Bericht aus Bulgarien (317) – “Spent The Day In Bed”

Seit gestern Abend bin ich zurück in den Schluchten des Balkans, zuvor war ich vier Tage in Sofia gewesen und habe mir u.a. den Anti-Euro-Protest angesehen. Der Pass des Balkan-Gebirges, über den ich musste, war in dichten Nebel gehüllt, auch Schnee lag noch. Es war nicht ganz ungefährlich meine Rückfahrt, auch weil starker Rückreiseverkehr herrschte, wenngleich in der anderen Richtung, also nach Sofia. In meiner Hütte erwarteten mich sieben Grad und draußen herrscht immer noch Grau in Grau, so dass ich den heutigen Tag wohl im Bett verbringen werde, wenn nicht gar die ganze Woche. Unterstützt werde ich dabei von Morrissey, den ich nicht kenne, weswegen ich zu ihm nichts sagen kann. Ich weiß auch nicht, was die richtige Haltung zu dem britischen Künstler ist. Ich bin also, was Morrissey angeht, völlig Haltungslos. Sein Titel “Spent The Day In Bed” gefällt mir aber ausgesprochen gut, beispielsweise diese Aufforderung: “Stop watching the news, because the news contrives to frighten you to make you feel small and alone to make you feel that your mind isn’t your own.” Auch diese Aussage gefällt mir: “Life ends in death. So, there’s nothing wrong with being good to yourself. Be good to yourself for once.” Und als Trockener Taxifahrer natürlich auch das hier: “No highway, freeway, motorway. No bus, no boss, no rain, no train. No emasculation, no castration.” Das mit der Kastration passt sehr gut, weil ich neulich meinem Freund Konstantin, er ist Tierarzt, beim Kastrieren von Staßenhunden und -katzen geholfen habe. Am wichtigsten ist aber vielleicht diese Aussage von Morrissey, von dem auch “Diversity Is Conformity” ist, “I spent the day in bed. It’s a consolation when all my dreams are perfectly legal in sheets for which I paid. I am now laid.”
Video Morrissey
Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (316) – “Euro? – Nein danke!”

 

Plakat auf dem Protest in Sofia am Samstag, 3. Dezember 2022

Gestern gab es in der bulgarischen Hauptstadt einen Protest gegen den Euro, der 2024 im Land eingeführt werden soll. In diesem kurzen Beitrag soll es nicht um das Pro und Kontra dazu gehen, sondern um die Stimmung auf dem Protest, an dem knapp 3.000 Menschen teilnahmen. Ich habe kurzfristig und durch Zufall von ihm erfahren. Um 8 Uhr morgens erhielt ich den Anruf eines Bekannten aus Montana, der mir eine Mitfahrgelegenheit anbot. Zu dem Zeitpunkt war ich bereits in Sofia, aber aus anderen Gründen. Der Protest, der vor dem bulgarischen Parlament und im Schatten des Reiterdenkmals begann, wo es mehrere Ansprachen gab, führte über das bulgarische Finanzministerium zum Sitz des Europäischen Parlamentes in der Rakowski Straße, in der auch einst meine Oma wohnte. 

Auf dem Weg wurden die Demonstranten von Menschen auf Balkonen bzw. vom Fenster aus von Einwohnern der Stadt Sofia unterstützt, beispielsweise von diesen Studenten der Staatlichen Schauspielschule. Dazu muss man wissen, dass die Demonstration von der Partei “Wiedergeburt” organisiert wurde, die in Deutschland immer als nationalistisch, wenn nicht gar ultranationalistisch bezeichnet wird.

Vor dem Sitz der Europäischen Kommission wurde eine Mülltonne mit der Europafahne beklebt und eine Handvoll Bengalos (rote und auch weiße) gezündet, was die Polizisten aber unbeeindruckt ließ. Und nicht nur das. Die Ordnungshüter machten darüber hinaus den Eindruck, nicht nur Verständnis für die Protestierenden und ihren Protest zu haben, sondern ihn insgeheim auch gutzuheißen.

