Bericht aus Bulgarien (353) – “Koalition des Krieges”

Die USA scheinen ihr Ziel erreicht zu haben
(beim Besuch des US-amerikanischen Verteidigungsministers
am 19. März in Sofia)

“Koalition des Krieges”, so nennt die Chefin der Bulgarischen Sozialistischen Partei Kornelia Ninowa jene 166 Abgeordnete, die heute für ein “militärisches Hilfspaket” für die Ukraine gestimmt haben. Bisher gab es nur eine “militärtechnische Hilfe”, von der niemand so recht sagen konnte, was damit genau gemeint ist. Nunmehr hat Bulgarien zwar immer noch keine Möglichkeit, offiziell schwere Waffen zu liefern, dafür aber Kleinwaffen und Munition, und ist somit mit im Krieg. Gegen diese Teilnahme am Krieg haben insgesamt 48 Volksvertreter gestimmt, neben der Sozialistischen Partei auch die Partei “Wiedergeburt”. Eingangs erwähnte Kornelia Ninowa hat nun Staatspräsident Rumen Radev, ein ehemaliger Generalmajor der Luftwaffe, aufgefordert, sein Veto gegen diese Entscheidung des Parlaments einzulegen. Radev hat sich wiederholt gegen Waffenlieferungen an die Ukraine geäußert, damit Bulgarien nicht in den Krieg hineingezogen wird. Der Witz bei der Geschichte ist, dass es in Bulgarien am 2. Oktober zwar Neuwahlen gab, nachdem der amtierenden Regierung das Vertrauen entzogen worden war, das Land aber bis heute keine neue Regierung hat. Und trotzdem hat man nichts Besseres zu tun, als Waffen in die Ukraine zu schicken. Wer dagegen ist, ist für den Westen entweder “russlandfreundlich” wie die Sozialisten, oder gar “prorussisch” wie die Partei “Wiedergeburt”. Auf die Idee, dass man in Bulgarien einfach neutral bleiben möchte, kommt man im Westen nicht. Wie auch, denn dann müsste man die neutrale Schweiz schließlich auch als “russlandfreundlich”, wenn nicht gar “prorussisch” bezeichnen. Bei einer Volksbefragung hätte die heutige Parlamentsentscheidung mit Sicherheit keine Mehrheit gefunden. Vermutlich hätten die meisten Menschen den Fragenden einen Vogel gezeigt und gesagt, dass die Bulgaren weiß Gott wichtigeres zu tun hätten, als in einem Krieg mitzumischen, der nicht der ihre ist, vor allem erstmal eine handlungsfähige Regierung zu bilden.

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Bericht aus Bulgarien (352) – “Markttag”

Freitags ist im Nachbarstädtchen immer Markt, der hier Basar heißt. Der Basar ist zwar überdacht, und doch irgendwie unter freiem Himmel. Das Wetter war heute wieder das bekannte Grau in Grau. Bei mir auf meinem Berg scheint aber die Sonne. Das heißt, ich muss mein Wohnzimmer, wo ich gerade sitze und diesen Beitrag schreibe, nicht heizen. Die Sonne wärmt es auf, die Temperatur liegt gerade bei genau 21 Grad. Doch zurück zum Basar, wo auch die Preise angezogen haben. Eier beispielsweise sind jetzt doppelt so teuer wie Anfang des Jahres. Unter 20 Cent ist praktisch kein Ei mehr zu bekommen. Mit Brot ist es genauso, ein Weißbrot kostet jetzt ein Euro. Gemüse ist im Schnitt um die Hälfte teurer geworden. Da die Jungen nahezu alle im Ausland sind, kommen am Freitag auf dem Basar nur die Alten zusammen. Man erkundigt sich dort, ob der und der noch lebt, man habe ihn lange nicht gesehen. Genau genommen geht es nicht so sehr ums Einkaufen, wofür den meisten Alten sowieso das Geld fehlt, sondern um den Austausch. Und den vermisse auch ich, seitdem ich kein Taxi mehr fahre. Bei der Frage, ob der und der noch lebt, kann ich allerdings nicht mitreden, sondern nur zuhören, so wie im Taxi.

