Ein Landsmann, der seit eineinhalb Jahren in Bulgarien lebt, hat mich kontaktiert und gefragt, ob ich Fotos von ihm machen könne. Er war durch meine neue Seite und da durch meine Dienstleistung auf mich aufmerksam geworden. Gestern kam er zusammen mit seinem Freund vorbei. Auch er ein Deutscher, der ebenfalls seit anderthalb Jahren hier lebt. Beide sind sie, so wie ich, vor dem Corona-Wahnsinn in der Heimat geflohen. Sie fühlen sich wohl in Bulgarien, sind von den echten und authentischen Menschen angetan. Mein Freund Dietrich hätte sie vermutlich „dreidimensional“ genannt. Ich sage einfach nur „normal“ zu ihnen. Früher habe ich, kam ich aus Amerika zurück und war in der Berliner Ringbahn auf dem Weg nach Hause, gesagt: „Endlich normale Leute!“. Leider kann man das selbst über die Berliner heute nicht mehr sagen. Dafür über die allermeisten Bulgaren. Doch zurück zur Fotosession. Die fand an Wasserfällen statt, die die beiden alleine vermutlich nicht gefunden hätten. Obwohl das Wetter seit einigen Tagen fast Frühlingshaft ist, ist das Wasser, das vom Balkan-Gebirge kommt, natürlich kalt. Trotzdem ist einer von den beiden ins Wasser gestiegen, und ich habe ihn fotografiert. Knapp 1.000 Fotos sind dabei entstanden. Darunter viele sehr schöne von einem nackten Deutschen in kaltem Gebirgs-Wasser umgeben von unberührter Natur bei schönstem Sonnenschein. Im Hintergrund sah man die schneebedeckten Gipfel des Balkangebirges. In den vier Stunden, die die Fotosession dauerte, waren nur wir an den Wasserfällen. Es gibt kaum noch Bulgaren in Bulgarien. Sind ja alle im Ausland auf der Suche nach dem Glück. Haben sie es gefunden? – Wir haben es.
Foto&Text TaxiBerlin
In den letzten Tagen habe ich mit einigen Menschen in der Heimat gesprochen, Freunde und Bekannte. Viele meiner Gesprächspartner hatten nicht nur das „Manifest für den Frieden“ von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer unterschrieben, sondern wollen auch zur großen Friedensdemonstration am 25. Februar um 14 Uhr ans Brandenburger Tor gehen. Die allermeisten würden damit zum ersten Mal seit langem wieder auf eine Demo gehen. Bisher haben sie still gehalten, aber nun scheint ihre Schmerzgrenze erreicht zu sein. Sie lassen sich auch nicht länger vom Argument der angeblichen Kontaktschuld beeindrucken. Schon gar nicht, wenn es von Herrschenden mit Stockholm-Syndrom kommt, die sich mit den Zerstörern unserer aller Infrastruktur ins Bett legen. Das ist ungefähr so, als würde man mit seinem Vergewaltiger schlafen. Was die Demonstration angeht, kann ich nur jeden ermutigen, hinzugehen und sich sein eigenes Bild zu machen. Ich war auf vielen Demonstrationen, sowohl in Berlin, als auch in Sofia. In Sofia habe ich mich immer sehr sicher gefühlt, im Gegensatz zu Berlin. Dort habe ich mitgeholfen, die Polizei vor linken Provokateuren zu schützen. Die Provokateure waren junge Männer in szenetypischer schwarzer Kleidung, die Masken trugen, was sonst keiner tat. Dass es nicht zu Provokationen ihrerseits kam, lag daran, dass wir „Keine Gewalt!“ skandierten. Wer ’89 auf der Straße war, kann sich an das damals bekannte Motto erinnern. Die jungen Provokateure von heute kannten es offensichtlich nicht. Sie waren so überrascht, dass sie nicht mehr zum Provozieren kamen. Die Polizisten gingen trotzdem mit Gewalt gegen friedliche Demonstranten vor (Foto), selbst wenn diese zuvor „Keine Gewalt!“ skandiert hatten und ihnen damit aus der Patsche geholfen haben. Trotzdem kann ich das Motto auch für die große Friedensdemonstration am Brandenburger Tor empfehlen: „Keine Gewalt!“
Foto&Text TaxiBerlin
Früher sagten die Menschen gerne zu ihrem Liebsten „meiner“, auch „das ist meiner“ habe ich gehört. Der ein oder andere erinnert sich, auch wenn er es selbst nicht praktiziert hat oder davon betroffen war so wie ich. In Bulgarien passiert es, dass ich als „unser“ bezeichnet werde, was auf bulgarisch „nash“ oder „nashijat“ („наш“ или „нашият“) heißt. Früher geschah es, wenn ich sagte, dass ich aus der DDR, also aus einem „Bruderland“, komme. Hintergrund war aber auch damals schon, dass ich einen typisch bulgarischen Namen habe. Da ich weder in Bulgarien geboren noch aufgewachsen bin, werde ich heute „Der Deutsche“ oder „Rumen, der Deutsche“ genannt. Jetzt, wo ich hier lebe, wird dem gerne „unser“ hinzugefügt, also „unser Rumen, der Deutsche“. – Wir Menschen sind soziale Wesen. Wir wollen und müssen immer irgendwo dazugehören, und zwar zu etwas realem. Wir sind nicht diese Einzelwesen im Metaverse, wie es beispielsweise ein Mark Zuckerberg als Vertreter des neoliberalen Individualismus immer gerne behauptet. Wir sind auch keine kapitalistischen Einzelkämpfer, wie ich es als Berliner Taxifahrer lange Zeit war. Nun zum Bulgaren dazuzugehören, ist nicht das schlechteste, so denke ich. Auch hier gilt die bulgarische Devise: Es hätte schlimmer kommen können.
* Ich wurde darauf hingewiesen, dass die korrekte Übersetzung ist: „Gott, gib mir die Kraft, ein würdiger Bulgare zu sein!“ – Vielen Dank dem Leser für den Hinweis!
Foto&Text TaxiBerlin