Den obersten Ordnungshüter, das ist der Herr mit den zwei goldenen Sternen auf den Schulterstücken, kenne ich mittlerweile persönlich. Wir haben uns per Handschlag begrüßt und uns nach dem Befinden des jeweils anderen erkundigt, während er sein Walkie-Talkie am Ohr hatte. Wie man sieht, ließ auch ihn der Rauch der Bengalos unbeeindruckt.

Der Mann ist einfach eine Frohnatur, der immer guter Dinge ist. Seine Uniform trägt er aus Verbundenheit zu seinen Untergebenen, wie er mir mal erzählt hat.

An der guten Protest-Stimmung, sowohl bei der Polizei, als auch bei den Protestierenden, änderte auch nichts, dass Geldscheine verbrannt wurden, und zwar sowohl kleine,

als auch große.

Und auch nicht, dass ebenfalls Klopapier (ausgerechnet Klopapier)

und am Ende sogar Eier auf das Gebäude geworfen worden.

Der Protest verlief absolut friedlich, niemand wurde verhaftet, und die Eier liegen jetzt noch vor dem Eingang des Gebäudes. Ich bin heute extra nochmal vorbeigelaufen, um sicher zu gehen.

Fotos&Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (315) – “Kriegspolizei”

Gestern vor dem Sitz des Bulgarischen Staatspräsidenten

Europa ist im Krieg und wir sind in ihm. Nicht nur in Sofia, sondern auch in Berlin. Wer in einem laufenden Krieg Waffen an eine Kriegspartei liefert, der ist mit im Krieg. Das sollte jedem bewusst sein. Dem Bulgarischen Staatspräsidenten Rumen Radev dürfte das klar sein, denn er ist ein ehemaliger Militär, um genau zu sein war er Pilot, der russische MIGs geflogen ist. Den allermeisten ist es aber nicht klar, dass sie im Krieg sind, dass sie längst zum Kriegsteilnehmer geworden sind, auch nicht in Bulgarien. Deswegen werden hier jetzt regelmäßig Paraden abgehalten, um die Bevölkerung an den Krieg und den Kriegszustand zu gewöhnen. Es gibt sogar eine eigene Kriegspolizei” (“военна полиция”) in Bulgarien. Das ist der Herr in der Mitte, der uns beim Abmarsch der Truppe den Rücken zukehrt. Bulgarien dürfte auch hier Deutschland mal wieder der Zeit voraus sein. Eine Kriegspolizei gibt es in der Heimat, so weit ich informiert bin, (noch) nicht. Es bedarf sie auch nicht, denn die Russophobie ist viel weiter ausgeprägt als in Bulgarien, wo sie nicht existiert. Trotzdem sollte man vorsichtig sein, wem man was erzählt, denn der Feind hört bekanntlich mit. Jetzt bin ich mir gerade nicht sicher, wer genau der Feind ist. Ist es wirklich der Wladimir Putin? Oder doch “nur” der Denunziant von nebenan?

Foto&Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (314) – “Down and out in Sofia”

Auf der Bank mit Pentscho und Petko Slawejkow

Obwohl ich erst zwei Tage in der bulgarischen Hauptstadt bin, habe ich den Eindruck, dass die Anzahl der Obdachlosen und Verzweifelten zugenommen hat. Es sind (noch) nicht so viele wie in Berlin, aber es sind auf jeden Fall mehr als noch im Sommer und in den vergangenen Jahren. – Obige Bank steht auf dem Slawejkow-Platz, auf dem sich einst der größte und beste Buchbasar der Stadt befand. Nachdem man den Platz erst totsaniert hat, durfte der Markt einfach nicht wieder aufmachen. Mein Freund Waskow, der dort viele Jahre seinen Stand hatte und der mich immer mit Büchern versorgt hat, brach dies das Herz. Er ist danach nicht mehr auf die Beine gekommen und bald darauf verstorben. Immerhin, die Bank mit den beiden bulgarischen Schriftstellern Pentscho und Petko Slawejkow steht noch auf dem gleichnamigen Platz und lässt Platz für einen verzweifelten Obdachlosen.

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Bericht aus Bulgarien (313) – “Folge dem Geld!”