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Bericht aus Bulgarien (351) – “Falscher Held”

Todor Kolev ist ein in Bulgarien bekannter Schauspieler und Sänger. Der obige Song “Falscher Held” hat nicht ohne Grund fast fünf Millionen Aufrufe. Gerne hätte ich Todor Kolev live erlebt. Daraus wurde leider nichts, denn er verstarb 2013 im Alter von 73 Jahren. Die Bezeichnung “Falscher Held” trifft in gewisser Weise auch auf Todor Kolev selbst zu. 2007 wurde bekannt, dass er ein inoffizieller Mitarbeiter des bulgarischen Ministeriums für Staatssicherheit war. Die Zusammenarbeit mit ihm wurde 1987 eingestellt, sein Deckname war Petrov. Das Lied “Falscher Held” ist, wenn ich es richtig verstanden habe, aus dem Jahre 1996. – Ich komme auf den Song, weil er unter anderem diese Textstellen enthält, die mich immer wieder aufs Neue berühren, über die ich nachdenken muss: “Wo ich wollte, war ich, ich nahm so viel ich wollte. Heute fragen sie mich, ob ich nicht ein falscher Held war. Ich habe schöne und kluge Frauen gesehen, ich habe so viele Lügen gehört – und du fragst mich, was ich war – ein falscher Held. – Meine Fußabdrücke sind im Sand und ich höre das Meer rauschen, ich tanze mit dir – der Urlaub ist nicht vorbei und ich bleibe, und ich bleibe, ich bleibe so – für alles andere ist es zu spät – was – ein falscher Held. Ich weiß – alles hat ein Ende, wartet die Hölle auf uns oder der Himmel? Zurück wende ich meinen Kopf nicht – also, besser so – falscher Held.”

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Bericht aus Bulgarien (350) – “Mein Bauchladen”

Am Montag war ich auf dem Flohmarkt in Montana, wo ich obiges Buch gefunden habe. Das Cover des Buches hat mich sogleich angesprochen, weil es mich an meinen Bauchladen in meinem Berliner Taxi erinnert hat. Mein Bauchladen war ein kleiner roter Kinderkoffer, in dem sich immer vier, fünf Bücher befanden, die ich in meinem Taxi verkauft habe. Das liegt jetzt über zweieinhalb Jahre zurück. Meine letzte Taxischicht war Anfang März 2020. Obiges Buch spielt auch auf den Straßen von Berlin, denn es enthält vier Romane für Kinder von Erich Kästner, unter ihnen auch “Emil und die Detektive” und “Das fliegende Klassenzimmer”.

Erich Kästner gehört neben Rainer Maria Remarque zu den am meisten gelesenen deutschsprachigen Autoren in Bulgarien, sowohl auf deutsch, als auch auf bulgarisch. Dieses Buch mit den vier Romanen von Kästner für Kinder ist 1969 in Sofia erschienen, es hat 455 Seiten und kostete einst einen Lew und 57 Stotinki.

Das Bild des Jungen mit seinem Bauchladen vom Cover erscheint noch einmal auf Seite 176. Es gehört zum Roman “Anton und Pünktchen”. Im Buch gibt es weitere Zeichnungen, insgesamt 66, allesamt von Walter Trier. Bei dem Sammelband von Kästners vier Romanen für Kinder handelt es sich um die zweite Ausgabe.

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“Woher kommt die hohe Übersterblichkeit?”

 

“Woher kommt die hohe Übersterblichkeit?”, das fragt sich jetzt auch der von Bill Gates mitfinanzierte Spiegel, der feststellt: “Die Übersterblichkeit ist weltweit deutlich höher als die Zahl der gemeldeten Covid-19-Toten.” Ob man die Antwort auf diese Frage bei der ebenfalls von Bill Gates mitfinanzierten Weltgesundheitsorganisation (WHO) findet, wie es der Spiegel tut, ist allerdings fraglich. An den neuartigen, experimentellen Impfstoffen kann es auf keinen Fall gelegen haben! Denn mit denen macht Bill Gates einen großen Teil seines Geldes, mit dem er wiederum den Spiegel und die WHO mitfinanziert. Ein Teufelskreis – im wahrsten Sinne des Wortes. Man könnte beim lieben Gott anrufen und dabei einen Notizzettel bereithalten (Foto). DIE Wissenschaft sieht in solchen Fällen Obduktionen vor. Man kann auch einfach nur Eins und Eins zusammen ziehen.

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“An welchen Faktoren außer der Impfung könnte die Übersterblichkeit liegen?”


