Bericht aus einem gebrochenen Land (028)

Erfahre gerade vom ehemaligen Nachrichtenmagazin aus Hamburg, das ich nur deswegen lese, um zu wissen, was ich heute wieder denken soll, folgendes: Erstens, dass wir reden, reden und verdammt nochmal reden müssen, auch mit Rechtsextremen wie Björn Höcke. Das ist zumindest die Sichtweise einer Frau aus dem Osten. Ob es die zahlreichen “Demonstranten gegen rechts” genauso sehen, entzieht sich meiner Kenntnis. Genauso wie die Frage, ob Jessy Wellmer eine “stabile Ostdeutsche” ist. Was ich weiß, ist, dass es heute lediglich Gratismutes bedarf, um auf die Straße zu gehen, und dass “stabil” in Bulgarien ein gerne benutztes Wort im Zusammenhang mit Personen ist, beispielsweise bei “stabile Frau” (auf bulgarisch: “stabilna shena”). Doch zurück zum Spiegel, wo ich Zweitens erfahre, dass die Briten nicht nur am Limit, sondern darüber hinaus auch noch arm trotz Job sind. Was für ein Glück, dass wir in Berlin leben, wo zwar die meisten depressiv aber niemand am Limit und schon gar nicht arm trotz Job ist. Drittens erfahre ich, dass eine 43-jährige Komikerin, die ich nicht kenne, besonders stabil scheint sie mir nicht zu sein, ihr erstes Kind zur Welt gebracht hat. Auch wenn ich nicht weiß, warum ich das wissen muss, versuche ich es mir trotzdem zu merken.

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Bericht aus einem gebrochenen Land (027)


Wenn die Menschen mal nicht apathisch auf ihr Smartphone glotzen, wie ich es in meinem letzten Beitrag beschrieben habe, schauen sie meist ziemlich mürrisch drein, was ich nicht verstehe. Sicherlich, es gibt gute Gründe, schlechte Laune zu haben. Im Moment liefert die Gewerkschaft der Lokführer (GdL) mit ihrem Streik so einige. Der soll, so sagt es das öffentlich/rechtliche InfoRadio im Titel einer Meldung, “der längste in der Geschichte” sein. In der Meldung selbst wird dann allerdings festgestellt, dass es 2015 einen Bahnsteik gab, der noch länger war. Das sind Dinge, die mich stutzig machen. Nicht der berechtigte Streik der Gewerkschafter, nachdem sich ihre Manager Millionen genehmigt haben, “obwohl die Deutsche Bahn ihre Ziele für Pünktlichkeit und Kundenzufriedenheit verfehlte”. Überhaupt ist stutzig zu werden nicht gleich depressiv sein. Depressiv zu sein ist aber gerade in Mode. Und wer es nicht ist, sollte es schleunigst werden. Dann ist er weg ist von der Straße und von den nicht funktionierenden öffentlichen Verkehrsmitteln. (Im besten Fall ist er dann auch weg vom nicht funktionierenden öffentlich/rechtlichen Rundfunk, erlaube ich mir hinzufügen.) So verstehe ich die Werbekampagne für Depressionen, die mit dem Mann Steffen und der Frau Sarah ihren Anfang nahm. Weitere Geschlechter werden mit Sicherheit demnächst folgen.

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Bericht aus einem gebrochenen Land (026)

Obiges Foto entstand heute in der U-Bahn. Berlin gleicht immer mehr San Francisco, einer Stadt im Niedergang. Wer lange nicht Öffentliche gefahren ist, sollte dies unbedingt tun. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt dafür. Da die S-Bahn gerade nicht fährt, sammeln sich die Mühseligen und Beladenen in der U-Bahn. Dass einer von ihnen schlafend auf dem Boden liegt wie auf obigem Foto, ist die Ausnahme. Aber auch da gibt es eine Entwicklung. Früher lagen sie auf den Sitzplätzen und schliefen. Heute sitzen dort apathisch auf ihr Smartphone glotzende Fahrgäste, die mit den sich wiederholenden immergleichen Geschichten armer & hungriger Menschen überfordert sind. War es früher ein Bettler pro Fahrt, wenn überhaupt, sind sie heute im Minuten- wenn nicht gar Sekundentakt unterwegs, geben sich praktisch die Türklinke in die Hand. Touristen lassen sich davon genauso wie in San Francisco leider nicht abschrecken. Schade, das wäre zumindest ein positiver Nebeneffekt des Niedergangs, der vielleicht noch kommt.
PS: Die grüne Rossmann Tüte ist übrigens “Bio” – falls das jemand interessiert.
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Bericht aus einem gebrochenen Land (025)

 
Das überraschende an den aktuellen “Demonstrationen gegen Rechts” ist, dass es plötzlich wieder Luftaufnahmen gibt. Diese waren lange Zeit nicht zu finden. Wenn ich mich richtig erinnere aus Sicherheitsgründen. Warum jetzt die Sicherheit vieler Menschen für ein paar Bilder aufs Spiel gesetzt wird, verstehe ich nicht. Noch weniger verstehe ich, warum man sich von dem, von dem diese Sätze sind, nicht distanziert, ihn gar der Demo verweist, sondern ihn im Gegenteil sogar noch feiert:
Wir müssen endlich im großen Stil diejenigen abschieben, die kein Recht haben, in Deutschland zu bleiben.

