Foto&Text TaxiBerlin
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Wie viele Geschlechter es gibt, darüber herrscht Unklarheit, im Gegensatz zu den Meinungen. Da gibt es nur noch zwei: “Meine und Nazi”. So gesehen ist es keine Überraschung, dass jeder, der eine andere Meinung hat als “meine”, in die Naziecke gestellt wird. Auch ich wurde, als ich öffentlich gegen das illegale Agieren von Uber auftrat, schonmal als Nazi beschimpft. Der Spiegel bezeichnet ganz aktuell Akademiker, die anderer Meinung sind, als “Prof. Dr. Kokolores”. Das ist nicht direkt Nazi, aber auch nicht weit davon entfernt. Mit “Sagen, was ist”, dem Motto des Spiegel-Gründers Rudolf Augstein, hat es jedenfalls nichts zu tun. Ich würde so weit gehen und sagen, dass Augstein heute auch ein Querdenker wäre. Wer in diesen Tagen der permanenten Angst- und Panikmache, erst wegen einem Virus, dann wegen dem Krieg und jetzt wegen dem Klima, nicht quer denkt, mit dem stimmt etwas nicht. Querdenken ist zu einem Qualitätsmerkmal geworden. Das denkt auch Hans-Joachim Maaz, der bekannte Psychoanalytiker und Bestsellerautor aus Halle an der Saale. Er empfiehlt immer nach dem “Warum?” zu fragen, wie ich es auch in meinem Taxi praktiziert habe. Aber vor allem verstehen zu wollen, warum jemand so denkt, wie er eben denkt. Im erwähnten Spiegel-Artikel geht es unter anderem um Professor Michael Meyen, der seit mehr als 20 Jahren Professor für Kommunikationswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München ist. Im April hatte ich Gelegenheit ihn persönlich kennenzulernen. Das kann ich auch nur jedem Journalisten empfehlen, der Professor Meyen “Prof. Dr. Kokolores” nennt. Hört endlich auf, diesen Unsinn zu verbreiten, den immer weniger Menschen glauben, sondern sprecht einfach mal mit den Menschen. Und stellt vor allem die richtige Fragen: “Sehr geehrter Herr Professor Meyen, warum denken Sie über diese Frage so und so?” Am Ende müsst ihr nur noch schreiben, was der Professor gesagt hat. Eure persönliche Meinung könnt ihr weglassen, hat in einem Bericht nichts verloren. So schwer ist das nicht. Ich habe es auch gelernt – bei “Prof. Dr. Kokolores”, besser: Prof. Michael Meyen.
War ich am Wochenende noch mit dem Fahrrad in Ostdeutschland unterwegs, geht es morgen mit dem Flieger nach Amerika. Noch nie bin ich so ungerne geflogen. Was sich anhört wie ein Luxusproblem, ist absolut ernst gemeint. Fliegen geht mir tierisch auf die Nerven. Und nun will ich nicht nur über den großen Teich, sondern auch gleich noch über einen ganzen Kontinent. Was hätte ich vor ’89 dafür gegeben, einmal nach San Francisco zu fliegen. Damals war fliegen noch etwas exklusives. Man hat interessante Menschen kennengelernt. Heute kommt man mit keinem mehr ins Gespräch, denn jeder ist nur noch mit seinem Smartphone beschäftigt. Man hat sich auch nichts mehr zu erzählen, denn man weiß immer schon alles. Steht ja im Internet. So gesehen ist es sogar besser, dass jeder für sich bleibt. Drei Jahre durfte ich als ungeimpfter Ausländer nicht ins “Promised Land”. Daran änderte auch nichts, dass meine Frau von dort ist. Meine Schwiegermutter durfte mich in Bulgarien besuchen, ich aber nicht sie in Kalifornien. Es war wie zu Mauerzeiten, wo mich meine Oma aus West-Berlin in Ostdeutschland besuchen konnte, ich aber nicht sie in Neukölln. Früher hätte ich mir im Flieger einen hinter die Binde gekippt. Das geht nun, da ich nicht mehr trinke, nicht mehr. Jetzt muss ich das alles aushalten, auf engstem Raum, von dem es kein entrinnen gibt. Ich hoffe, dass zumindest der Eintänzer am Flughafen in San Francisco nicht mehr am Start ist, der mich beim letzten Mal gleich nach der Ankunft mit “TO THE WALL!!!” angebrüllt hat. Es war ein kleiner Latino, so viel darf ich verraten. Latinos machen in Amerika die Drecksjobs, das ist kein Geheimnis. Zu seiner Verteidigung kann ich sagen, dass er nicht wissen konnte, dass ich aus Ostdeutschland komme und ein Mauer-Trauma habe. Dass er mir befahl, an der Mauer entlangzugehen, hatte den Hintergrund, dass ich nur “Visitor” war und der Platz in der Mitte des Gangs für “Citizen” freibleiben sollte. Klarer Fall von Klassengesellschaft. Erst kommt der Eingeborene, dann der Latino und danach irgendwann der Ostdeutsche. Der Einheimische war auch schon nach einer knappen Stunde durch die Pass-Kontrolle, bei mir hat es gut drei gedauert. OK, als Ostdeutscher bin ich Schlange stehen gewöhnt. Möglicherweise ist das sogar eine kulturelle Aneignung durch den Klassenfeind. Wie dem auch sei, man soll sich, kommt man nach San Francisco, Blumen ins Haar stecken. So besagt es ein bekanntes Lied von Scott McKenzie. Wenn mein Nervenkostüm es zulässt, werde ich den Hinweis berücksichtigen.
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