John Heartfield (eigentlich Helmut Herzfelde) 1932
War neulich noch Saddam Hussein der neue Hitler, soll es heute Wladimir Putin sein, wenn ich es richtig verstanden habe, zwischendurch war es Baschar al-Assad. Ich komme da manchmal durcheinander. Ein Bulgare war, so weit ich weiß, noch nie der neue Hitler. Wäre also nicht erst einmal ein Bulgare dran und nicht schon wieder ein Deutscher, der neue Hitler zu sein? Ich meine, Klaus Schwab ist doch Deutscher, oder? Sein Buch “Covid-19: Der große Umbruch” gibt es jedenfalls auch auf Deutsch. Im englischen Original heißt es “Covid-19: The Great Reset”. Obwohl jeder eine Meinung hat zu Dr. Klaus Schwab, das Buch scheint kaum einer gelesen zu haben. Das ist zumindest mein Eindruck. Machen wir eine Probe aufs Exemple: “Der Unterschied bei dieser 4. Industriellen Revolution ist, es ändert nicht, was du tust, sondern es ändert dich, wenn du die Genveränderung akzeptierst.” Das Zitat, auch wenn es etwas nach Dr. Frankenstein klingt, ist von Klaus Schwab, so viel möchte ich verraten. Aber ist es auch aus dem erwähnten Buch “Covid-19: The Great Reset”, auf Deutsch: “Covid-19: Der große Umbruch”? Du weißt es nicht? Lass dir deswegen keine grauen Haare wachsen. Mit Hitlers “Mein Kampf” war es damals nicht anders. Das war an erster Stelle ein finanzieller Erfolg, genauso wie jetzt das Schwab-Buch, aber gelesen hatte es auch kaum einer. Apropos Finanzen: Ich persönlich glaube nicht, dass Klaus Schwab der neue Hitler ist. Mein Eindruck ist, dass Klaus Schwab ein Laufbursche ist, genauso wie Adolf Hitler ein Laufbursche war, und zwar seiner Geldgeber. So verstehe ich zumindest die geniale Fotomontage des Kommunisten Helmut Herzfelde, besser bekannt als John Heartfield, aus dem Jahre 1932, also vor jetzt genau 90 Jahren. Heute, wo immer alles english sein muss, sagt man “Follow the money!”, also “Folge dem Geld!” dazu. Wäre interessant zu erfahren, wie Hitlers Englisch im Vergleich zu Schwabs Englisch war, ob er überhaupt Englisch sprach. In Bulgarien, aus dem noch kein Hitler bekannt ist, zumindest kein neuer, sprechen viele Menschen Englisch. Auf dem Business-Treffen, auf dem ich gestern ware, sprachen auch einige Deutsch. Das sind die Bulgaren, die in Deutschland oder Österreich gearbeitet haben, bevor sie wegen Corona nach Bulgarien zurückgekehrt sind. In Bulgarien gilt auch “Folge dem Geld!”, hier heißt es Korruption. Korruption gibt es nur in Bulgarien. So etwas gibt es bei uns nicht. Und trotzdem kann es hilfreich sein, auch dort dem Geld zu folgen. Das erwähnte Schwab-Buch ist auch ins Bulgarische übersetzt, es ist also ein weltweiter Bestseller, so wie Corona ein weltweiter Bestseller war bzw. ist oder demnächst wieder sein wird. Finanziell dürften die paar hundert Euro für die bulgarische Ausgabe für Klaus Schwab aber keine Rolle gespielt haben. Der denkt, besser: seine Geldgeber denken, was Geld angeht, in ganz anderen Dimensionen.
FotoMontage HelmutHertzfelde
Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (312) -“Rübermachen”

