nur an das bekannte “Ich habe fertig” des Italieners Trappatoni, sondern Joachim konnte sich auch der Zustimmung meinen englischen Studenten Jerry sicher sein, der als professioneller Musiker an der Akustik (nicht an der Musik!) herumzukritteln hatte. – Nach gerade mal einer Stunde verließ ich mit meinem Team das “Blasenmusikfestival”, das zu diesem Zeitpunkt gerade dabei war überhaupt loszugehen, indem sich vom Baby bis zur Oma alle zum traditionellen “Ringelpietz mit Anfassen”, der auf Bulgarisch “Horo” heißt, auf der Tanzfläche einfanden, die zuvor vom Solo-Eintänzer vorbereitet worden war, der sie sozusagen warm getanzt hatte. – Als professioneller Teamleiter, dem der Wille seiner Studenten heilig ist, verließ auch ich den Ort des Geschehens, erlaubte mir aber immerhin die Frage aufzuwerfen, wann man ein solches Gewimmel zuletzt in deutschen, englischen oder gar amerikanischen Landen gesehen hat, also dass jung und alt sich an der Hand nehmend auf der Tanzfläche einfanden. – “Nicht zu Lebzeiten”, so die ehrliche Antwort des deutschen Teilnehmers, der sich zuvor mit “It’s not my music and now I know it more then ever!” in englisch versuchte, bevor er das erwähnte Gewimmel, von dem schon Goethe mit den Worten “Solch ein Gewimmel möcht’ ich sehen!” schwärmte, nicht nur filmisch festhielt, sondern auch seinen eigenes Konzept an sich selbst ausprobierte, das da heißt: “Ich lasse lernen.”
PS: Heute Mittag versuche ich nun mein Team auf’s Neue lernen zu lassen, denn da sind wir beim Nachbarn zum Geburtstag eingeladen. In Bulgarien wird Geburtstag nicht am Abend, sondern mittags gefeiert. Auch in Sachen Geburtstag feiern ist beim Bulgaren nicht alles einfach nur anders, sondern ganz und gar umgedreht.
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Bericht aus Bulgarien (281) – “Masken sprechen”

“Masken sprechen”*
 (auf dem Protest gegen die Corona-Maßnahmen am 11. Mai in Sofia)

Wann ich in Bulgarien zuletzt eine Maske aufgesetzt habe, daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Es muss irgendwann im letzten Jahr gewesen sein. Als ich im Juni in Berlin war, ließ es sich nicht völlig vermeiden, weil ich auch mit Ämtern und Behörden zu tun hatte. Die Öffentlichen Verkehrsmittel in Deutschland, wo die Maskenpflicht bis heute gilt, habe ich, obwohl auch ich mir ein Neun-Euro-Ticket gekauft hatte, bewusst zu meiden gesucht. Lieber bin ich mit dem Fahrrad durch die Stadt gefahren, was nach einem Jahr auf dem Dorf eine ganz neue Erfahrung für mich war. Von und zum Flughafen habe ich keine Maske aufgesetzt. Ich hatte auch gar keine dabei, weil es in Bulgarien schon seit einiger Zeit niemanden mehr interessiert und es kaum noch Menschen gibt, die eine Maske tragen. In Deutschland sollen die Zügel, was das Masken tragen angeht, bald wieder angezogen werden. Dagegen regt sich jetzt Widerstand, was nicht neu ist. Neu ist, dass es nun auch in der Zeitung steht, und zwar in der Berliner. Nicht nur bei den britischen, sondern auch bei den deutschen Medien findet offensichtlich ein Umdenken in Sachen Berichterstattung statt. Wünschenswert wäre es auf jeden Fall. Und Zeit genug war auch, um zu einem demokratischen Diskurs unterschiedlicher wissenschaftlicher Meinungen anstelle von willkürlichen Maßnahmen und diktatorischen Anweisen zurückzukehren, auch damit dieser nicht völlig einrostet. Für viele kommt dieses Umdenken allerdings zu spät. Auch wenn die Berliner neulich diesen Text von mir veröffentlicht hat, lese ich sie selbst nur, wenn ich explizit auf einen Artikel hingewiesen wurde. Sonst lese ich sie nicht. Auf “Wissenschaftler: ‘Keine evidenzfreie Maskenpflicht'” mit dem Untertitel “Das Tragen einer Maske soll im kommenden Herbst wieder großflächig vorgeschrieben werden können. Eine Gruppe von Wissenschaftlern kritisiert das Vorhaben scharf.” hat mich gerade eine gute alte Freundin und Kollegin, sie ist Krankenschwester in Berlin, hingewiesen. Vielen Dank dafür!

