Hier wird demnächst nur 550 Metern entfernt von einer bereits existierenden Filiale Sofias nächster Starbucks aufgemacht. Im Moment lebt noch eine Frau vor dem Eingang und genießt den Schatten. In Sofia scheint mächtig die Sonne und es sind 33 Grad. Gerade gewittert es etwas und regnet leicht. Auch davor ist die Frau geschützt – noch. Denn demnächst wird Starbucks hier eine neue Filiale eröffnen. Ich war noch nie bei Starbucks, so wie ich noch nie mit einem Uber gefahren bin. Lieber laufe ich und verzichte auf Kaffee, trinke – so wie die Frau – Mineralwasser.
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Letzte Grüße vom nervigsten Flughafen ever: BER. Alles äußerst Barock hier, eben typisch deutsch. An den Menschen ist nicht gedacht. Schluck Wasser? Fehlanzeige! Nirgendwo. Nur Coca Cola. Die kleine Flasche für 3,50€. Kann ich mir nicht leisten. Hole mir Wasser vom Klo. Dafür überall Schlangen. Hab im ganzen Osten nicht so lange angestanden wie eben. Früher kommen lohnt sich übrigens nicht, weil der Abfertigungsschalter erst zwei Stunden vor Abflug öffnet. Ist ‘ne Fehlinformation, ‘ne Ente. Auch hier spart man an Menschen, weil die müsste man ja bezahlen. Zum Glück hat der Flug Verspätung. Das Flughafenlabyrinth ist Kafkaesk. Das Warteklo “B44” ist gefühlt kurz vor Sofia. Eigentlich hätte ich auch gleich laufen können.
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Im ehemaligen Nachrichtenmagazin aus Hamburg war neulich folgender Satz zu lesen: “Als die Stadt kürzlich einen Zensus der obdachlosen Bevölkerung durchführen ließ, zählten sie die Menschen in den selbstgebauten Hütten nicht mit – schließlich hätten sie ein Dach über den Kopf.” Warum die Autorin Nicola Abé dafür um die halbe Welt ins brasilianische Sao Paulo jetten musste, bleibt unklar. Denn fest steht: Berlin hätte es auch getan. Immer mehr Menschen leben in der deutschen Hauptstadt auf der Straße. Das fällt einem besonders auf, wenn man so wie ich längere Zeit im Ausland war. In Bulgarien ist das Phänomen Obdachlosigkeit praktisch unbekannt, weil man in den Schluchten des Balkans nicht zur Miete wohnt, sondern in den eigenen vier Wänden, wie immer diese im Einzelfall aussehen mögen. Dank der zahlreichen im Land vorhandenen Wasserquellen wird dort auch niemandem vorgeschrieben, wie lange er duschen darf. Der deutsche Wirtschaftsminister Habeck gibt den Sarrazin, der den Menschen seinerzeit einen wärmenden Pullover empfahl, und niemand merkt es, am wenigsten das ehemalige Nachrichtenmagazin aus Hamburg. Traurig, traurig.
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Gut beraten ist heute nicht nur der Kurzzeitduscher, sondern auch wer gute Füße hat. Auf den Flughäfen fehlt bereits das Personal, um Menschen mit guten Füßen abzufertigen. Freunde von mir beraten sich gerade, wo sie noch hingehen können, wenn im Herbst zu den Masken das Gas dazu kommt, das sie nicht mehr bezahlen können. Viele sind schon zu Fuß auf die Straße gegangen, aber nicht um dort zu demonstrieren, sondern weil sie dort leben, leben müssen, und mit jedem Tag werden es mehr. Das geht schneller als man denkt, wenn man zur Miete wohnt, was in Deutschland der Normalfall ist. Im Gegensatz zu Bulgarien, wo die Menschen schon zu sozialistischen Zeiten in ihren eigenen vier Wänden gewohnt haben und wo aus diesem Grund heute kaum jemand auf der Straße leben muss. Wer auf der Straße lebt, braucht gute Füße. Immerhin, lebt man erst einmal dort, muss man sich keine Gedanken mehr machen, wie lange man duscht. Nicht mal kalt, denn eine Dusche hat man dann nicht mehr, zumindest hierzulande. In Bulgarien ist duschen für jeden immer und überall möglich ist. Deswegen scheint mir auch im richtigen Leben und nicht nur im Märchen der Brüder Grimm eines sicher zu sein: “Etwas Besseres als den Tod findest du überall.” – “Das Zitat dient gelegentlich als scherzhafte Ermunterung, sich einer misslichen Lage zu entziehen und an einem neuen Lebens- und Wirkungsort etwas Neues zu beginnen.” (aus “Universal-Lexikon” der de-academic.com)