Wer keine Bleibeperspektive in Deutschland hat, weil er sich nicht auf Schutzgründe berufen kann, muss zurückgehen.

Deshalb begrenzen wir die irreguläre Migration nach Deutschland – es kommen zu viele.

Wir verstärken den Schutz der europäischen Außengrenzen, damit weniger den Weg nach Europa finden.

Wir wollen die Anreize dafür senken, sich hier irregulär bei uns aufzuhalten.

Wer eine unbegrenzte Zuwanderung will, muss so ehrlich sein und sagen, dass wir dann unseren Sozialstaat, wie wir ihn heute haben, nicht aufrechterhalten könnten.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in
im Oktober 2023 im Spiegel
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Bericht aus einem gebrochenen Land (024)

Jetzt ist auch in der Tourismusbranche angekommen, was ich seit langem sage, und zwar dass Berlin die Zentrale des deutschen Irrenhauses ist. Es ist immer das gleiche. Einer hat eine gute Idee oder sagt einfach nur die Wahrheit. Dann dauert es nicht lange, bis ein anderer kommt, der damit Geld verdienen will. Natürlich habe ich mir das Irrenhaus nicht patentieren lassen. Wahrscheinlich geht das auch gar nicht. Obwohl, bei der “Zentrale des deutschen Irrenhauses” bin ich mir nicht sicher. Eins weiß ich. Den “Chaosplatz” werde ich nicht verwenden. Das sage ich all jenen, die “Zentrale des deutschen Irrenhauses” nicht mehr hören können. Es hätte also wirklich schlimmer kommen können, wie man in Bulgarien gerne und oft sagt.
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Bericht aus einem gebrochenen Land (023)

Als mein englischer Freund Jerry neulich in Deutschland war, musste er feststellen, dass unser Land nicht nur voll von Deutschen ist, wenngleich weniger als seinerzeit, als er noch in der Armee ihrer Majestät hier seinen Dienst tat, sondern auch, dass viele Landsleute bedrückt (depressed) und verstopft (constipated) sind. Ich hatte hier darüber berichtet. Nach zwei Monaten in der Zentrale des deutschen Irrenhauses muss ich Jerrys Beobachtungen leider bestätigen. Mittlerweile habe ich auch eine Idee davon bekommen, warum viele Deutsche im doppelten Sinne am Arsch sind. Es liegt ganz einfach daran, dass sie von niemandem mehr danach gefragt werden, ob sie Stuhlgang haben. Früher eine obligatorische Frage bei jedem Arztbesuch, heute die absolute Ausnahme und ein Grund, warum ich nicht mehr zum Arzt gehe. Ein weiterer, wichtigerer Grund ist der, dass seit Corona die wichtigste Grundregel der Krankenpflege keine Beachtung mehr findet: dem Menschen Sicherheit geben! Das Resultat sehen wir heute: eine große Anzahl verängstigter und depressiver Gestalten. So wie es mein englischer Freund Jerry, der am liebster Deutscher wäre, bereits Ende letzten Jahres beobachtet hatte. Gegen Depressionen hilft Lithium, das ist bekannt. Und gegen Verstopfung auf Toilette gehen, was irgendwie in Vergessenheit geraten ist. Damit es keiner vergisst, starte ich eine Kampagne, zu der ich jeden einladen möchte: Werde Stuhlpate!

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Bericht aus einem gebrochenen Land (022)

Mecklenburgische Ecke Blissestraße

 “Corona Unrecht Repressalien Aufarbeiten – Die unerträglichen Grundrechts Einschränkungen dürfen sich niemals wiederholen” stand auf obigem Aufkleber an der Bushaltestelle in Wilmersdorf. Dass man nun nicht mehr lesen kann, was da gefordert wird, liegt daran, dass es sehr stark zerkratzt wurde. Ganz offensichtlich gibt es Menschen, denen nicht gefällt, was da gefordert wird. Auch ich bin der Meinung, dass das Corona Unrecht aufgearbeitet werden muss. Eine Zeitlang bin ich davon ausgegangen, dass dies auch stattfinden wird. Es erschien mir das normalste der Welt zu sein, auch damit sich ähnliches nicht wiederholt. Die Realität sieht leider anders aus. In Anlehnung an Heinrich Heine, von dem der Ausspruch stammt: “Dies war ein Vorspiel nur, dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen”, stelle ich nun fest: “Dies war ein Vorspiel nur, dort, wo man Aufkleber zerkratzt, kratzt man auch am Ende Menschen die Augen aus”.

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