“An welchen Faktoren außer der Impfung könnte die Übersterblichkeit liegen?”, so lautet ein Kommentar auf dieses Video der Süddeutschen Zeitung. Mich interessiert mehr, wer diese Frau ist, die mich ein wenig an Frau Puppendoktor Pille mit der großen, klugen Brille aus dem Kinderfernsehen der DDR erinnert. Immerhin, wer die Frau Puppendoktor war, das ist bekannt: Urte Blankenstein. Über das obige Video erfährt man zwar, wer die Redaktion gemacht hat, es war Leonie Sanke, an der Kamera war Luca Riedel, der Schnitt wurde von Luca Riedel und Leonie Sanke erledigt, für die Animation zuständig war Julia Schubert und für die Grafik war Sören Müller-Hansen verantwortlich. Wer die Sprecherin ist, bleibt ein Rätsel. Und auch ihre Expertise. Gut, die hatte die Frau Puppendoktor Pille mit der großen, klugen Brille aus dem Kinderfernsehen der DDR auch nicht wirklich. Trotzdem habe ich ihr irgendwie nicht nur lieber zugehört, sondern auch mehr geglaubt. Und noch etwas war damals anders: „Habt Ihr Kummer oder Sorgen, dann schreibt gleich morgen an Frau Puppendoktor Pille mit der großen, klugen Brille …“
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Bericht aus Bulgarien (349) – “Gelebte Demokratie”

Das Europaparlament in Sofia samt seinen Bewachern
(und Eiern auf dem Bürgersteig davor)

In Bulgarien gibt es sie noch, die gelebte Demokratie. So soll hier zum Beispiel zum 1. Januar 2024 der Euro eingeführt werden, obwohl die Mehrheit der Bulgaren dagegen ist. Das erfahre ich soeben aus den Bulgarischen Nationalradio (BNR). Zu dieser Mehrheit scheinen mir auch diese drei Polizisten vor dem Sitz sowohl des Europaparlamentes, als auch der Europäischen Kommission in der bulgarischen Hauptstadt Sofia zu gehören. So interpretiere ich zumindest ihre Körpersprache.

Europäischer Glaspalast in der bulgarischen Hauptstadt

Vor dem Glaspalast, genau ist es eine Stahlskelettkonstruktion mit viel Glas, hatten sich am 3. Dezember, ich hatte hier und hier darüber berichtet, etwa 3.000 Menschen friedlich versammelt, um gegen die Einführung des Euros in Bulgarien zu demonstrieren, die wie gesagt die Mehrheit der Bulgaren ablehnt. Es kam zu Eierwürfen auf das Gebäude, was den Ordnungshütern aber am Allerwertesten vorbeiging, was wiederum daran liegen könnte, dass ihre eigene Hütte so aussieht:

Ein Referendum über die Einführung des Euros wird von Staatspräsident Radev, der nicht nur ein ehemaliger Generalmajor der Luftwaffe ist, sondern auch genauso wie ein Generalmajor zu seinem Volk spricht, abgelehnt. Aber nicht, weil eine Volksbefragung vermutlich ergeben würde, was nicht nur die Spatzen von den Dächern pfeifen, sondern was auch im Radio zu hören ist, und zwar dass die Mehrheit der Bulgaren gegen den Euro ist. Nein, die Begründung von Radev ist, dass die Einführung des Euros, der wie gesagt noch nicht eingeführt ist, bereits beschlossene Sache sei und ein Referendum somit verfassungswidrig. So sieht gelebte Demokratie aus, und wer es anders sieht, ist ein “Demokratieleugner”. Ein neuer Begriff, der – wie alles Neue – aus Amerika kommt. Als nächstes wird es wohl den “Verschuldungsleugner” geben, ebenfalls aus den Vereinigten Staaten, wo die Staatsverschuldung gerade stärker steigt als die von Griechenland und Italien. Der Spiegel schreibt in dem Zusammenhang und passend zur Kriegszeit, in der wir uns befinden, von “Amerikas Billionen-Bombe”. Bisher war Amerika für die Atom- und die Neutronen-Bombe bekannt. Jetzt also die Billionen-Bombe. Doch zurück zum Bulgaren, der nicht weiter verarmen will wie der Grieche und der Italiener. Was soll man solchen Pessimisten entgegenhalten? Was ist die richtig Haltung und was sagt DIE Wissenschaft dazu? Man könnte es mit: “Sei froh, dass du nicht dem US-Dollar und der Billionen-Bombe der Amerikaner beitreten sollst, du Depp!” versuchen.