* u.a.: “Ich lebe in Angst”, “Ich glaube dem Fernsehen”, “Ich will keine Freiheit, ich will Sicherheit”, “Ich möchte medizinische Tyrannei”, “Ich liebe Bill Gates”, “Ich mache, was man mir sagt”, “Ich möchte die Impfpflicht”, “Für alles ist Trump verantwortlich” (heute Putin, Anmerkung TaxiBerlin) und “Neue Normalität”

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Bericht aus Bulgarien (280) – “Von Luxusproblemen lernen”

Leider nicht auf Deutsch – aber vielleicht demnächst

In Grossbritannien findet gerade ein Umdenken in den Medien über die Berichterstattung statt, das jetzt auch beim Guardian angekommen ist. Ein Umdenken übrigens, das in Bulgarien nicht nötig ist, weil hier die Berichterstattung immer eher auf den Füßen stand, so wie das allermeiste in Bulgarien von hause aus umgedreht wie in der Heimat ist. Aus dem Guardian erfahre ich nun, dass Milliardäre in den USA aktuell ihre ganz eigenen Probleme haben, über die bisher nicht berichtet worden war. Die Superreichen nicht nur in Amerika rechnen mit dem Schlimmsten, sogar mit dem Niedergang des Systems, das ihre Macht bis heute sichert. Deswegen beschäftigt sie, nachdem sie sich bereits mit dem Bau von Bunkern darauf vorbereitet haben, ganz aktuell folgende Frage: “Wie behalte ich nach dem Ereignis die Autorität über meine Sicherheitskräfte?” – Wie wir morgen unser Gas bezahlen, diese Frage stellen sie sich nicht, aber gut, ich stelle mir auch nicht die Frage, wie ich morgen die Autorität über meine Sicherheitskräfte behalte, einfach weil ich sie nicht habe. Auch deswegen ist das Problem der Superreichen für mich eher ein Luxusproblem. Bei den allermeisten dürfte es nicht anders aussehen. Das hat den Vorteil, dass Zeit und Raum bleibt, die wirklich wichtigen Fragen zu stellen. Und da frage ich mich gerade, ob sich ein “Führer durch den Kapitalismus” rechnet, den ich in Anlehnung an obige “Guides” gerne schreiben möchte, und in dem dann auch Bilder von den erwähnten Bunkern neben verwaisten Börsen enthalten sein könnten. Das ist zwar kein Luxusproblem, aber doch irgendwie kapitalistisch gedacht. Und überhaupt, vielleicht sollte auch ich mir wie die Superreichen zumindest ein paar Konserven für den Ernstfall “preppern”, was der Geldbeutel halt hergibt. Vielleicht gehe ich besser so an die Sache ran, dass ich mich frage, was ich von den Luxusproblemen der Superreichen noch lernen kann.

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Bericht aus Bulgarien (279) – “Was ist passiert?”

Bulgarisches Protokoll-Heft – auch für Romane geeignet

“Was ist passiert?” fragt sich Verena Töpper vom ehemaligen Nachrichtenmagazin, dass eine Hochbegabte, die mit 14 Abitur gemacht, danach Medizin studiert hat und dann in die Forschung ging, jetzt Romane schreibt, die kaum einer liest. Also ich würde sagen, die jetzt knapp 30 Jahre alte Frau, sie heißt Minu Tizabi, hat alles richtig gemacht. Sie hat gesehen, wie es in der medizinischen Forschung läuft, spätestens seit Corona sollte das Wissen darüber auch in Hamburg angekommen sein – Zeit genug war ja nun, und sich dann für die wichtigen Dinge im Leben und gegen’s Geld verdienen entschieden. Dass es in der Vergangenheit jede Menge Autoren gab, die zu Lebzeiten kaum oder gar nicht gelesen wurden, weil sie ihrer Zeit voraus waren, weiß die Spiegel-Autorin offensichtlich auch nicht, die es nicht einmal schafft einen ordentlichen Artikel zu schreiben, geschweige denn Romane.