Über den Balkan-Pass

In der DDR waren Leute, die in den Westen gegangen sind, “rübergemacht”. Auch von Bulgarien aus sind Leute “rübergemacht”. Mir hat man damals auch vorgeworfen, “rübermachen” zu wollen, als man mich aus einen Bus holte, der ins Grenzgebiet für. Das ist ein Grund, warum solche Grenzgebiete bis heute irgendwie im Schatten liegen, sowohl für Ausländer, aber auch für Bulgarien. Auf die Schilder stoße ich bis heute, immer wenn ich das Balkan-Gebirge überquere, um nach Sofia zu gelangen. Sofia wird von vielen Bulgaren als “Oben” bezeichnet. Wer “Oben” ist, hat es geschafft. Ich habe es heute auch geschafft – über den Balkan-Pass zu kommen, “rüberzumachen” nach Sofia. Nach dem Pass verschwand auch bald der Schnee, und als ich im Vorort Kostinbrod anhielt, um mir eine Banitsa mit Boza vom Bäcker zu holen, wurde ich schon gefragt, wo ich denn herkommen würde mit dem Schnee auf dem Dach von meinem Wagen. “Vom Pass!”, habe ich gesagt. “Aus der Kälte!”, hätte ich auch sagen können, es hätte aber nicht gestimmt. Auch wenn in Sofia kein Schnee liegt, so ist es hier ebenso unangenehm nasskalt ist wie bei mir.

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Bericht aus Bulgarien (311) – “Wie viel muss ich wissen?

Und wie viel kann im Dunkeln oder im Nebel bleiben?

Wie viel muss ich wissen? Wie viel soll ich wissen? Wie viel Wissen ist gut für mich? – Das sind Fragen, die mich gerade umtreiben. Und sie treiben mich um, weil ich feststellen musste, dass viele Menschen, die zu tief in die Dinge eingestiegen sind, plötzlich Krankheiten entwickeln, Krebs haben, wieder mit dem Rauchen anfangen, mehr Alkohol trinken, sonstige Drogen konsumieren, andere Süchte entwickeln oder sich sogar das Leben nehmen. Für all dies gibt es Gründe, denn das, worin sie eingetaucht sind, ist alles andere als angenehm. Es geht dabei vor allem um das Wissen um Zusammenhänge, die Frage “Cui bono?”, wobei es hilfreich sein kann, der Spur des Geldes zu folgen, insbesondere wenn die Dinge auf den ersten Blick unklar erscheinen, und um die Weisheit, dass der, der nichts weiß, alles glauben muss. Dies scheint mir auf immer mehr Menschen zuzutreffen. Das ist zumindest meine Beobachtung der letzten Jahre. Jemand Kluges sagte einmal, dass es die Zeit ist, in der man krank wird oder böse. So kann man es auch formulieren. Wer lieber dumm bleiben möchte, und das möchten so einige, ist so gesehen böse zu seiner eigene Intelligenz und infolge dessen auch zu seiner Würde als Mensch. Auch der bereits erwähnte Suizid ist eine böse Handlung sich selbst gegenüber. Es ist nicht gerade leichter geworden in den letzten Jahren, herauszufinden, wie viele Menschen sich das Leben genommen haben. Wer als Toter positiv auf Corona getestet wurde, ging und geht vermutlich immer noch in die “an, mit, im Zusammenhang mit Verstorbenen” der Corona-Statistik ein. Aber taucht er auch als Suizidaler auf? Da bin ich mir nicht sicher. Auch deswegen muss ich in letzter Zeit immer öfter an “Das Leben der Anderen” denken. Die Geschichte des Films ist die, dass ein Bühnenautor in der DDR einen Artikel für den Spiegel, ausgerechnet für den Spiegel, über die von der DDR-Regierung geheimgehaltene Zahl der Selbstmörder geschrieben hat. Übertragen auf das Hier und Heute wäre das ungefähr so, als schriebe einer einen Artikel über die Anzahl der Menschen, die sich infolge von Corona das Leben genommen haben. Die nicht das Glück hatten, eine zweite Heimat zu haben, in die sie gehen konnten. Die wie ich ihre Arbeit verloren haben, die wie ich Beleidigungen und Bedrohungen ausgesetzt waren, die keine Zukunft mehr gesehen oder auch “nur” den Druck, dem sie ausgesetzt waren, nicht mehr standgehalten haben. Es gibt diese Suizide – zweifellos. Aber wie viele sind es genau? Und will ich das wirklich wissen? Muss ich das wissen? Bin ich der richtige Mann dafür? Immerhin habe ich aus denselben Gründen, weswegen sie Hand an sich gelegt haben, das Land, das auch meine Heimat war, verlassen. Aber wenn ich morgen mitreden will, dann sollte ich es schon wissen, oder? Andererseits könnte ich auch gerade deswegen, weil ich weit weg war, der richtige sein, der zu dem Thema recherchiert, in persönliche Abgründe hinabsteigt, um genau darüber zu schreiben. Das würde dann auch die Frage danach beantworten, wie viel ich wissen muss und will. Aber was wäre danach? Würde es mich stärker machen? Oder auch krank? Oder böse? Oder gar tot, wie es mir als Ungeimpfter prophezeit wurde?