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Bericht aus Bulgarien (348) – “Winterwanderung”

Die üblichen Kondensstreifen über den bulgarischen Twin Peaks

Heute habe ich meine erste Wanderung nach der “Wim Hof Methode” absolviert. Ich war also splitterfasernackt und hatte nur Schuhe an den Füßen. Meine Kamera war, wenn man so will, mein einziges Kleidungsstück. Sie hat mich zwar nicht warm gehalten, aber immerhin habe ich mit ihr folgende Aufnahmen machen können.

Vom Wind abgeknickte Bäume gibt es genug
Manchen ist auch die Krone abhanden gekommen
Im Hintergrund der Vraca-Balkan – ein Kletter-Paradies
Mein Sommersitz
Der Stausee
Die Berge im Hintergrund sind bereits in Serbien
Am Ende wieder die Twin Peaks
Meine Hütte mit dem neuen Tor

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Bericht aus Bulgarien (347) – “Den Kurs korrigieren”

Ist möglich, nicht nur in Bulgarien

Wie ich bereits schrieb, orientieren sich die Piloten mit ihren Flugzeugen in Bulgarien am Verlauf des Balkangebirges. Bei mir sind es die Todorini Kukli, auf deutsch Theodoras Puppen, die eine einmalige, unverwechselbare Form haben, und die ich auch deswegen die bulgarischen Twin Peaks nenne. Auch wenn sie nicht mit im Bild sind, so kann man erahnen, wo sie sich befinden, nämlich rechts. Das aus dem Osten kommende Flugzeug, oder genauer sein Pilot, hat eine Linkskurve vollzogen, als er ihrer ansichtig wurde. Das immerhin ist gut auf dem Foto zu erkennen. Nicht nur bulgarischen Piloten und ihren Flugzeugen ist es möglich, ihren Kurs zu korrigieren. Auch in meinem Berliner Taxi musste ich ihn hin und wieder die Fahrstrecke korrigieren, und zwar wenn ich mich verfahren hatte. Das kam immer mal wieder vor, selbst nach vielen Jahren auf den Straßen und Plätzen der Hauptstadt. Auch im richtigen Leben ist es möglich, Fehler zu korrigieren und seinen Kurs zu ändern. Das sage ich auch aus eigener Erfahrung. Ein wenig Mut muss man allerdings mitbringen, denn es gehört das Eingeständnis dazu, vorher falsch gelegen zu haben. Ohne dem geht es nicht. Auch das sagt meine Erfahrung.

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Bericht aus Bulgarien (346) – “Orientierungshilfe”

Die bulgarischen Twin Peaks
Der Winter in den Schluchten des Balkans kann sehr schön sein. Die vergangenen Wochen waren es nicht. Sie waren von Grau in Grau geprägt. Das ändert sich gerade, pünktlich zur Wintersonnenwende, dem kalendarischen Winterbeginn, am 21. Dezember. Letzte Nacht ist auch wieder Schnee gefallen, nachdem dieser zuvor vollständig weggetaut war. Der Schnee macht die Stille, die vorher schon herrschte, richtig unheimlich. Gestört wird sie nur durch gelegentlich übers Balkangebirge fliegende Flugzeuge. Diese orientieren sich an den Bergen, insbesondere an den direkt vor meiner Hütte liegenden Todorini Kukli, die auf deutsch Theodoras Puppen heißen, und die ich die bulgarischen Twin Peaks nenne. Die Todorini Kukli sind 1785 Meter hoch und haben eigentlich fünf Spitzen, von denen man meist aber nur zwei, maximal drei sieht. Und durch diese zwei Spitzen fliegen die Flugzeuge gefühlt und auch praktisch durch. Die original Twin Peaks sind übrigens in San Francisco. Sie sind vergleichsweise sehr sehr klein, regelrecht mickrig, und waren deswegen eine ziemliche Enttäuschung für mich, auch weil in Amerika sonst immer alles größer ist. Auch das ist, wie so oft in Bulgarien, umgedreht. Die bulgarischen Twin Peaks, also die Todorini Kukli oder auch Theodoras Puppen, sind auf jeden Fall viel größer als die Twin Peaks in SanFran, weswegen dort auch kein Flugzeug durchfliegen kann. Es kann sich nicht einmal an ihnen orientieren, so klein sind sie.
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