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Bericht aus Bulgarien (278) – “Wenn selbst das arme Bulgarien Deutschland abhängt”

PEACE LOVE EMPATHY

Jetzt ist man selbst in Hamburg beim ehemaligen Nachrichtenmagazin dahinter gekommen, was ich seit Jahren erzähle, und von dem ich den Titel übernommen habe. Arm finde ich Bulgarien gar nicht – im Gegenteil. Mein Leben in den Schluchten des Balkans ist um einiges reicher als mein Leben in Berlin war, und das sogar mit weit weniger Geld. Es ist kein Quatsch, wenn ich sage, dass ich mich in Bulgarien nicht nur reich, sondern sogar privilegiert fühle. Privilegiert fühle ich mich deswegen, weil sich mein Leben hier auf wundersame Weise das wirklich wichtige reduziert hat. Praktisch so wie es auf dem T-Shirt des Zigeuner-Mädchens steht, auch wenn es selbst nicht von den im Spiegel-Artikel erwähnten Bildungsprogrammen profitiert, sondern lieber betteln geht. Aber das wichtigste im Leben gibt es bekanntlich sowieso immer umsonst. So sehe ich beispielsweise auch mein Geschenk, hier zu sein, für das ich immer noch ausgesprochen dankbar bin.

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Bericht aus Bulgarien (277) – “Ohne Etiketten”

Birnen von der Nachbarin

Am Freitag waren wir bei Baba Bore, wo wir vier Wochen nicht waren. Für jede Woche, die uns Baba Bore, was die liebevolle Abkürzung für Borislava ist, nicht gesehen hat, gab es eine Tüte mit Obst und Gemüse aus ihrem Garten. Die Birnen und Pfirsiche auf dem Tisch waren in einer davon. In den anderen befanden sich Zwiebeln, Paprika, Feigen, Tomaten, Knoblauch, Auberginen und Zucchini. Jetzt sind wir erstmal versorgt. Früher haben wir Dinge auch eingekocht, aber das schaffen wir heute nicht mehr. Dafür sind wir zu sehr mit dem Lesen und Schreiben beschäftigt. Baba Bore weckt wie jedes Jahr ein, sie ernährt damit ihre Kinder, Enkel und Urenkel. Damals hat sie uns Tips gegeben wegen dem Einwecken, aber wir haben auch im Internet nachgeschaut. Und da war es so, dass der Deutsche unbedingt Etiketten fürs Einwecken braucht. Das war komplett irre, auch weil sich dieser Hinweis nirgendwo sonst fand, und beim Deutschen man das Gefühl bekam, dass man ohne Etiketten nicht einwecken kann. Baba Bore sind Etiketten unbekannt. Es geht also auch so. Das können wir aus eigener Erfahrung bestätigen.

Alles von Baba Bore (Borislava)

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Bericht aus Bulgarien (276)

Ein Plakat auf der Demonstration am 19. März in Sofia
In Prag sollen 70.000 Menschen auf der Straße gewesen sein gestern. Ich lese nur noch die Überschriften und die Kommentare. Wenn sie 70.000 schreiben, gehe ich davon aus, dass es mindestens 100.000 gewesen waren, wahrscheinlich eher 200.000. So viele Menschen sind in Sofia bisher nicht zusammengekommen. Wie auch, wenn jeder dritte Bulgare im Ausland lebt. Obwohl, nicht wenige sind in den letzten beiden Jahren in ihre Heimat zurückgekehrt, manche sogar auf ihre Dörfer. Einige von ihnen habe ich auf den zahlreichen Protesten in der bulgarischen Hauptstadt kennengelernt, der ein oder andere der Zurückgekehrten hat sogar zu den Protestierenden gesprochen. Eine Einladung dazu brauchte keiner von ihnen. Dass das alles nützliche Idioten wären, die da auf die Straße gehen, davon habe ich hier noch nie gehört. Aber da ist man selbst beim ehemaligen Nachrichtenmagazin aus Hamburg gerade dabei zurückzurudern, zumindest gestern. Morgen in Leipzig sieht das natürlich schon wieder anders aus. Wie gesagt, ich lese nur noch die Überschriften und die Kommentare, denken kann ich noch selber. Ich brauche die Zeit auch für meine Bücher, die ich mir selbst aus Berlin nach Bulgarien geschickt habe. Gerade lese ich “Im Zeitalter der Sucht” von Anne Wilson Schaef, ihr indianischer Name ist Weán Wamblischka Wanka. Die bekannte US-amerikanische Psychotherapeutin ging schon vor über 30 Jahren davon aus, dass wir in einem Suchtsystem leben, was aber nicht heißt, dass alle an der Nadel hängen, obwohl in diesem Punkt das Buch unter Umständen schon überholt ist. Die Einleitung beginnt jedenfalls mit diesem Satz: “Unsere Gesellschaft zerfällt mit beängstigender Geschwindigkeit.” Im Kapitel “Angst” schreibt die Autorin, sie ist Mitbegründerin des “Woman’s Institute of Alternative Psychotherapy”, dass wir uns unsere Krisen selber schaffen, und zwar “als Garantie dafür, dass doch noch eine geringe Überlebenschance besteht.” So sehe ich auch den Krieg in der Ukraine zwischen Russland und den USA, für den die USA in hohem Maße mitverantwortlich ist und den ebenfalls die USA als größter Kriegsprofiteur auf keinen Fall beenden will. Deutschland, also auch du und ich, wir sind dafür nur die nützlichen Idioten.
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Bericht aus Bulgarien (275) – “Vom Auswildern”