PS: Die Kneipenszene, ausgerechnet die Kneipenszene, von “Das Leben der Anderen” wurde in einer Lokalität in Berlin bei mir um die Ecke gedreht. Immer wenn ich zu den Treffen der Anonymen Alkoholiker gegangen bin, musste ich an ihr vorbei. Auch deswegen, aber nicht nur, habe ich immer noch diesen Film in meinem Kopf, obwohl ich nun schon seit eineinhalb Jahren in Bulgarien lebe.

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Bericht aus Bulgarien (310) – “Backsteine im Bett”

Backsteine auf dem “Prity”

Ich habe jetzt wieder Backsteine in meinem Bett, und zwar warme Backsteine. Meine Backsteine sind warm, weil sie vorher auf meinem Ofen der Marke “Prity” lagen, was der “Mercedes” unter den Öfen ist in Bulgarien. Es gibt nichts schöneres als im Winter warme Backsteine im Bett zu haben. Es ist so, als würde man einen Kachelofen bei sich im Bett haben. Ich wickele meine Backsteine immer in Geschirrtücher ein, damit sie keine Krümel im Bett machen. Eine andere Heizung als meine Backsteine habe ich nicht in meinem Schlafzimmer und brauche sie auch nicht. Letztes Jahr habe ich mir zusätzlich ein Schaffell untergelegt, auf dem ich geschlafen habe, von denen ich auch mehrere habe, die aber alle im Schrank liegen. Da habe ich dieses Jahr noch keines herausgeholt. Werde ich gleich mal machen.

PS: Neben meinen Backsteinen habe ich auch einen Feldstein (links hinten im Bild). Der ist sogar noch besser als die Backsteine, weil er nicht krümelt und die darüber hinaus die Wärme länger hält. Dafür ist er aber auch etwas schwerer.

PPS: Wenn ich am Schreibtisch sitze, so wie jetzt, lege ich mir manchmal auch einen warmen Backstein unter die Füße, was ideal ist, wenn diese kalt sind.

Foto&Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (309) – “Verzeihen? Nein! – Vergeben? Ja!”

Jens Spahn, ehemaliger oberster bundesdeutscher Panikmacher (vor Karl Lauterbach) und umstrittener Villenbesitzer, forderte neulich auch von mir, dass ich verzeihen müsse. Nein, Herr Spahn, da sind sie im Irrtum. Ich muss nichts und niemandem verzeihen. – Was ich dagegen gerne tue, ist vergeben. Vergebung ist aber nur innerhalb der Wahrheit möglich. Ohne Wahrheit, keine Vergebung. – Vergeben muss derjenige, der Unrechtes getan, aber an erster Stelle sich selbst. Dies kann ihm keiner abnehmen.
PS: Auch wenn Andrea Pfeifer in ihrem kleinen Clip ein Rotweinglas in der Hand hält, was ich als trockener Alkoholiker ablehne, so spricht doch viel Wahres aus, weswegen ich ihn veröffentliche.
Video AndreaPfeifer
Text TaxiBerlin

Bericht aus Bulgarien (308) – “Überwintern”