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Es ist jetzt 15 Jahre her, da wollte ich schon einmal nach Bulgarien auswandern. Dazu habe ich meine Berliner Wohnung aufgelöst und die wichtigsten Sachen ins Auto getan. Da noch genug Sachen übrig blieben, hat mir mein Vermieter damals ein Zimmer im unsanierten Seitenflügel als Lager angeboten. Das ganze für’n Appel und ‘n Ei, wie man so schön sagt. Etwas, was man heute wohl nicht mehr finden würde in Berlin. Mein Vermieter hatte allerdings eine Bedingung. Spätestens nach einem halben Jahr müsse ich kommen und das Lager auflösen. Ich musste also sowieso zurück, aber ich kam auch, weil damals die Finanzkrise ausgebrochen war. Immerhin gab es noch Arbeit als Taxifahrer für mich, so dass ich gleich anfangen konnte zu arbeiten. Einquartiert habe ich mich in mein Lager. Es war damals schon schwer, etwas im Friedrichshain zu finden, insbesondere wenn man zuvor ein halbes Jahr im Ausland und ohne Einkommen war. Mein Vermieter sah sich das nicht nur an, auch das würde heute wohl kaum ein Vermieter machen, sondern bot mir darüber hinaus nach kurzer Zeit auch an, das Lager zum Wohnen zu mieten. Irgendwie dachte er, dass ich mich bald wieder auf den Weg nach Bulgarien machen oder zumindest pendeln würde. Das tat ich nicht, weil ich das Geld vom Taxifahren brauchte. Mehr als zwei oder drei Monate im Jahr verbrachte ich nicht in Bulgarien, die meiste Zeit war ich in Berlin. Heizen tat ich mit zwei alten Kohleöfen, die aber nicht angemeldet und dementsprechend auch nicht versichert waren. Mein Vermieter sagte mir, dass ich das so machen solle. Er sagte mir auch immer bescheid, wenn der Schornsteinfeger kam. Dann durfte ich ein oder zwei Tage nicht heizen. Nach zwei Jahren meinte mein Vermieter, dass wir da was machen müssten. Er schlug mir neue Fenster und eine Gasetagenheizung vor, dem ich sogleich zustimmte. Es gab allerdings einen Haken. Die beiden Kachelöfen, ingesamt waren es drei, denn in der Küche gab es noch eine alte “Kochmaschine”, sollten raus – sonst keine neuen Fenster und auch keine Gasetagenheizung. Beim rausreissen geholfen hat mir mein bester Freund Dietrich, der damals noch lebte. Auch zu zweit war es eine Schweine-Arbeit, vor allem aber eine sehr schmutzige Arbeit. Auch weil ich darauf keinen Bock hatte, aber nicht nur, hatte ich zuvor meinen Vermieter gefragt, ob ich die Kachelöfen nicht drin lassen könne, falls es irgendwann mal kein Gas mehr vom Russen geben sollte. “Russengas” hat damals noch niemand gesagt, und ich sage es auch heute nicht. Aber auch das hat nicht geholfen, mein Vermieter bestand auf den Abriss. Und so ist es dann gekommen. Bis heute kann ich sehen, wo die Öfen mal gestanden haben. Ein wenig riechen die nicht abgeschliffenen Dielen, auf denen sie gestanden haben, auch heute noch nach alter Kohlenasche. Sie erinnern mich Tag für Tag aufs Neue an den Fehler, den ich damals begangen habe, als ich sie zusammen mit meinem besten Freund rausgerissen habe. Wären die Kachelöfen heute noch in meiner Wohnung, würde ich dem nächsten Winter in Deutschland relaxter gegenüberstehen, wenn der Gas-Preis von heute auf morgen ins exorbitante steigen kann und wird. Aber so, also ohne wärmende Kachelöfen, werde ich demnächst nach Bulgarien zurück gehen, zurück gehen müssen. Ich kann mir Deutschland jetzt schon nicht mehr leisten.
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