In der Wüste von Arizona

Weil man in Deutschland jetzt doch nicht frieren will für den Frieden, was die Bulgaren schon seit 30 Jahren ohne zu murren machen, überlegt man nun Strom aus der Ukraine und zwar von dortigen Atomkraftwerken russischer Bauart zu kaufen. Während der ein oder andere in der Heimat sagt, warte mal, da war doch was, da war doch dieser Krieg, fällt mir dazu ein, dass es auch hier in Bulgarien genau ein Atomkraftwerk russischer Bauart gibt, und zwar in Kozloduy an der Donau. Die Abkürzung ist АЕЦ Козлодуй, also AEZ Kozloduy, was für Атомна електроцентрала „Козлодуй” steht und auf deutsch Atomkraftwerk Kozloduy heißt. Ich weiß das deswegen so genau, weil meine bulgarische Ex-Schwiegermutter in Kozloduy an der Donau direkt neben dem Atomkraftwerk gewohnt hat und ich sie dort regelmäßig besucht habe. Wenn man sich dem Ort Kozloduy und seinem Atomkraftwerk genähert hat, tauchten Schilder in drei Sprachen auf, die darauf hinwiesen, dass man nicht fotografieren darf. Eine der drei Sprachen war unsere geliebte Muttersprache und die Übersetzung in diese lautete beim Bulgaren “Machen Photos Verboten”. Ich hab dann immer gedacht, na hoffentlich können die besser mit ihren Atomen als mit der deutschen Sprache umgehen. Jetzt war ich schon über zehn Jahre nicht mehr am Atomkraftwerk in Kozloduy, und ich muss sagen, ich vermisse es gar nicht. Vermutlich, weil ich seitdem öfters in Amerika war, wo nicht nur meine jetzige Schwiegermutter wohnt, sondern auch obige Langohren. Und die darf ich jetzt nicht mehr besuchen, also weder die Langohren, noch meine Schwiegermutter. Das liegt daran, dass ich nicht geimpft bin, besser nicht “gentechnisch behandelt” bin. Ich wollte es erst nicht glauben, aber ohne Gen-Spritze kein Amerika. Und das, obwohl in Europa nun auch der letzte dahinter gekommen ist, dass das Impfen, das diesen Namen nicht verdient, nicht nur nichts bringt, sondern darüber hinaus auch noch nicht ganz ungefährlich ist. An dem Einreiseverbot ändert auch nichts die Tatsache, dass ich mit einer Amerikanerin, auf bulgarisch “Amerikanka”, verheiratet bin, obwohl Staatsbürger wiederum ungeimpft einreisen dürfen in die USA, das einstige “Promised Land”, “Home of the Brave” und “Land of the Free”. Es muss also auch ohne Schwiegermutter in Kalifornien und selbst ohne Langohren in der Wüste von Arizona gehen, wo obige Aufnahme vor jetzt sieben Jahren entstanden ist. Die Esel, das sei noch erwähnt, haben dort früher in den Goldminen gearbeitet und wurden dann irgendwann ausgewildert. Und das kann ich auch nur jedem empfehlen, also das Auswildern. Ohne dem geht es nicht. Wer keinen Atomstrom aus dem ukrainischen Kriegsgebiet haben möchte, sondern lieber kalt duschen will für den Frieden, wie auch ich es nun seit über einem Jahr in den Schluchten des Balkans praktiziere, der muss sich selbst auswildern. Beim Auswildern gilt übrigens: “Machen Photos Verboten”.
PS: Das Auswildern ist insbesondere dem zu empfehlen, der nicht so recht vom Verteidigen seiner Freiheit an der amerikanisch-russischen Front in der Ukraine überzeugt ist, nachdem das mit der Verteidigung der Freiheit am Hindukusch nicht so richtig erfolgreich war, auch wenn die Vereinigten Staaten von Nordamerika ihren nur allzu schmählichen Abzug aus Afghanistan wie einen Erfolg feierten, über den sie zuvor mit den bösen bösen Russen Taliban verhandelt haben, und der, wenn er unter Trump erfolgt wäre, natürlich ein Fehler gewesen wäre – das ist klar. 

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