Mein Wallnussbaum

Dass nach “No German will freeze in Greece” so schnell das “Überwintern in den Schluchten des Balkans” beginnen würde, das hätte auch ich nicht gedacht. Mein englischer Freund Jerry, der am liebsten Deutscher wäre, sagte neulich noch, dass die Wettervorhersage gut aussehen würde für unsere Region, womit er Sonnenschein, aber keinen Schneefall meinte. Mich interessiert kein Wetterbericht und auch keine Wettervorhersage. Um zu wissen, wie das Wetter ist, muss ich nur vor die Tür gehen. Das war auch das erste, was ich heute gemacht habe, um mir den Schnee anzusehen und auch um Fotos zu machen. Eigentlich wollte ich vor dem ersten Schneefall noch weiter Holz machen. Mit dem, was ich vor der Hütte habe, komme ich nicht über den Winter. Jetzt muss ich also zittern, aber nicht wegen der Kälte, sondern dass noch einige “wärmere” Tage kommen, damit ich Holz machen kann. Zittern muss ich auch, ob ich am Donnerstag über den Pass komme, denn da will ich nach Sofia, wo ich ein Business-Treffen besuchen werde. Vor einiger Zeit bin ich einer Business-Plattform im Internet beigetreten, die regelmäßig Treffen in der bulgarischen Hauptstadt organisiert und morgen ist das erste Treffen, das ich besuche. Ich habe mich auch schon angemeldet. Als nicht zahlendes Mitglied der Plattform werden 15 Lewa (7,50 €) Eintritt fällig, wofür ich ein Freigetränk bekomme. Das ist es mir Wert. Für zahlende Mitglieder ist der Eintritt frei. Vor einigen Wochen habe ich einen deutschen Rentner zu einem Kaffee in Sofia getroffen, der auch nicht zahlendes Mitglied der Plattform ist. Er hat mich beruhigt, was ein solches Business-Meeting angeht, als er sagte, dass es zwar ganz normal anfängt, dann aber immer bulgarischer wird, womit er meinte, dass das Business eine immer kleinere Rolle spielt, man dafür mehr über persönliches spricht, beispielsweise über die Familie, nicht über das Wetter. Unter den Menschen auf der Plattform sind nicht wenige Ausländer, sogar Landsleute habe ich schon ausgemacht. Diese haben auf eine Kontaktaufnahme meinerseits aber nie reagiert. Vermutlich sind sie noch nicht in Bulgarien angekommen, wo die Menschen im Normalfall sehr schnell in einen Austausch kommen. Gestern hatte ich einen solchen mit einer bulgarischen Anwältin, die ebenfalls auf der Plattform ist, und die sich neben Gesetzen auch für Literatur, Malerei und Philosophie interessiert. Nietzsches Zarathustra erwähnte sie neben vielem anderen namentlich. Meine Region, der Nordwesten Bulgariens, war aber auch ihr praktisch unbekannt. Das könnte auch ein Thema sein, worüber ich am Donnerstag auf dem Business-Meeting spreche. Höre gerade im Radio, dass Brüssel darüber nachdenkt, Bulgarien in den Schengen-Raum aufzunehmen. Ich bin mir nicht sicher, ob das eine so gute Idee ist. Ich meine, wenn Rechtsanwälte sich lieber über Nietzsche als über Gesetze austauschen!?! Neulich habe ich auch im Radio gehört, dass sich in Bulgarien “Mütter gegen Krieg” organisiert haben, die gegen Waffen für die Ukraine sind, und das landesweit. Gerade fällt mir ein, dass es in Deutschland “Omas gegen Rechts” gibt, was aber mit “Mütter gegen den Krieg” nichts zu tun hat, so denke ich zumindest. Von “Mütter gegen Krieg” hatte ich wie gesagt schon im bulgarischen Nationalradio “Christo Botew” gehört. Gestern hat mich auch ein Leser meines Blogs in der Heimat auf sie aufmerksam gemacht. Ja, es gibt jetzt den ein und auch den anderen mehr, der sich in Deutschland für Bulgarien interessiert, wo man sonst Bulgarien und Rumänien nicht auseinanderhalten kann. Rumänien will übrigens auch in den Schengen-Raum, aber das nur nebenbei. Vielleicht gelingt mir beim Business-Meeting am Donnerstag in Sofia das selbe mit dem Nordwesten Bulgariens. Also dass es danach auch den ein oder anderen mehr in der bulgarischen Hauptstadt gibt, der sich für die ärmste Region interessiert. Das wäre ein schöner Erfolg für mich. Bei der Anwältin aus Sofia, mit der ich gestern den ganzen Tag “gechattet” habe, hat es schonmal geklappt. Jetzt muss ich nur noch über den Pass, also über das Balkangebirge kommen. Deswegen zittere ich gerade.

Mein Blick aufs Gebirge – normalerweise

Fotos&Text TaxiBerlin